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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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geschossen wurde, brauchst du zum Vergleich das Projektil oder die Hülse – oder eben die Waffe. Das Projektil, also das Geschoss, konnten wir nur noch in Fragmenten sicherstellen, die Hülse liegt vielleicht unter irgendeinem Baum. Waffen hätten wir genug im Angebot. Fast dreißig Stück der Jägerschaft. Keine Kipplaufbüchsen darunter.«
    »Was ist das?«
    »Da fällt keine Hülse raus. Da hinterlässt du keine Spuren. Sicher ist, dass aus der von Flipper gefundenen Skorpion nicht geschossen wurde. Die war länger nicht im Gebrauch. Das würde auch keinen Sinn ergeben, denn wenn der Täter in einer Sekunde die Möglichkeit gehabt hätte, zig Kugeln in sein Opfer zu pumpen, wozu braucht er dann ein Dum-Dum-Geschoss?«
    »Und es würde sich auch anders anhören, oder? Das wäre aufgefallen? Das ist doch kein normales Jagdgeräusch.«
    »Gewiss«, nickte Felix anerkennend. » MP -Feuer klingt anders. Und deshalb glaube ich, dass die Skorpion aus Gründen, die nichts mit dem Jägerfall zu tun haben, im Wald vergraben wurde.«
    »Ein Russe!«, stieß ich hervor. »Das war bestimmt eine Tatwaffe aus einem anderen Fall! Die musste verschwinden!«
    Felix kommentierte das nicht. »Zwei verschiedene Fälle«, meinte er stattdessen. »Keine Verbindung. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es doch eine gibt. Kann ich mir noch trauen? Ich habe meine Befugnisse übertreten.«
    Ich biss mir auf die Unterlippe. Daran war ich schuld. Ich hatte ihn dazu provoziert in meiner Angst um Flipper. Dass er mir das jetzt nicht vorwarf, machte es keineswegs leichter für mich.
    »Das tut mir sehr leid, Felix. Ich wusste das nicht. Ich wollte dich auch nicht … aufstacheln. Ich war der Meinung, dass da ein Unrecht geschehen sein könnte, dass die junge Frau gegen ihren Willen festgehalten wurde. Das habe ich dir stellvertretend für die Polizei erzählt. Natürlich war ich außer mir wegen der Drohung gegen Flipper, aber niemals wollte ich dir Schwierigkeiten machen, niemals, Felix!«
    Er versuchte ein Lächeln. Es misslang. »Du machst mir immer Schwierigkeiten«, behauptete er. »Seit ich dich kenne, ist das so.« Er gab mir einen zärtlichen Nasenstubser. Da legte ich meine Hand an seine Wange. Der Stoppelbart war schon ein weiches Fell. Genau so, wie ich es mochte. Felix küsste meine Handinnenseite und gab mir meine Hand zurück. Dann sprach er weiter. »Ich habe mich entschieden, der Sache nachzugehen. Wider besseres Wissen. Und nun muss ich die Konsequenzen tragen.«
    »Was heißt das?«
    »Dass ich einen zweiten Scheißfall habe, dass ich draußen bin, dass ich nicht weiß, wie mich mein Team am Donnerstag anschaut, dass ich ab sofort einer Kollegin zugeteilt bin, die einen uninteressanten Fall bearbeitet, und dass ich keine Ahnung habe, wie es weitergeht. Ich weiß nicht, wofür mein Chef mich in Zukunft einteilt. Man kann auch wochenlang Akten wälzen und recherchieren, das gehört alles dazu. Wer ständig Mist baut, der disqualifiziert sich für den Außendienst.«
    »Ich weiß, dass du mir nichts von deiner Arbeit erzählen kannst, aber nur mal für mich zum Verständnis: Zuerst hat es einen Mord an einem Jäger gegeben …«
    »Gerd Jensen.«
    »Danke für dein Vertrauen. Und außerdem haben sich in dieser Gegend Russen angesiedelt, die bei Kollegen von euch ins Visier geraten sind. Die Kollegen befürchten, dass die Ermittlungen im Mordfall dazu führen, dass die Russen … Verdacht schöpfen? Abhauen? Deine Kollegen glauben, dass der Mord an dem Jäger nichts mit den Russen zu tun hat. Du aber glaubst das nicht?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Von einem Gespräch mit der Frau mit dem Pferdekopftattoo hätte ich mir einiges versprochen. Ich vermute, ich hätte danach gewusst, ob die anderen, also meine Kollegen, recht haben oder ich. Selbstverständlich hätte ich einen Weg gefunden, der kein Aufsehen erregt. Das ärgert mich am meisten. Dass sie mir unterstellen, ich wäre ein Anfänger.«
    »Felix!«, rief ich erschrocken, weil er so bitter klang.
    »Aber ich brauche mich jetzt um nichts mehr kümmern, der Fall ist geklärt.«
    »Wie das?«
    In den nächsten fünf Minuten erzählte er mir von einem alten Mann, er nannte sogar seinen Namen, was mich wunderte, der die Tat gestanden hatte. Am Marienklausensteg drehten wir um, beide gleichzeitig, ohne Ankündigung.
    Mir fiel mir ein, dass er vor seinen Kollegen hatte erklären müssen, woher er von der Frau mit dem Pferdekopftattoo wusste. Mein Gesicht rötete sich,

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