Sonst kommt dich der Jäger holen
nimmer ned.«
»Wie sah die Wunde denn aus? Sie haben die Laika gefunden. Das hat mir Ihre Frau erzählt. War das eine normale Munition oder nicht?«
»Was soll denn das sein, eine normale Munition?«
»Ich bin keine Jägerin, ich kenn mich da nicht aus. Ist mit einem Gewehr geschossen worden oder aus einer Maschinenpistole?«
»Ich verstehe die Frage nicht. Sie können doch ganz verschiedene Munition laden. In einen Drilling können Sie sogar Schrot und zwei unterschiedliche Kugelkaliber laden.«
»Russen haben Maschinenpistolen«, behauptete ich.
Plötzlich sah Franz Brandl nachdenklich aus. Sehr nachdenklich.
»Schmarrn«, sagte er dann.
Ich ließ ihm Zeit.
»Man kann auch so lange draufhalten bis quasi nichts mehr übrig ist«, führte er aus.
»Aber das hätten Sie doch gemerkt?«
Einen Moment lang wirkte er verunsichert. Ich vermutete, dass die erschossene Laika vor seinem inneren Auge erschien.
»Ich weiß, wer meinen Hund erschossen hat. Und es ist mir wurscht, womit er es gemacht hat. Ich weiß, dass er es war. Des langt mir.«
»Ja. So was weiß man«, stimmte ich zu. »Aber es hilft ja nicht weiter.«
»Wie alt sind Sie eigentlich?«, wollte er unvermittelt wissen.
»Vier Jahre älter als wie die Walli. Und Sushi ess ich auch gern, aber auf den David Garrett steh ich nicht.«
Franz Brandl grummelte. »Der Geiger und die Jagd, des war das Einzige, wo die Walli und ich zwei Meinungen gehabt haben.«
Hechelnd wie die Weltmeister legten Flipper und Hallodri einen Boxenstopp bei ihrer jeweiligen Servicestation ein. Franz Brandl klopfte Hallodri auf die Flanke, und ich las die Uhrzeit von seinem Handgelenk ab. Nur noch dreißig Minuten bis zu meiner Verabredung mit Anton Dürr. Da musste ich Gas geben, denn meinen freigiebigen und liebenswürdigen fetten Privatkunden wollte ich nicht warten lassen. Er hasste Unpünktlichkeit und schaufelte sich jede Minute unserer Treffen mühsam einzeln frei, was er mir ständig unter die Nase rieb, um gelobt zu werden für die eiserne Disziplin, die sich irgendwo in seinem weichen Leib versteckte.
Ich verabschiedete mich von Franz Brandl. Als ich vor seinem Haus stand, überfiel mich eine Idee. Russen lag die Kalaschnikow im Blut wie der Wodka. Auftragskiller schossen nationenübergreifend. Aber vielleicht war der russische Mietservice günstiger. Ostblockstaaten zeichneten sich ja allgemein durch Dumpingpreise aus. Wahrscheinlich war es nur eine Frage der Zeit, bis russische Trainerinnen die deutschen Fitnessstudios erobert haben würden. Trimm dich mit Tatjana, Knock-out durch Kalinka, nur die Härtesten würden überleben. Was wäre, wenn Gerd Jensen einen russischen Auftragskiller gemietet hätte, den Hund Laika zu erschießen? Das konnte die Verbindung sein, die Felix suchte. Bei 180 km/h auf der A96 tippte ich eine SMS an Felix:
Laika exhumieren lassen!
»Versteht er das?«, fragte ich Flipper. Ich setzte ein asap dahinter. Männer zeichneten sich zuweilen durch einen Hauch von Begriffsstutzigkeit aus.
Seit ich Anton Dürr kannte, hatte es höchstens ein Dutzend Trainings gegeben, bei denen seine Telefone schwiegen. Anton besaß drei Handys. Ein rotes, ein schwarzes und ein iPhone. Über Letzteres telefonierte er mit der Kanzlei und normalen Mandanten. Die schwarze Leitung war für seinen Vater reserviert – wenn er diese Gespräche annahm, war er hinterher schlecht gelaunt. Das rote Telefon hatte erst wenige Male geklingelt, und was danach folgte, hörte sich wirklich interessant an. Anton veränderte sich schon während des Klingelns. Sein weiches Gesicht wirkte entschlossener, er nahm Haltung an, und sein Körper zeigte eine Spannung, die ich mir in seinem privaten Fitnessstudio ebenfalls gewünscht hätte. Die roten Telefonate klangen wie böhmische Dörfer. Da gab es keine Namen, keine Orte, nur kryptische Bemerkungen. Als ich Anton einmal darauf ansprach, hatte er, der immer so freundlich zu mir war, schlichtweg nicht geantwortet. Aus Neugier hatte ich ihn zu Beginn unserer Bekanntschaft gegoogelt und staunend festgestellt, dass ich einen der bedeutendsten Anwälte für Wirtschaftsrecht vor mir hatte. Klar mussten die hin und wieder schweigen. Davon abgesehen war Anton nicht nur wohlhabend, sondern reich, und wenn sein Vater eines Tages seinen Jüngsten Gerichtstermin absolvieren würde, ohne den Sohn wegen Verfettung enterbt zu haben, sogar steinreich. Da lag die Frage nahe, ob man mit legalen Methoden überhaupt so reich werden konnte. Oder
Weitere Kostenlose Bücher