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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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wie die zwei Verdeckten heißen.«
    »Das weiß ich auch.«
    »Äh, ich meine, ich weiß, dass sie eben keine italienische Mafia machen. Die sind spezialisiert auf Russenmafia.«
    »Wo hast du das her?«
    »Quellenschutz«, stieß Johannes atemlos hervor.
    Felix versuchte, verärgert auszusehen, was ihm nicht gelang. Er platzte laut heraus – und das deutete Johannes als Startschuss.
    »Bei der russischen Mafia«, sprudelte er los, »herrschen total andere Regeln als bei der italienischen. Da geht es nicht um die Familie, da musst du auch nicht verwandt sein. Das sind reine Zweckgemeinschaften, lose Gruppierungen, die sich je nach Bedarf schnell formieren und auch wieder auflösen. Oftmals erreichen sie ihre Gewinne durch eine fast betriebswirtschaftliche Herangehensweise.«
    »Mehrwertsteuerkarussell«, warf Felix ein.
    »Die operieren hoch professionell, abgeschottet und konspirativ aus dem Verborgenen heraus, und es ist enorm schwer, sie dingfest zu machen. Mit Scheinfirmen, Auslandskonten und Offshore-Banken werden illegale Gelder in den legalen Wirtschaftskreislauf gebracht. Viele von den Bossen wahren nach außen hin eine bürgerliche Fassade. Sie benutzen Politik, Verwaltung und Justiz für ihre Zwecke. Deshalb ist es auch so schwierig, ihnen mit unserem rechtsstaatlichen Instrumentarium beizukommen. Und genau das versuchen Kollegen wie Tom Stiefel und Christian Wagner.«
    »Schlussfolgere ich richtig, dass du dich beim BKA oder Verfassungsschutz bewerben möchtest?«
    Johannes wurde knallrot. »Äh, natürlich nicht. Nein. Ehrlich gesagt fand ich den Auftritt der beiden im Wald ziemlich daneben, und ich habe mir überlegt, warum die so sind. Mal angenommen, die haben nichts gegen uns, warum auch? Letztlich sind wir alle Polizisten. Unsere Mission ist dieselbe.«
    »Wir sind die Guten!«, spottete Felix.
    »Aber sicher!«, bestätigte Johannes grinsend. »Mal angenommen, denen geht der Arsch auf Grundeis. Die haben Angst um ihren Fall. Keine Ahnung, was für einer das ist, jedenfalls sind sie nervös, weil sie befürchten, wir könnten ihnen was kaputtmachen. Die Mafia, egal, welche, hat ihre Ohren überall. Die hört das Gras wachsen, und beim geringsten Verdacht werden alle Aktivitäten eingestellt. Die Verdeckten sind an irgendeiner hochbrisanten Geschichte dran und haben Angst, dass wir – ohne es zu wollen, ganz einfach, weil wir gar nicht wissen, dass es eine ist – ihre Beute in die Flucht schlagen.«
    »Jetzt sagst du mir einfach noch, was das mit unserem toten Jäger zu tun hat, und dann schreibe ich dir eigenhändig eine erstklassige Empfehlung. Gerd Jensen als Kopf der russischen Mafia? Die Waffenschmiede Puster in den Händen der Russenmafia? Direktor Happach ein Spion, der aus der Kälte kam? Und Gerd Jensen, ein Gegenspion von der Gegenseite, ist ihm auf die Schliche gekommen? Ach nein. Er wurde ja gar nicht mit einer Skorpion erschossen. Sondern mit einer … Haben wir das schon?«
    »Nein, leider nicht. Ohne Hülse kein Abgleich. Aber sie basteln noch an den Splittern, die sie vom Projektil haben.« Johannes räusperte sich. »Ich hab auch mal in der Jägerschaft recherchiert.«
    »Ah ja?«
    »Also, wo du doch gesagt hast, dass Hunde eine Seele haben und so.«
    »Ja?« Felix beugte sich vor.
    »Aus Gründen des Tierschutzes verwenden Jäger Schrot und Teilmantelgeschosse, was ja praktisch Dum-Dum-Geschosse sind.«
    »Scheußliche Wunden«, warf Felix ein, »schneller Tod.«
    Johannes nickte. »Außer die Jäger sind scharf auf das Fell. Da will man natürlich kein großes Loch im Pelz haben. Und deshalb verwenden sie beim Fangschuss Vollmantelgeschosse.«
    Felix stand auf. »Und jetzt haben wir ihnen ihre ganzen schönen Waffen weggenommen.« Sein Grinsen entgleiste. Stöhnend griff er sich an den Oberschenkel.

32
    Ich war wahnsinnig gut gelaunt an diesem Freitagmorgen, trotz meines beachtlichen Muskelkaters. Der Sommer war noch mal zurückgekehrt, und ich hatte vielleicht einen neuen Job. Leistungssport ist auf Dauer nicht gesund. Alles, was man übertreibt, schädigt den Körper. Ich würde Zeit sparen und mehr Geld verdienen, wenn ich mich auf solvente Privatkunden konzentrierte, und die lästige Fahrerei von einem zum anderen Studio würde auch entfallen.
    Außerdem bekam ich freitags meistens ofenwarme Rohrnudeln von meiner Nachbarin Rosina Marklstorfer frei Haus geliefert. Flipper war ebenfalls gut drauf an diesem Morgen und markierte, wie ich es mir gewünscht hatte, an einer Buche.

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