Sonntag bis Mittwoch
kommentierte der Fahrer, »sind doch die unverschämtesten Kerle von allen.«
Ich bebte am ganzen Leib. Hatte ich mir nur eingebildet, daß Geoffrey einen kleinen Nebenverdienst anbahnte oder daß er mit Wilby und Jenny unter einer Decke steckte? Mein Kopf klopfte zum Zerspringen.
»… kriegen mehr Trinkgelder, als ich in einem ganzen Monat verdiene. Was geben Sie denn dem Lackaffen monatlich?«
»Halten Sie den Mund und fahren Sie.«
Ich schloß die Augen. Mochte er mich ruhig im Rückspiegel anstarren, mit meinen Gedanken war ich allein. Schließlich bremste das Taxi scharf. Als ich den mürrischen Fahrer bezahlte und ihm ein anständiges Trinkgeld sozusagen als Entschuldigung gab, entdeckte ich einen jungen Mann – braune Haare bis über beide Ohren, ungestutzter Bakkenbart, schmutzige Mokassins, ohne Jackett und Krawatte der vor dem Gebäude herumlungerte. Ich ging an ihm vorbei ins Foyer und wartete auf den Aufzug. Er stellte sich neben mich. Ungefähr Wilbys Alter. Schaute betont desinteressiert. Warum aber hatte er draußen gewartet? Im Aufzug hielt er seinen Blick stur zur Decke gerichtet. Er stieg ebenfalls im achtzehnten Stock aus, und als ich mein Büro betrat und über die Schulter blickte, sah ich ihn – verdächtig ziellos – den Gang hinabschlendern und hinter einer Ecke verschwinden. Hatte ich es mit einer ganzen Bande zu tun? Handelte es sich um eine größere Operation, und hatten sie sich bisher nur mit mir befaßt? Dreitausend, lachhaft! Die bluten ihn aus. Ich wette mit Ihnen, die ziehen ihm mit Vergnügen noch das letzte Hemd aus.
»Guten Morgen!«
Phoebe. Wußte ich, Mann. Hab' meine Quellen. Deine Sekretärin da – »Guten Morgen, Phoebe«, grüßte ich und betrat mein Büro.
Sie folgte mir. »Kaffee?«
Wahrscheinlich sah ich aus, als könnte ich einen brauchen. »Nein, danke. Ich möchte ein Telephongespräch führen. Ein privates.«
»Aber selbstverständlich –«
»Außerdem, Phoebe –«
»Ja?«
»Es wäre mir lieb, wenn Sie mir nicht jeden Morgen in mein Büro nachliefen. Ich bin durchaus in der Lage, mein Jackett selbst aufzuhängen. Wenn ich Sie brauche, werde ich läuten.«
Nach der ersten Verblüffung verdunkelten sich ihre Augen gekränkt. »Ja, Mr. Wyatt.«
Ich setzte mich hin, wählte 9 und dann die Nummer. Phoebe war mir jeden Morgen seit – wie lange? – mindestens drei Jahren in mein Büro gefolgt. Bei Phoebe, nicht wahr? Der guten, alten Phoebe Waldron? Wilbys Lügen, immer mehr Lügen – alle darauf berechnet, zu infizieren, zu unterminieren, zu vergiften. Aber woher hatte Wilby Phoebes Namen erfahren?
»Ephron.«
»Mr. Ephron, hier spricht Adam Wyatt.«
»Ach ja, Mr. Wyatt. Wie geht es Ihnen heute?«
Er weiß Bescheid. Warum sollte er sich sonst nach meinem Befinden erkundigen?
»Danke, gut. Und wie geht es Ihnen?«
»Total überarbeitet, wenn Sie's wissen wollen. Hören Sie, Mr. Wyatt, ich habe mir Ihren Fall noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Haben Sie Ihren Klienten dazu gebracht, sich an die Polizei zu wenden? Ich werde mein möglichstes für ihn tun.«
»Er ist … ein eigensinniger Mann.« Als ich mich jedoch in meinem Sessel zurücklehnte und durch das Fenster die gegenüberliegenden so vertrauten Häuserfassaden betrachtete, überfiel mich die Erschöpfung mit bleiernem Gewicht. Wie einfach, wie leicht und endgültig wäre es, diese immense Last in Ephrons fähige, durchgreifende und doch sanfte Hände abzuwälzen.
»Hat Ihr Klient die Morgenblätter gelesen?«
Ich richtete mich auf, und mein Herz zog sich zusammen. »Was?«
»Hier, ich lese Ihnen die Schlagzeilen vor: ›Heckenschütze tötet fünfzehn, verwundet dreiunddreißig.‹ Ein Bursche in Texas. Erinnerte mich an Ihren Kerl. Man kann nie voraussehen, wann sie loslegen.« Ich blickte auf die Uhr: Zehn Uhr dreizehn. Nur noch ein paar Stunden. Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß ich Wilby niemals wiedersehen würde, aber ich hatte zuviel geschluckt, um jetzt klein beizugeben und alles aufs Spiel zu setzen.
»Ich habe eine Information für Sie«, sagte ich mit ausgetrocknetem Mund und schwerer Zunge.
»Was für eine Information?«
»Einen Namen –«
»Ich kann Sie kaum verstehen, Mr. Wyatt. Wessen Name? Den Ihres Klienten?«
»Nein, den des Jungen.«
Ich hörte ihn seufzen. »Meinen Rat wollen Sie nicht annehmen, aber helfen soll ich. Na gut, Mr. Wyatt, obgleich ich nicht einsehe, was es nützen soll –«
»Dann werde ich es Ihnen sagen,
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