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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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angerufen?«
    »Weil … Mr. Smith nicht anrief.«
    Zeit. Wichtig. »Wie spät ist es?«
    »Zehn nach vier, Mr. Wyatt.«
    »Danke.« Ich lege auf, mein Kopf sinkt gegen die Wählscheibe. Er hat nie beabsichtigt, mich zu benachrichtigen. Gehörte mit zu seiner bösartigen Einschüchterungskampagne. Grausam, pervers, sadistisch – Mein Blick fällt auf ein Zehn-Cent-Stück am Boden. Ich stecke es in den Schlitz, wähle eine andere Nummer. Ich presse den Hörer an mein Ohr, lausche dem entfernten Summton, wieder und wieder. Er muß dort sein. Räkelt sich grinsend auf dem Teppich, raucht. Geh nicht ran, Jenny. Laß Casanova nur schwitzen. Falls Jenny da war.
    Ich lasse es läuten. Du wirst sehen, Wilby, ich halte ebenso lange aus wie du.
    Das Summen wird zu einem Teil meines Gehirns. Bis ich es nicht länger ertragen kann. Noch ein Rufzeichen, und ich reiße den Apparat aus der Wand, zerschmettere die Glastür.
    Ich lege auf, stolpere auf die belebte, heiße, dreckige Straße hinaus, gehe blindlings fort, weiß es mit einem Mal, ohne Zweifel.
    Sie ist tot.
    Jenny ist tot, und jetzt bin ich der Beihilfe zum Mord schuldig. Habe ein weiteres Verbrechen auf dem Kerbholz.
    Gesichter, in Schwärmen. Tausende von Fremden. Millionen kleiner, in sich abgeschlossener Welten. Allein. Möchten Sie wirklich wissen, warum ich sie nehme? Sie vertreiben die Einsamkeit. Wenigstens ein bißchen. Eine Stadt voller Phoebes. Eine Welt.
    Wohin? Zurück zur Wohnung? Um mich zu vergewissern. Was wird Wilby tun, wenn Jenny tot ist? Ist er dort, kann ich nichts unternehmen. Ist Jenny tot, kann ich ebenfalls nichts dagegen unternehmen. Ich will es nicht einmal wissen. Dann eben zum Klub? Fast fünf inzwischen. Menschen quellen aus den Gebäuden, Ameisen gleich … Brütende Hitze auf dem Bürgersteig. Da, ein gesegneter Hauch kühler Luft. Unter einem Kinovordach. Ich gehe hinein.
    Drinnen sacke ich in einem Sessel zusammen. Auf der Leinwand: quietschende Reifen, peitschende Schüsse, Zerstörung und Chaos. Dutzende verrenkter Leichen vor dem Finale. Menschenleben zu kostbar? Da oben ist niemand zu Hause. Lichtspieltheater überfüllt. Leute vom Tod fasziniert? Angesichts des Unausweichlichen erleben sie ihn stellvertretend? Die Kugel gilt immer dem Mann neben dir; das eigene Flugzeug stürzt nicht ab.
    Tod. Jenny.
    Ist ihr Leben kostbar?
    Ich stehe auf. Wie lange habe ich mich hier verkrochen? Eine Stunde? Länger schon, aber die Zeit hat ihre Bedeutung verloren.
    Ich suche nach einem Telephon im Foyer.
    Was ist Jenny eigentlich? Eine Summierung kurzfristiger Empfindungen, eine zufällige Ballung von Zellen und Chemikalien.
    TELEPHON. Ein nach oben weisender Pfeil. Werde ich es schaffen? Ein Berg teppichbelegter Stufen … uns an das Staubkorn klammern … als könne ein Mensch … Millionen von uns … wichtig sein – Ein enger, breiter Reifen preßt meine Brust beim Treppensteigen zusammen. Ein Fuß, der andere, mit schmerzenden Muskeln. Der Ring drückt mehr und mehr, unerträglich. Atemlos. Alles dreht sich. Ich schleppe mich in die Zelle, die Hand in der Tasche. Zwei ZehnCent-Münzen. Ein Wunder. Wechselgeld von der Kinokasse. Trotzdem ein Wunder. Ein Omen? Sollte meine Pechsträhne abreißen? Ich wähle die vertraute Nummer.
    Das Büro ist geschlossen. Schon nach fünf. Geschlossen, verriegelt, verlassen. Was will ich eigentlich?
    »Brant und Wyatt.« Bekannte Stimme.
    »Phoebe?«
    »Adam? Ich bin geblieben, weil Sie vielleicht anrufen würden –«
    Und ich hatte sie verdächtigt.
    »Ihr Mr. Smith hat angerufen. Kurz vor fünf. Mr. Wilbur Smith.«
    »Ja«, quetsche ich heraus. Mochte sie es sich zusammenreimen, Wilbur Smith, Wilbur Birchard, ich konnte ihr trauen.
    »Mr. Smith – der übrigens meinen Namen kannte, auch meinen Nachnamen – bat mich, auszurichten, seine Frau habe die Operation überstanden, als sei nichts geschehen. Das wären seine Worte. Ich schrieb mit. Als sei nichts geschehen.«
    Jenny lebte. Noch kam keine Erleichterung, nur Benommenheit.
    »Sind Sie noch da, Adam?«
    »Ja –«
    »Ich sollte Ihnen auch ausdrücklich sagen, daß er und seine Frau im Waldorf sehr gut untergekommen wären.«
    Jenny lebte, und sie waren verschwunden. Und es war vorbei. Warum jubilierte ich nicht vor Erleichterung?
    »Ich versuchte, Sie bei Sliker und Stewart zu erreichen, aber die Voruntersuchung war zu Ende. Dann rief ich bei Ihnen zu Hause an, aber es antwortete niemand.«
    Keine Antwort, die Wohnung war leer. Kaum

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