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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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vorstellbar. Unmöglich, es sich auszumalen.
    »Ich hätte die ganze Nacht auf der Couch hier geschlafen, wenn Sie jetzt nicht telephoniert hätten. Ich wußte, es war Ihnen wichtig. Wo sind Sie denn, Adam?« Stille, dann ein seltsamer Laut. »Wo Sie auch stecken, ich komme. Wenn Sie wollen.«
    »Phoebe, weinen Sie?«
    »Nein. Ja. Ich weiß nicht. Soll ich kommen?«
    Ja? Jeder braucht einen Menschen. Wollte ich, daß sie kam? Nein. Irgendwie wünschte ich, es wäre anders.
    »Nein, Phoebe –« ihr Gesicht vor Augen, zusammenzuckend, verletzt. »Nein, danke … Es ist schon wieder gut.« Weil alles vorüber war. Noch faßte ich es nicht, aber bald würde ich es glauben können. »Vielen Dank, daß Sie ausgeharrt haben.«
    »Gern geschehen, Mr. Wyatt.«
    Ein Klicken. Wieder Mr. Wyatt.
    Ich konnte aufatmen; der Reifen um meine Brust war gesprengt. Noch war mein Kopf leicht wie ein Ballon, aber das war pure Reaktion. Eines war sicher: Ich mag kurz davor gestanden haben, du hast es weit getrieben, Wilby, aber ich bin nicht zusammengebrochen. Nur ein paar Minuten lang, vielleicht eine Stunde oder zwei.
    Mühelos gehe ich die Treppen hinab. Wirklich ein Hochgefühl, frei wie ein Vogel, elastisch.
    Ein junges Pärchen kommt mir mit gesetzten Schritten entgegen. Ich trete beiseite, der junge Mann ebenfalls. Eine auffordernde Geste meinerseits. Er schaut mich unsicher an. Ich kenne den Blick: Er hält mich für angeheitert. Falsch, junger Mann, jedenfalls nicht vom Alkohol. Ich bin frei, erlöst. Dann setzen wir im gleichen Augenblick den Weg fort, aber mein Fuß verfehlt die Stufe, bleibt mit dem Absatz hängen, und ich stürze kopfüber ins Leere.
    DREIZEHN STUNDEN MORD
    Die Schlagzeile, quer über der Titelseite der New York Post, barg einen unwirklichen, fernen Schrecken. Die Zeitung lag halb aufgeschlagen auf der Bartheke, und darum herum, um mich herum, kollerten und dröhnten Männerstimmen, die gelegentlich in einem Gelächter explodierten. Ich hatte die Überschrift schon eine Weile gedankenlos angestarrt, während ich drei oder vier Doppelte zu mir nahm. Die Zeit hatte für mich ihre Bedeutung verloren, ich fühlte mich nicht mehr gehetzt.
    Wenn ich nun an meinen Sturz im Kino dachte, die teppichbelegten Stufen hinab, konnte ich mich in der Rückschau der Komik nicht verschließen. Die gaffende junge Frau, der mir zu Hilfe eilende Mann und der schreiende Platzanweiser. »Rühren Sie ihn nicht an, bewegen Sie ihn nicht!«, während ich mich langsam aufraffte und mich fragte, was sie alle wollten – es hatte sich schnell eine Menge angesammelt, wie immer bei Tragödien oder Komödien –, und ihnen versicherte, daß ich nichts spürte, überhaupt nichts. Der Geschäftsführer wollte unbedingt meinen Namen wissen, aber ich erklärte ihm, ich würde keine Forderungen stellen, wäre prinzipiell dagegen, und dann bahnte ich mir einen Weg auf die Straße hinaus.
    Und nun saß ich hier am Ende der Theke, umgeben von vertrauten Geräuschen, Rauch und Lärm, spürte die lockernde Wirkung von vier oder fünf Whiskys in meinem Schädel und den verkrampften Muskeln und ließ meine Gedanken mit Genuß dahingleiten.
    Neben mir redete ein hagerer Mann von ungefähr Vierzig mit kurz geschnittenem, grauem Haar, einer Brille und einem asketischen, intellektuellen Gesicht: »Das, wovon ich nicht loskomme, ist das Sinnlose. Sich allein in dem Turm da zu verbarrikadieren und wahllos auf Fremde zu schießen, ohne Grund!«
    Warum ausgerechnet ich?
    In einer Neun-Millionen-Stadt.
    Ich zog die Zeitung zu mir her. In einer Ecke war die Photographie eines jungen, fast kindlichen Gesichts Halb lächelnd.
    Zufall. Wie alles. Zufälligkeit, Chaos, verstehste, Mann? Kapito?
    Kapito, Wilby. Damals verstand ich es nicht, aber jetzt.
    »Pat.«
    »Ja, Mr. Wyatt. Noch einen Doppelten?«
    »Wenn Sie das Zeug noch verkaufen.«
    Pat runzelte die Stirn, zuckte dann mit den Achseln und nahm mein Glas. Doppelte? Hatte ich Doppelte getrunken? Na, heute kam es ja nicht darauf an.
    Während ich Pat beim Einschenken beobachtete, empfand ich mehr Belustigung als Gereiztheit. Es war ja doch gleichgültig, ob Jenny mich bei Pat entdeckt hatte oder von ihm auf mich aufmerksam gemacht worden war.
    Pat stellte das Glas vor mich. Schweißperlen standen auf seinem Kinn, sommers wie winters. »Sie ham 'ne häßliche Beule auf der Stirn, Mr. Wyatt.«
    »Ich bin die Treppe hinuntergefallen. Sie sollten erst meine blaue Kehrseite sehen.«
    Pat lachte etwas unsicher und

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