Sonst kommt dich der Jäger holen
kein Deutscher.«
»Was hat er genau gesagt?«
»Dass ich weggehen soll.«
»Wie hat er es gesagt?«
»Weggehen, ich weiß nicht, irgendwas.«
»Versuchen Sie sich zu erinnern.«
»Das ist schon so lange her.«
»Wie lange genau?«
»Also … Das war letzte Woche irgendwann.«
»Wann letzte Woche?«
»Das weiß ich doch jetzt nicht mehr.«
»Haben Sie einen Kalender?«
»Nein«, behauptete ich.
»Dann versuchen Sie sich zu erinnern.«
»Das hab ich schon.«
»Nehmen Sie sich Zeit. Wir sind nicht in Eile.«
Die beiden schauten mich frontal an, nicht beleidigt oder unsympathisch, sie schauten blicklos, wie Scanner. Ich hatte den Verdacht, dass sie alles registrierten, vielleicht sogar die Intensität meines Atems, meinen Pulsschlag, konnte man den nicht in den Pupillen erkennen?
Ich hielt den Kopf leicht schräg als würde ich nachdenken, kniff die Augen zusammen und nannte dann – »Am Mittwoch letzte Woche war es« – irgendeinen Tag, der Mittwoch bot sich an, fand ich, einen Mittwoch verwechselte man leicht mit einem Dienstag oder Donnerstag. Davon abgesehen konnte ich mich wirklich nicht erinnern.
»Und wann noch?«
»Am Tag danach vielleicht.«
»Haben Sie an beiden Tagen mit dem Mann gesprochen?«
»Nein.«
»Bitte beschreiben Sie den Mann.«
»Mittelgroß, mittelalt, mitteldick.«
Wieder wechselten Sie einen Blick.
»Sind Sie dort noch weiteren Personen begegnet?«
»Nein.«
»Sie behaupten also, Sie hätten nur diesen einen Mann gesehen?«
»Und einen Jogger mal, glaube ich.«
»Und wen haben Sie sonst noch gesehen?«
»Niemand?«
»Wenn Sie genau nachdenken?«
Ich schwieg.
»Sind Ihnen sonst keine anderen Personen aufgefallen?«
»Wieso fragen Sie immer das Gleiche?«
»Weil ich die Wahrheit hören will.«
»Glauben Sie, meine Erinnerung wird wahrer, wenn Sie öfter danach fragen?«
»Was haben Sie an dem Haus gesehen?«
»Mauern.«
»Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen?«
»Ich habe mir gedacht, dass ich da auch gern wohnen würde.«
»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Warum sind Sie dort spazieren gegangen?«
»Weil ich einen Hund habe.«
»Warum dort?«
»Weil ich da noch nie war.«
»Sie waren also das erste Mal an diesem Haus, als Ihr Hund die Waffe gefunden hat?«
Überrascht musterte ich den Blonden. Aber natürlich. Das wusste der. Ich nickte.
»Danach sind Sie noch einige Male dort gewesen. Wie oft?«
»Zwei-, dreimal.«
»Also dreimal?«
»Kann sein.«
»Auch viermal?«
Ich schwieg.
»Warum?«
»Weil es dort schön ist.« Mir wurde heiß. War das jetzt eine offizielle Vernehmung? Dann hatte Felix mich bislang mit Samthandschuhen angefasst.
»Wo waren Sie denn heute vor drei Monaten, beispielsweise im Juni spazieren?«, fragte der Braune.
»Am Starnberger See.«
»Wo genau?«
Worauf wollten die hinaus? Wollten die überprüfen, ob ich ihnen das mit dem Hochsitzfall verschwieg?
»In Wampertskirchen, in Feldafing, in Seeshaupt.«
»Wie oft waren sie in Seeshaupt?«
»Einmal.«
»Also ist das keine typische Gewohnheit von Ihnen, dass Sie so oft an einen Ort fahren.«
»Wenn es da schön ist.«
»Und das ist es nicht in Seeshaupt?«
»Doch.«
»Aber?«
»Zu viele Leute.«
»Und die gibt es dort nicht, nur den Mann, der Sie vom Grundstück vertrieben hat?«
»Ja.«
»Also waren Sie auch auf dem Grundstück?«
»Nein! Ich war vor dem Haus. Man kommt ja gar nicht rein.«
»Das Tor war immer zu?«
»Ja.«
»Jedes Mal?«
»Ja!«
Der Blonde griff in seine Jackentasche und hielt fünfzig Zentimeter vor meinen Augen ein Foto in die Luft. Das Tor zum Haus war offen, und am rechten Bildrand erkannte ich Flipper. Ich wollte nach dem Foto greifen. Er zog es weg und steckte es wieder ein.
»Sie verstehen sicher, dass wir ein wenig an Ihren Angaben zweifeln müssen?«
»Das hat doch nichts mit mir zu tun, wenn das Tor mal offen war.«
»Womit denn dann?«
»Da ist ein Auto rausgefahren.«
»Was für ein Auto?«
»Wenn Sie selbst da waren, werden Sie das ja wohl wissen, bestimmt haben Sie auch ein Foto davon.«
Wieder wechselten Sie einen Blick.
»In welcher Beziehung stehen Sie zu Hauptkommissar Tixel?«, fragte der Blonde.
»Ich kenne ihn flüchtig.«
»Was verstehen Sie unter flüchtig?«
»Er leitete die Ermittlung in einem Fall, bei dem ich Zeugin war. Und Geschädigte. Aber das wissen Sie doch selbst. Haben Sie nichts Besseres zu tun als dauernd Sachen zu fragen, die Sie ohnehin
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