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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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rollte neben mir an den Bürgersteig und verlangsamte das Tempo. Ich blieb stehen – ich merkte jetzt, wie steifbeinig ich daherstelzte, weil bei jedem Schritt Schmerzen in meine Eingeweide stachen – und hatte den Wagenschlag bereits geöffnet, als ich Donald erblickte.
    »Narr ist der richtige Ausdruck«, sagte er. »Oh, steigen Sie ein.« Und als ich neben ihm saß: »Ich habe nichts dagegen, das Essen zu bezahlen – es war ohnehin miserabel –, und ich spiele auch gern Kindermädchen, wenn Sie wirklich so mitgenommen sind, wie Sie aussehen. Aber ich frage mich allmählich, ob die arme Lydia nicht Bescheid wissen sollte.«
    »Worüber?«
    »Da, Sie fahren schon wieder aus der Haut, alter Junge. Sogar jemand, der so wenig sensibel ist wie ich –«
    »Wenn Sie Lydia irgend etwas berichten – irgend etwas! –, dann wird es Ihnen leid tun.«
    Donald blinzelte verblüfft. Er schürzte die Lippen. Dann sagte er: »Adam, ich gehöre nicht zu Ihren Feinden.«
    Ich sackte mit abgewandtem Gesicht zusammen und glaubte, die Tränen würden mir kommen, ich würde zusammenbrechen und wie ein Kind weinen. Ich spürte bereits, wie es mir salzig hinter den geschlossenen Lidern brannte.
    Vielleicht spürte Donald meine Schwäche; er begann wieder zu plaudern: »Das nennt sich nun Fortschritt. Die soliden und noch recht ansehnlichen alten Häuser werden eingerissen und durch sterile Glas- und Stahlwürfel ersetzt. In Europa wäre das unmöglich, dort hat man noch Achtung …«
    Wie konnte ich nur Donald verdächtigt haben? Ich befand mich in einer gefährlichen Verfassung. Demnächst würde ich unter Verfolgungswahn leiden. Himmel! Was für ein Motiv konnte Donald haben? Er hatte mir einmal erzählt, daß er sein Büro in der Wall Street nur unterhalte, um nicht vor Langeweile zu sterben. War es das? Wollte er sich auf meine Kosten amüsieren, wollte er beobachten, wie ich auf seine Drohung, Lydia zu informieren, reagierte? Lediglich aus Sensationsgier, um seine Neugier zu befriedigen.
    »… mindeste, was Sie tun können, alter Freund, nachdem Sie mir ein zugegebenermaßen mieses Abendessen verdorben haben. Brandy, Creme de Menthe, ich nehme sogar mit einem Tropfen Cointreau vorlieb, was immer Sie an teurem Alkohol eingelagert haben.«
    »Nicht heute abend, Donald.« Meine Stimme klang leise und gepreßt. Der Wagen hatte angehalten. Wir standen auf dem Bürgersteig. Er will in meine Wohnung. Will sehen, wie ich mich verhalte.
    Weder Geoffrey noch Terence befanden sich in Sichtweite. Kein Wunder, daß Fremde unbemerkt eindringen konnten!
    »Adam, bitte, nehmen Sie es mir nicht übel.« Donald stützte mich, als wir zum Aufzug gingen. »Ich finde wirklich, Sie sollten heute abend nicht allein sein.«
    Er belastet sich mit jedem Wort. Er weiß, daß ich nicht allein sein werde.
    Er wich meinem Blick aus, drückte auf einen Knopf und ließ meinen Arm los. Vielleicht steckte mehr dahinter, als ich mir bis jetzt ausgemalt hatte. Vielleicht war er trotz seiner Reden ein Homo? War Wilby, als er gestern nacht auszog, um den Charlie zu finden, nur einen Stock tiefer zu Donald gegangen?
    »Schließlich kann man sich nicht vor einer höflichen Geste drücken, und es ist ja noch lächerlich früh –«
    Der Aufzug hielt. Im sechsten Stock. Meinem Stock. Nur keine Panik! Die Tür glitt auf.
    »Nochmals vielen Dank, Donald«, sagte ich und drehte mich im gleichen Augenblick zu ihm um, wodurch ich ihm den Ausgang blockierte. »Vielleicht ein andermal, ja?«
    »Ihre Großzügigkeit überwältigt mich –«
    Er brach ab und neigte lauschend den Kopf. Da vernahm auch ich die Musik. Eine Gitarre. Aus meiner Wohnung. 707 A. Wyatt. Ich spürte Donalds fragenden Blick.
    »Muß heute früh den Radioapparat angelassen haben«, erklärte ich und schaute ihn offen an.
    »Zweifellos«, antwortete Donald.
    Wut durchzuckte mich blitzartig. Mir wurde schwach und gleichzeitig heiß. Eine Stimme sang zur Musik, verzerrt.
    »Es ist mir scheißegal, was Sie denken!« brüllte ich los.
    Das verschlug Donald die Sprache. Mit einem etwas traurigen Gesichtsausdruck drückte er einen anderen Knopf und nickte.
    »Es kommt mir nicht zu, den ersten Stein zu werfen.« Die Tür rollte langsam zu, während ich zurücktrat. »Steht in irgendeinem Buch. Gute Nacht, Adam.«
    Er hatte sich zwar zurückgezogen, aber, wenn er nicht bereits Bescheid wußte, wenn er nicht ein Bestandteil der ganzen Verschwörung war, dann war er jetzt informiert, besser als irgendwer

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