Sonst kommt dich der Jäger holen
wir ihm sowieso nicht glauben, hat jetzt ein Alibi für die Tatzeit, das er gar nicht gebraucht hätte, meine ich, wenn er bei der Wahrheit geblieben wäre. Aber jetzt hat er für die falsche Tat ein vielleicht echtes oder falsches Alibi. Es täte mich nicht wundern, wenn der sein Alibi abstreitet. So einen wie den hatten wir noch nie.«
»Ach ja?«, versuchte ich harmlos zu klingen, während ich auf einen Bierfilz starrte, von wo mich ein dickes Mönchsgesicht angrinste. Mir war ein wenig flau zumute. Gab es einen Paragraphen für die Anstiftung zum Alibi?
»Franza?«, fragte Felix.
»Ich komm gleich wieder.«
Ich stand auf, zeigte Flipper das Handzeichen für Bleib und ging zur Toilette. Dort schöpfte ich kaltes Wasser in mein Gesicht und versuchte, klar zu denken.
Wenn ich Felix gestand, dass ich hinter diesem Alibi steckte, war alles kaputt.
Als ich zurück zum Tisch kam, wartete die Pasta auf mich. Hungrig machte ich mich drüber her. Felix schaute mir grinsend zu. »Ich mag Frauen mit großem Appetit«, sagte er.
»Möchtest du einen Rotwein dazu?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich bleib lieber nüchtern.«
»Hat das einen Grund?«
»Nüchtern ist doch schön, oder?«, flirtete ich ihn ein wenig an.
»Ich würde gern deine SMS decodiert haben.«
»Sag bloß, du hast die nicht begriffen?«, schäkerte ich.
»Ich glaube schon. Die Frage dient lediglich der Überprüfung meiner Kompetenz in Sachen Franza Fischers Logik.« Er räusperte sich. »Du bist nicht schwanger?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Aber das hast du mir doch mitgeteilt. Chiffriert.«
Ich überlegte, was genau ich geschrieben hatte. »Als Kind habe ich mir immer ein Pferd gewünscht. Das habe ich geschrieben, oder?«
»Ja.«
»Und das bedeutet in deiner Dechiffrierung, dass ich nicht schwanger bin?«, staunte ich.
Er zögerte, dann nickte er.
Ich prustete laut heraus. »Als du dein Essen sehr scharf haben wolltest, dachte ich, Wahnsinn, wir haben so viele Gemeinsamkeiten.«
»Das ist Franza-Fischer-Logik!«
»Nein, das ist Logik!«
»Also bist du doch schwanger?« Er starrte mich an, und ich versuchte in seinen Augen zu lesen, was ein Ja für ihn bedeuten würde. Er ließ mich nicht rein.
»Ich weiß es nicht. Es war jedenfalls sehr gefährlich – am dreizehnten Tag.«
»Wann weißt du es?«
»Das müsstest du eigentlich wissen … als Vater.«
Er zuckte zusammen.
»Von Sinah«, schob ich erschüttert nach.
Das war deutlich gewesen. Er wollte das nicht, was ich auch nicht wollte, aber weil er es nicht wollte, wollte ich es doch, nein, ich wollte es wollen. Jedenfalls wollte ich, dass er wollte, damit ich nicht zu wollen brauchte.
»Den Test kannst du schon zwei Tage vor dem erwarteten Zeitpunkt deiner nächsten Regel machen«, klärte er mich auf.
Verblüfft nickte ich. »Aha.« Ich hatte geglaubt, damit müsste ich warten, bis die Regel ausgeblieben war.
»Und was hat es nun mit dieser rätselhaften SMS auf sich?«, fragte er.
»Ich kenne einen, der könnte die mit dem Pferdekopf kennen. Er hört sich mal um.«
»Du kennst einen, bitte was? Wer?« Felix beugte sich vor.
»Der kennt sich aus.«
»Womit?«
»Der Mafia.«
Felix atmete tief durch. »Franza, ich weiß, dass du mir helfen willst.« Er sah aus, als hätte er mich am liebsten gepackt und geschüttelt. Er stülpte sich ein Lächeln darüber, das mich nicht beruhigte. »Aber am meisten hilfst du mir, indem du gar nichts tust. Es macht mich wahnsinnig, wenn ich zu allem Ärger, den ich sowieso schon habe, auch noch dauernd darüber nachdenken muss, was du als Nächstes anstellst. Heute Nacht hast du großes Glück gehabt. Sie waren höchstwahrscheinlich unbewaffnet. Sie haben nicht mit Widerstand gerechnet. Zwei Typen, eine Frau, das ist nicht mal ein Warm-up für solche Schläger. Einer hält fest, der andere …« Felix brach ab, und in seinem Gesicht las ich sein Entsetzen, und so bekam ich doch noch einen Stich ab. Mitten ins Herz.
»Russen?«, desinfizierte ich mit Wodka.
»Es gibt keine Russen für dich, verdammt noch mal. Lieber wär es mir, es wären irgendwelche Besoffenen gewesen.« Felix stöhnte. »Das wär der blanke Wahnsinn. Franza Fischer gegen die Russenmafia.«
»Also glaubst du es doch!«
»Ich will es nicht glauben! Denn dann, Franza, weiß ich nicht, wie ich dich beschützen soll. Wenn die einen Schlägertrupp losschicken, dann haben die einen Grund. Was vermuten die, wer du bist, was du weißt? Wie bist du in deren Fokus
Weitere Kostenlose Bücher