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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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klaffende Wunde presste, aber dennoch schoss Blut in Strömen hervor. Keuchend hob Jonathans sein Schwert zur Parade, aber der andere Pirat war glücklicherweise noch nicht soweit. Das rote Zeug in Jonathans Adern wirbelte pochend und wütend umher und bei jedem einzelnen Herzschlag prügelte ein riesiger Hammer gegen Brust und Hals.
    Luft, dachte er, Luft.
    Warum war es nur so verflucht dunkel hier?
    Jonathan riskierte einen kurzen Blick zu seinem Bruder. Da! Corin hatte sich aus dem Segeltuch befreien können! Der riesige Hammer prügelte dieses Mal gegen Jonathans Kopf. Da stand ein Pirat hinter Corin, noch ein Satz und der Mörder würde bei seinem Bruder sein! »Corin!«, wollte Jonathan warnen, aber stattdessen richteten sich seine Nackenhaare auf und die wiederum brachten keinen einzigen Mucks raus, wie man es von Nackenhaaren eben auch gewöhnt war.
    Ein Balken kam auf Jonathan zugeschossen, zugerast.
    Das schwere Holz rammte seine Brust und trieb das letzte bisschen Atem aus Jonathans Lungen. Er verspürte keinen Schmerz, als sein Körper hinfort katapultiert wurde, aber er spürte einen Druck im Rücken, sah Holzteile und Splitter um sich herumfliegen, die erst nach oben stiegen, sich um alle Achsen drehten – und einfach nicht mehr der Schwerkraft gehorchen wollten.
    Jonathan sah den Sternenhimmel, als er nach hinten fiel.
    So viele Sterne. So viele Holzsplitter. Das Licht der Feuer an Bord der Maria Van Brügge gab den Splittern ein rot-gelbes Leuchten, in seltsamem Kontrast zu den blau-weißen Sternen.
    Die Sterne funkelten, die Splitter rotierten.
    Jonathan fiel.
    Er spürte den Drang zu atmen, aber scheinbar hatte jemand seine Lungen entfernt.
    Weiter und weiter kippte er nach hinten, bis er das Gefühl hatte, nahezu auf dem Kopf zu stehen. Oder hatte er sich schon einmal komplett gedreht?
    Dann ward es nur noch Dunkel um ihn herum, die Sterne und die Splitter – sie waren verschwunden. Wo war er? Fiel er immer noch? Wo war das Schiff? Wo war Corin? Wo war…
    Ein eiskalter Wind blies in seine Haare, so kalt, dass Jonathan fürchtete sein Kopf würde platzen oder verschrumpeln oder schrumpelplatzen, was auch immer Letzteres sein mochte. Die Eisluft traf ihn wie eine zähe Wand aus Gelee, erreichte nun auch seine Stirn, seine Augen, die Nase, das Kinn. Er wollte die Arme bewegen um die Wand fortzudrücken, aber seine Glieder gehorchten ihm nicht. Oder nicht schnell genug. Jonathan stürzte in die Wand, immer tiefer hinein, sie überzog seine Brust, seine Hüften, schließlich seine Beine.
    Überall war eisige Kälte, eine grauenhafte, eisige Kälte.
    Atme! Der Gedanke schrillte durch Jonathans Gehirn und verdrängte alle anderen mit einer Heugabel. Atme!
    Er öffnete den Mund und spürte, wie sich die kalte Wand einen Weg in sein Inneres bahnte.
    Atme!
    Aber es ging nicht. Jonathan konnte nicht atmen. Panik stieg in ihm auf.
    Atme! Sein Hals verkrampfte sich, sein Rachen bebte, er spürte etwas Warmes aus seinem Mund aufsteigen, etwas, das gefälligst in seinem Magen hätte bleiben sollen um sich wenn überhaupt in die andere Richtung zu bewegen.
    Er starrte auf seine Nasenspitze. Die war noch da, wo sie hingehörte. Eine wabernde Blase stieg vor seinen Augen auf, soviel konnte er in der Dunkelheit gerade noch sehen. Die Blase stieg weiter nach oben, an die Oberfläche. Wasseroberfläche!
    Jonathans Panik kannte keine Grenzen mehr. Er ruderte mit den Armen und strampelte mit den Beinen wie ein Besessener. Seine Kehle krampfte in Würgereflexen.
    Sein Kopf durchstieß die Wasserlinie und sein Hals explodierte. Jonathan Giles spuckte Wasser, hustete, versuchte verzweifelt Luft zu schnappen, aber noch versperrte Flüssigkeit den Weg zu seinen Lungen. Er schlug um sich und seine Hände prallten auf die Wasseroberfläche. Wie von Sinnen schüttelte er den Kopf, würgte, prustete. Ein Schwall Erbrochenes drückte aus seinem Magen und schwappte in die See.
    Es war, als ob sich seine Luft- und die Speiseröhre heimlich zu einem Armdrücken verabredet hätten. Die Speiseröhre erwies sich jedoch als schlechter Verlierer und haute der siegenden Luftröhre mit einer Bratpfanne, von der weder Speise- noch Luftröhre wussten, wo sie verdammt noch mal herkam, mächtig eins über.
    Endlich, endlich, war da ein wenig Freiraum. Ein Luftzug erreichte Jonathans gequälte Lungen und machte es sich gemütlich.
    Doch immer wieder wollte das Wasser in seinen Mund zurück, trotz seines Strampelns und Ruderns. Etwas zog ihn

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