Sonst kommt dich der Jäger holen
dann würden wir sie für Felix apportieren. Er sollte wieder an seine Intuition glauben. Es schmerzte mich, wenn er an sich zweifelte. Ich war sicher, er war ein hervorragender Polizist. Immerhin hatte er mir im Frühjahr das Leben gerettet.
Dass ich keine Offizielle war, hatte leider nicht nur Vorteile, sondern bedeutend mehr Nachteile. Ich hatte keine Ahnung, was den Stand der Ermittlungen anging. Dies zu ändern, könnte ich mir erneut den Schlüssel zu Felix’ Wohnung leihen und hoffen, er hätte das Notizbuch auf dem Tisch liegen lassen und daneben sämtliche wichtigen Informationen in der richtigen Reihenfolge sortiert. Äußerst unwahrscheinlich.
Wie konnte ich mir also Informationen beschaffen, wenn mir die Kenntnisse fehlten, den Computer der Polizei oder Felix’ Gehirn zu hacken, und ich kein Verlangen nach einer Affäre mit einem Kollegen von Felix verspürte?
»Am besten wir fahren noch mal zum Wilden Hund und reden mit Maria Brandl. Vielleicht kommen wir so irgendwie weiter. Wir dürfen unsere Augen vor nichts verschließen, Flipper. Wir müssen objektiv bleiben. Für Felix. Wir müssen Felix helfen zu beweisen, dass die zwei Fälle ein Fall sind. Dann werden seine Vorgesetzten erkennen, dass nicht er, sondern sie den Fehler gemacht haben.«
Flipper sprang auf die Pfoten.
»Los geht’s!«, gab ich die Parole aus.
47
»Mei Frau is ned do«, rief Franz Brandl mir über den Gartenzaun zu, noch ehe ich mein Grüß Gott hinübergerufen hatte. Er sah anders aus als bei dem Kuss, der mich auch in meiner Erinnerung noch berührte. Fast hätte ich ihn nicht erkannt, obwohl er äußerlich derselbe war. Er wirkte bekümmert, verknittert, bedrückt.
»Und wann kommt sie wieder?«, fragte ich anstelle eines Grußes.
»Des wüsste ich auch gern«, murmelte er.
»Ist was passiert?«, fragte ich erschrocken.
»Des kanntma so sagen.« Er stemmte die Hände in die Seiten und betrachtete Flipper, der hoch konzentriert eine grüne Zaunlatte abschnüffelte, deren Lack in einem Maß abgeblättert war, das den Unterschied vom Schönen zum Stimmungsvollen markierte.
»Und was?«
»Ja mei«, sagte Franz Brandl. »Das tät Sie jetzt aber überhaupt nichts angehen.«
Flipper übernahm das Kommando. Er schnupperte sich vor bis zum Gartentürchen, stupste es auf und schmiegte sich an die Beine von Franz Brandl. Aus dem Haus drang schauerliches Jaulen.
»Ja, des geht natürlich nicht«, zeigte Franz Brandl sich einsichtig und befreite seinen bayerischen Gebirgsschweißhund Hallodri, der wild bellend auf Flipper zustürmte, obwohl er ein beträchtliches Stück kleiner war.
»Schöner Kerl«, entfuhr es mir, ohne schmeicheln zu wollen. Der rotbraune Rüde mit den seidigen Ohrenlappen war wirklich ein Prachtstück. Die beiden Jungs fetzten bellend nebeneinander durch den Garten, zwickten sich abwechselnd in den Nacken, wozu Hallodri im vollen Galopp hochsprang, manchmal mit allen vieren, und ich ging den rötlich gepflasterten Steinweg entlang auf das Haus zu. In der Mitte des Weges trafen wir uns und schauten den Hunden beim Spielen zu.
»Was wollen Sie überhaupt?«, fragte Franz Brandl nach einer Weile.
»Ich war hier ein paarmal spazieren, und da bin ich blöd angeredet worden von Russen.«
»Ach die.«
»Einer hat mich sogar bedroht.«
»Und warum erzählen Sie mir des? Ich bin keine Russe ned. Mit denen hab ich nichts zu tun. Die sind immer für sich, und meistens ist sowieso keiner da.«
»Ich habe gehört, dass sich manche Anwohner über die ärgern?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Ihre Frau …«, begann ich und wusste dann nicht weiter.
»Ja, die Maria.« Er sagte es in einem seltsamen Ton.
»Hat die mal was Unangenehmes mit denen erlebt?«
»Erschreckt hat sie wohl einer, aber ich glaub, das war keine Absicht, die hat halt nicht mit dem Kerl im Wald gerechnet. Mir persönlich sind Leute willkommener, die nicht da sind, als solche, die dauernd da sind, und wenn die, die eigentlich nie da sind, dann doch mal da sind und sich komisch verhalten, ist mir das noch immer lieber, als wenn sie immer da wären.«
»Und was machen die so, die Russen?«
»Des is mir wurscht.«
»Einer von den Russen hat meinen Hund bedroht. Er hat gesagt, er würde ihn abstechen wie ein Wildschein. Jetzt wollte ich wissen, ob die Laika vielleicht von einem Russen erschossen worden sein könnte.«
Franz Brandl kniff die Augen zusammen und legte den Kopf schräg. »Die Laika? Von am Russen?«
Ich nickte.
»Nie und
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