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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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was vor allem am Nikotin lag. Ich darf mir das Rauchen nicht wieder angewöhnen, dachte Felix.
    Alice Ludewig fragte mehrmals, ob er Kaffee wollte. Beim vierten Mal stimmte er zu. Vielleicht würde das Hantieren in der Küche sie beruhigen. Der Kaffee lief durch, als Johannes kam, der noch ein Telefonat mit Gerd Jensens Bank geführt hatte. Felix schickte ihn gleich wieder weg, süße Teilchen holen. Später bereute er, Johannes nicht von Anfang an neben sich gehabt zu haben, denn in seiner Gegenwart entspannte sich Alice Ludewig merklich. Felix hätte sich nicht gewundert, wenn sie Johannes über die Wange gestreichelt hätte. Des Rätsels Lösung fand sich im Wohnzimmer, das förmlich tapeziert war mit Fotos von einem Säugling, Kleinkind, Buben, Teenager, jungen Mann.
    »Ich hab ihn allein großgezogen, meinen Benny.«
    »Das ist nicht einfach«, sagte Felix höflich.
    »Nein. Von meinem Mann habe ich keinerlei Unterstützung bekommen.«
    Felix schwieg, und das war das Beste, was er tun konnte, denn auf dieses Thema reagierte er zurzeit allergisch. Frau Ludewig schenkte Kaffee aus. Felix stellte sein Aufnahmegerät auf den Tisch, die Einwilligung zur Aufzeichnung hatte Frau Ludewig mit stark zitternder Hand bereits unterschrieben. Obwohl ihn ihr Gehabe nervte, konnte er sich gut vorstellen, dass sie damit früher einmal gut angekommen war, eine ausnehmend hübsche junge Mutter, zu deren ganz besonderem Charme dieses Hilflose, leicht Überdrehte, Aufgescheuchte gehörte. Es gab Männer, die zog so etwas magisch an.
    »Zucker?«, fragte Frau Ludewig, obwohl der unmittelbar vor Felix’ Tasse stand, als hätte er keine Hände, sich selbst zu bedienen, und hatte ihm auch schon ein Stück in die Tasse geworfen.
    Er musste sich sehr zusammenreißen, höflich zu lächeln und begann mit seiner Befragung, die er so schnell wie möglich über die Bühne bringen wollte. Und dann raus an die frische Luft. Ein Blick zu Johannes zeigte ihm, dass sein junger Kollege sich wohlfühlte. Mit rosa Bäckchen und gutem Appetit biss er in eine Apfeltasche.
    »Frau Ludewig«, begann Felix, »Sie wurden als Folge der Fusion der Firma Puster mit Bittermann & Sohn gekündigt. Erzählen Sie uns doch bitte einmal, wie es dazu kam.«
    »Ja, wie es eben so kommt. Neue Besen kehren gut.«
    »Aber Ihre Stelle ist doch gar nicht mehr besetzt worden, wenn wir richtig informiert sind«, schaltete Johannes sich ein – Manieren beweisend, mit vor den Mund gehaltener Hand.
    »Ja, das stimmt. Der Herr Jensen hat gemeint, dass eine Telefonzentrale altmodisch wäre. Die Mitarbeiter sollten ihre Anrufe selbst verwalten. Wenn sie nicht am Platz sind, springt das Band an. Anrufer können Nachrichten hinterlassen, wie es heutzutage fast überall üblich ist.«
    »Und was meinen Sie dazu?«, fragte Felix.
    »Ob das langfristig eine gute Kundenpflege ist, wird sich zeigen. Es ist so mancher Auftrag als Resultat eines netten Geplauders entstanden. Immer mal habe ich mich nach der Zufriedenheit erkundigt oder auch ganz allgemein nach dem Wetter da oben oder da unten. Und so ist dann das eine zum anderen gekommen, und plötzlich ist einem Anrufer eingefallen, dass er ja doch mal wieder eine größere Bestellung aufgeben könnte. Außerdem habe ich viel mehr gemacht als nur die Telefonzentrale.«
    »Ja, da waren Sie bestimmt ein phänomenales Kontakttalent, Frau Ludewig. Das muss man schon können, so mit den Leuten reden. Und was haben Sie noch gemacht zum Beispiel?«, wollte Felix wissen.
    Sie lächelte ihn so charmant an, dass mindestens zehntausend Zigaretten aus ihrem Gesicht fielen und ein blonder zarter Engel weit hinten im Dunst sichtbar wurde.
    »Ich habe die Besprechungszimmer hergerichtet, wenn Besuch kam, das Catering bestellt und dekoriert, die Kurierfahrer verwaltet, Postein- und -ausgang …«, sie geriet ins Stocken.
    Felix lächelte ihr aufmunternd zu. »Da waren Sie so was wie die gute Seele im Betrieb? Bestimmt haben Sie Ihre Chefs an alle Mitarbeitergeburtstage erinnert?«
    »Ja«, strahlte Frau Ludewig. »Und manchen auch an den seiner Frau. Da ist Wert drauf gelegt worden bei uns, das hat die Frau Drexl früher eingeführt, die Sekretärin vom Direktor.«
    »Ja, solche wie Sie, wenn es nicht gäbe, gell!«, lobte Johannes holprig, den Felix’ Gesprächsführung offenbar gleichermaßen verwirrte und faszinierte.
    »Mir hätte nur noch ein Jahr gefehlt, dann hätte ich mit Arbeitslosengeld überbrücken können. Aber jetzt werd ich wohl

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