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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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Nummer gewählt, als die Kakophonie erneut einsetzte. Die Wände vibrierten, und die enge Zelle erbebte in ihren Grundfesten.
    Keine Antwort.
    Hatte Stanley Ephron eine Möglichkeit gefunden, sie zu verhaften? Oder waren Wilby und Jenny noch dort, fraßen wie die Affen und kicherten vor Vergnügen?
    Ein Klicken.
    Dann wieder Stille.
    Ich merkte, wie ich den Atem anhielt.
    »Jaa?«
    Zuerst war ich nicht sicher, ob Wilby sprach.
    »Jaa?«
    Diesmal hörte ich einen Unterton – den ich mir hoffentlich nicht einbildete – vorsichtiger Dringlichkeit heraus. Ich schwieg. Nun wußte ich, was ich wissen wollte. Wie konnte ich etwas anderes erhofft haben?
    »Nur keine Tricks –«
    Ich sagte noch immer nichts, wartete. Die Musik ließ den Boden unter meinen Füßen erzittern.
    »Nur keine Tricks. Hör mal, Paps, mach keine Witze-Witze, sonst tut's dir leid. Ich weiß, daß du dran bist, du Lump!«
    Die beleidigte Unsicherheit, möglicherweise sogar Angst trat deutlich zutage und tönte mir wie Sphärenmusik in den Ohren. Ich lehnte mich an die vibrierende Glastür und genoß Wilbys hilflose Furcht, die nicht weit von Panik entfernt war.
    »Casanova, bring deinen Schwanz schleunigst her. Jenny wartet, und du weißt nicht, wie Jenny is, wenn sie's haben muß. Ewig wartet die nicht.«
    Ich antwortete noch immer nicht. Das Schweigen summte in der Leitung, endlos, und ich dachte schon, er hätte aufgehängt.
    Da brüllte er: »Wälz deinen Arsch her, du verlogene Mißgeburt!«
    Das Telephon explodierte mir am Ohr, als er den Hörer aufwarf.
    Was wollte ich eigentlich? Was hatte ich erreicht? Ich stolperte aus der Zelle und wischte mir den Schweiß ab. Ich war wie aus dem Wasser gezogen. Ich hatte lediglich erfahren, daß sie noch immer dort waren und daß Wilby meine Abwesenheit auf die Nerven fiel – genau, wie ich es am Morgen beabsichtigt hatte. Sie ahnten nicht, was ich sonst noch probieren kann. Ich hatte allerdings auch erkannt, daß Wilby zu jedem Risiko und zu jeder Bemerkung fähig war, wenn man ihn aus der Fassung brachte.
    Und ich hatte erfahren, daß Jenny wartete.
    Es wurde wieder getanzt. Die Mädchen wanden sich zuckend, vielleicht waren es nicht einmal die gleichen Mädchen. An meinem Platz stand ein frisches Glas. Donald gab sich undurchdringlich, von seiner Umgebung gefesselt. Sobald ich mich setzte, wurden Speisen aufgetragen. Donald wandte sich seinem Essen mit der gleichen Hingabe und Konzentration zu, mit der er vorhin die Animiermädchen mit Blicken verschlungen hatte. Ich hatte keine Ahnung, was ich aß, es schmeckte nach nichts. Wilby mochte ruhig jammern und knurren, und Jenny warten – sehr lange heute, das kleine Flittchen. Was hatte Wilby gesagt? Ewig wartet die nicht. Wie nun, wenn sie zu gehen beschloß? Und wenn Wilby in seiner Wut auf mich sie ziehen ließ? Einer der Portiers und wie viele andere Leute würden sie sehen?
    Über die schrillen Dissonanzen brüllte ich: »Vielen Dank für das Essen, Donald. Ich gehe.«
    Ich beobachtete, wie er schwer aufseufzte und genüßlich seine aufgeworfenen, feuchten Lippen mit der Serviette betupfte. »Du lieber Gott, nicht so hastig. Muß ich Sie daran erinnern, daß Sie mein Gast sind?«
    Nun reichte es mir. Im selben Moment sprang ich auf, warf dabei ein Glas um, und meine Gereiztheit erreichte ihren Höhepunkt. »Ich habe mich bedankt.«
    Damit stelzte ich um die Tanzfläche herum zum Foyer, wo nun viele Gäste auf Einlaß warteten. Blindlings bahnte ich mir einen Weg durch die Menge, auf die Straße hinaus. Dort verzögerte große Müdigkeit meinen Schritt. Ich konnte nicht in meine Wohnung zurück. Ich konnte das alles nicht wieder über mich ergehen lassen. Noch eine Nacht. Zu viel. Nun war es dunkel. Noch immer heiß. Wie ein Narr hatte ich mich benommen. Wenn Donald noch nicht mißtrauisch gewesen war – und falls er nicht eine Rolle in diesem verdammten, sadistischen Projekt spielte! –, würde er sich jetzt seine Gedanken machen. Vielleicht schaute er sogar später bei mir herein – um seinen Verdacht bestätigt zu sehen. Was dann? Ich spazierte weiter, schaute auf den endlosen Tag zurück, der noch nicht vorüber war. Wie ich alle angefaucht hatte: Henry, Phoebe, sogar Anne. Wahrscheinlich wußten sie alle Bescheid oder ergingen sich in Vermutungen. Sie glaubten sicher das Schlimmste. Sogar Anne. Genau, wie Wilby prophezeit hatte. Der Schuft war nicht dumm, das mußte man ihm lassen. Du hörst wohl nie zu, was, Casanova?
    Ein Taxi

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