Sonst kommt dich der Jäger holen
der mit dem schwarzen Riesen konfrontiert wird, die Arme nach oben. Nicht diese zwei. Unbewegt blieben sie stehen. Sie beachteten Flipper gar nicht. Und mich eigentlich auch nicht, obwohl sie mich beide anblickten, doch ohne jegliche Mimik. Zeugen Jehovas hätten gelächelt.
»Können wir reinkommen?«, fragte der eine der beiden, der obwohl blond und blauäugig, genauso aussah wie der andere, der dunkelhaarig und braunäugig war. Kantige Gesichter über sportlichen Körpern mit Frisuren, denen auch häufiges Duschen nach hartem Training nicht das Stehvermögen raubte.
»Kennen wir uns?«, fragte ich.
Wie beim Synchronschwimmen zückten beide einen Ausweis, hielten ihn mir kurz vor die Nase und steckten ihn wieder weg.
Der Braune machte Anstalten, die Wohnung zu betreten. Ich versperrte ihm den Eingang.
»Kann ich Ihre Ausweise noch mal sehen?«
Die beiden wechselten einen Blick.
»Sie können sich über uns erkundigen«, sagte der Blonde. »Rufen Sie unsere Dienststelle an. Wir sind vom BKA , Bundeskriminalamt.« So sahen also Felix’ Feinde aus. Solche wie die hatten ihm seinen Fall weggenommen. Wegen solchen war er bei mir im Hinterhof gesessen, als hätte er jemanden erschossen.
»Und wo finde ich die Telefonnummer von Ihrem Klub?«, fragte ich.
»Zum Beispiel im Internet.«
»Ach, und Sie wissen die nicht?«
»Wie wollen Sie unsere Identität überprüfen, wenn wir Ihnen die Telefonnummer diktieren, unter der Sie dies tun sollen?«, fragte der Braune und zeigte seine Zähne. Ebenmäßig. Kräftig. Weiß. Flipper hatte sich neben mich gesetzt und wartete das Ergebnis der Verhandlungen ab.
»Moment«, sagte ich und schloss die Tür.
Sie reinlassen? Hatte ich eine Wahl? Tatsächlich beim BKA anrufen? Wenn sie das von sich aus anboten, stimmte es wohl, aber sie konnten sich vielleicht auch darauf verlassen, dass das alle glaubten, wenn sie es vorschlugen – und es deshalb unterlassen würden. Hoch gepokert, doch in diesen Gesichtern würde auch ein Royal Flash spurlos verschwinden.
Felix hatte mir einmal erzählt, dass die meisten Menschen, mit denen er beruflich zu tun hatte, sich anders verhielten als in Fernsehkrimis. Die waren nicht cool und ließen die Beamten abtropfen oder weigerten sich, Fragen zu beantworten, verspotteten oder beschimpften die Cops. Oder behaupteten: Das geht Sie einen feuchten Dreck an. Die meisten Menschen arbeiten anstandslos mit der Polizei zusammen – so lange sie nichts zu verbergen haben. Und die Polizei hatte auch das Recht, Fragen zu stellen. Je nach Status des Gegenübers – ob Zeuge oder Beschuldigter – hatte die Polizei verschiedene Möglichkeiten. Deshalb gab es ja die Belehrung. Bei der Eignungsprüfung zur Polizistinnenfreundin war ich vielleicht durchgefallen. Ich hatte keine gute Personenbeschreibung meiner beiden Angreifer liefern können. Vielleicht konnte ich jetzt ein bisschen gutmachen. Ich würde Felix Rückendeckung geben. So öffnete ich die Tür, bat die beiden Männer herein und forderte Flipper mit einem Handzeichen auf, sich ins Platz zu legen.
Der Blonde machte Anstalten, mein Wohnzimmer zu betreten.
»Nein«, sagte ich.
Er zuckte mit den Schultern und lehnte sich an die nun geschlossene Eingangstür, womit er sie blockierte, was mir nicht gefiel.
Sein Begleiter kam ohne Umschweife zur Sache: »Wir wollen wissen: Was haben Sie am Wilden Hund gemacht? Bei diesem Haus im Wald?«
»Welches Haus?«, fragte ich, um Zeit zu gewinnen. Sollte ich ganz offen fragen: Das Haus von der Russenmafia? Oder brachte ich Felix damit in Schwierigkeiten? Ich beschloss, jede meiner Aussagen daraufhin abzuklopfen: Felix schützen , lautete meine Mission. Mir würde nichts von dem herausrutschen, was er mir über den Fall erzählt hätte. Ich kannte keinen Herrn Kreitmayer, und niemals hatte ich Felix’ Schlüssel entwendet. Diesmal würde ich erst denken, dann reden oder handeln. Ich musste mich so verhalten, dass niemand auf die Idee kommen würde, ich verberge irgendetwas.
Der Braune sagte: »Sie wissen, welches Haus.«
»Ach, Sie meinen das mit den unfreundlichen Bewohnern?«
»Können Sie das präzisieren?«
»Es könnte ein Rumäne gewesen sein, ein Pole, Tscheche, irgend so was.«
»Wer?«
»Der Mann.«
»Wie sah er aus?«
»Wie ein Rumäne.«
»Woher wissen Sie, wie ein Rumäne aussieht?«
»Na, er hat so komisch gesprochen, also nicht komisch, eben mit Akzent. Osteuropäisch.«
»Was glauben Sie?«
»Ich weiß nicht. Jedenfalls war es
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