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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Franz Brandls Jeep stand auch nicht in der Einfahrt, nur ein silberfarbener Jetta. Vielleicht wirkte dieses Haus deshalb so anziehend auf mich, weil darin zwei Menschen wohnten, die sich liebten. Als würde ihre Zuneigung um das Haus herum abstrahlen. Die Art und Weise, wie sie über ihn gesprochen hatte. Und vor allem: Wie er sie geküsst hatte. Das berührte mich heute noch.
    Hatte Frau Brandl mich gesehen? Die Haustür öffnete sich. Nein, sie schaute gar nicht zu mir. Neben Maria Brandl stand eine Frau ganz in Weiß. Zuerst hielt ich sie für eine Seglerin und jünger, doch als die beiden auf mich zukamen, alterte die Weiße Schritt für Schritt. Unzählige Zigaretten hatten sich in ihr Gesicht gegerbt, das Ende der Kette hielt sie zwischen ihren Fingern.
    »Ach Franza, schade!«, sagte Frau Brandl, während sie Flippers Flanken klopfte. »Jetzt muss ich weg. Meine Freundin Alice holt mich gerade ab.«
    »Alice Ludewig«, sagte die Frau und streckte die Hand vor.
    »Franza Fischer«, sagte ich automatisch, während ich nachlauschte, was dieser Name in mir zum Klingen brachte.
    Die beiden Frauen stiegen in den silbernen Jetta. Maria Brandl winkte mir zu. Alice! Im Schießkino hatte ich den Namen gehört. An Alice im Wunderland hatte ich gedacht. … Aber in welchem Zusammenhang … Es dauerte nur noch Sekunden, bis es mir einfiel. Eine Frauenstimme hatte die Frage gestellt, ob die Polizei schon bei Alice gewesen sei. Der Jetta fuhr an. Ich starrte ihm nach und wünschte mir Flippers Gehör in tausendfacher Verstärkung.

33
    »Maria, die Polizei kommt heute Nachmittag zu mir.«
    »Wieso denn zu dir?«
    »Sie überprüfen alle, denen seit der Fusion gekündigt wurde. Bei Karin und Friedrich waren sie schon. Zu mir kommt ein Kommissar, bei den anderen waren es Frauen, das wäre mir ehrlich gesagt lieber.«
    »Du wirkst aufgeregt.«
    »Das bin ich auch.«
    »Aber wieso denn, Alice?«
    »Weil ich nicht weiß, was ich denen sagen soll.«
    »Die Wahrheit natürlich.«
    »Wenn ich die Wahrheit sage, dann hänge ich deinen Mann hin.«
    »Nein, das tust du nicht.«
    »Doch, das tue ich wohl. Schaust du denn nie fern? Da sagt man kaum mal etwas, und schon schnappt die Falle zu. So wie der Franz sich für mich eingesetzt hat! Und dann das mit der Laika. Das ist doch ein gefundenes Fressen für die. Nein, ich will euch nicht noch mehr Probleme machen.«
    »Das ist lieb von dir, Alice, aber wirklich nicht nötig.«
    »Ich habe mich entschieden. Ich sag nichts vom Franz. Ich vergesse seinen Auftritt einfach. So was kann einem doch mal passieren. Es wäre ohne ihn alles genauso gekommen. Diese Besprechung hat nichts damit zu tun. Das war doch ein abgekartetes Spiel.«
    »Wieso glaubst du, dass du den Franz schützen musst?«
    »Für dich mach ich das.«
    »Wieso für mich?«
    »Weil ich nicht will, dass du auch ohne Mann leben musst. Das ist nicht schön, Maria, auch wenn du manchmal sagst, dass du mich beneidest, weil es bei mir viel weniger Dreck gibt. Der fehlende Dreck allein ersetzt dir keinen Mann.«

34
    Schon von Weitem entdeckte ich, dass auf dem kleinen Parkplatz am Wanderweg neben meinem Volvo der rote Kangoo vom Rohrservice parkte. Rick, wie ich vermutete, hatte eine Leberkässemmel, zwei Schnitzelsemmeln, eine Literflasche Cola und eine Tafel Schokolade auf dem Beifahrersitz ausgelegt. Interessiert musterte Flipper das Angebot.
    »Der schaut aber hungrig aus!«, stellte der rothaarige junge Mann fest.
    »Alles nur Show«, fiel ich Flipper in den Rücken.
    »Prächtiger Kerl!«, lobte Rick. »Und so gut erzogen! Sie waren doch vorhin im Wald? Da habe ich gesehen, wie Sie ihn im Apportieren gestoppt haben. Tolle Leistung!«
    »Danke«, freute ich mich. »Aber ich glaube, da gehe ich nicht mehr spazieren. Da wohnen so unsympathische Typen.«
    »Die Russen?«, lachte er und kraulte Flippers Hals, was der sich nur zu gern gefallen ließ. Vorspiel zum Leberkäs.
    »Ach, Russen sind das. Das war mir gar nicht klar, aber osteuropäisch klang es schon.«
    Rick wischte sich eine Hand an der Hose ab und biss in seine erste Semmel. Ich lehnte mich an die geöffnete Beifahrertür und schaute zu, wie ein Fleck süßer Senf an Ricks Kinn entlang Richtung Kehlkopf rutschte.
    »Ja, die sind wirklich seltsam, die Russen. Zuerst haben sie es wahnsinnig wichtig, und dann wollen sie mich gar nicht reinlassen.«
    »Wie denn das?«
    »Mein Onkel hat bei denen die ganze Installation gemacht«, plauderte Rick munter los. »Aber der ist eben

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