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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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ernüchternd.
    »Bestellen Sie nie Mixgetränke in einem Bums«, riet mir Donald und hob ein Highball-Glas, das plötzlich dastand. Er war also hier kein Fremder! Er fixierte mich.
    »Na, Adam?«
    »Was?«
    »Ich versichere Ihnen, daß ich Sie nicht korrumpieren will, alter Junge. Dachte nur, daß Sie ein Blick in die Halbwelt interessieren würde. Leute wie wir, durch unsere ausgetretenen Gedankengänge und altmodischen Gewohnheiten isoliert, müssen ab und zu wachgerüttelt werden, finden Sie nicht auch?«
    »Ist das Ihre Absicht?« erkundigte ich mich. »Ihre und Jennys?«
    Ich wartete.
    Donald stellte das Glas ab, wischte mit einem gefalteten Taschentuch über das Gesicht und blinzelte. »Jenny'? Ich fürchte, das ist wieder eine der rätselhaften Bemerkungen, in denen Sie sich heute zu ergehen belieben. Sollte ich Jenny kennen?«
    Seine Augen blickten offen, neugierig und etwas belustigt. Spielte er mir etwas vor? Ich konnte allerdings nicht einmal sicher sein, daß Jenny ihr wirklicher Name war. Und selbstverständlich konnte Donald, reich wie er war, finanziell nicht an dem niederträchtigen Plan interessiert sein. Doch nun steckte ich mitten drin, bis zum Hals, und es drängte mich, nicht lockerzulassen.
    »Wenn Sie sie nicht kennen, auch gut«, sagte ich. »Sie behauptet, Sie zu kennen.«
    »Jenny, und wie weiter?«
    »Schon gut. Wollen wir essen? Ist das Wasser trinkbar?«
    »Weniger gesundheitsschädigend als die Luft, meinen Sie nicht? Hier wird alles geboten, von Leichengift bis Gonorrhöe. Apropos, wie kann man sich wohl bei einer dieser langbeinigen Kellnerinnen bemerkbar machen? Pfeifen dürfte nicht ganz – oh, hallo, schönes Fräulein. Dürfen wir um die Speisekarte bitten, oder wie man das hier nennt? Das hat ihr nicht gepaßt, was? Augen zu weit auseinanderstehend, aber haben Sie ihre Beine gesehen?«
    Er merkte, daß er sich eine Blöße gegeben hatte, und versuchte, das zu vertuschen. Aber mir war bereits klar, daß er nicht zum erstenmal hier war. Warum aber wollte er mich in diesen Sumpf ziehen? Merkwürdige Charaktereigenschaften des Menschen: den anderen auf das eigene, niedere Niveau herabzuzerren, als hebe das die Selbsteinschätzung. Oder vielleicht bereitete es ihm Vergnügen, mich wachgerüttelt zu sehen, wie er das nannte.
    »… schon immer ganz wild danach.«
    Worüber verbreitete er sich nun?
    »Schon mit vier Jahren war ich dem Theater verfallen. Sie wußten, was sie wollten – ich begriff den Titel überhaupt nicht. Und Regen – ehe ich ahnte, was eine Prostituierte ist. Ich hätte auf die Bühne klettern und Jeanne Eagles vor dem ganzen Haufen zimperlicher Matinee-Weiber vergewaltigen mögen.«
    Paps, wie konntest du nur meine Frau vergewaltigen.
    »…  ziemlich verändert. Wo ist die verschimmelte altgriechische Vorstellung von Mitleid geblieben? Heutzutage existiert nur noch Selbstbemitleidung, Verachtung und Gejammer und Grausamkeit. Und Terror, aber eine besondere Abart, kleinlich und bösartig. Intrigant wie eine Horde femininer Homosexueller.«
    Weitere Beweise? Was brachte ihn plötzlich auf das Thema der Homosexuellen? Wilby? Zugegeben, Donald redete oft wie einer daher. Er war überzeugter Junggeselle und lebte allein. Dazu die Schau, die er abzog, lüstern nach der Kellnerin, nach jedem Mädchen auf der Straße – Tarnung? Wollte Donald mir beibringen, daß er homosexuell veranlagt war?
    »… aber wenn sie krank sind, sind dann nicht ihre Stücke auch krank? Wie steht es aber dann mit den Millionen sogenannter Gesunden, die ihnen Beifall klatschen? Das besagt vielleicht mehr über unsere Gesellschaft als alles, was diese weinerlichen Tunten tun. Wissen Sie, ich höre ja gern meine melodiöse Stimme, aber Sie lassen mir zuviel Freiheit.«
    Die Kellnerin legte kalt lächelnd die Speisekarte hin und ging gleich wieder. Er schaute ihr nach – dieses gierige, geile Funkeln in seinen Augen war echt! – und studierte wohlgefällig seufzend die Speisekarte.
    -Ich stand auf. »Bestellen Sie für mich mit«, bat ich und überquerte die Tanzfläche zum Foyer hin.
    In meiner Verwirrung – diese verdammten Verdächtigungen benebelten mich völlig! – hatte ich die Schmerzen in meinen steifen Beinen vergessen. Ich rutschte auf der gewachsten Fläche aus und fiel fast hin; mir entging nicht, daß ich mich in den Augen einiger Gäste lächerlich machte. Ich fluchte innerlich, ignorierte den hilfsbereiten Oberkellner und fand eine Telephonzelle. Ich hatte kaum die

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