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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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küssen, mit Liebkosungen überhäufen, unendlich tief seinen Geruch aufsaugen, ihre Nasenspitze auf seiner verschwitzten Brust reiben, ihn fest an sich drücken. So fest wie es nur irgendwie möglich sein würde.
    Das dünne Glas des Kugelspiegels zersprang in vier kleine Stücke, als Margarete mit einem schweren Kamm danach warf. Europa hatte ein Kunstwerk weniger.

    71 Jammern, klagen; von Lamento, dem Klagegesang

12 Die blutrote Sonne nahm Abschied von diesem Tag. Corin lehnte an den Gitterstäben seines Käfigs und sah ihr hinterher.
    Um den Hauptmast herum hatte man die wertvollsten Beutestücke aufgestapelt. Da lagen Seidentücher neben Pelzen, und eine große Truhe barg verschiedenste Schmuckstücke aus Gold und Silber. Ein paar Ziegen und Schweine hatte man in einem der Laderäume des Raben verstaut. Was sonst noch an Bord des Frachters war, hatte man mit diesem auf den Grund des Meeres geschickt.
    Corin drehte sich um und sein Blick wanderte über den Roten Raben. Die meisten Piraten hatten sich an Deck versammelt. Einige rollten Bierfässer in Position, andere bereiteten eine Feuerstelle mit einem großen Rost als Grill vor, wieder andere saßen oder standen herum und unterhielten sich. Es waren deutlich weniger Seeräuber, als Corin noch zuvor gesehen hatte. Viele hatten den heftigen Kampf nicht lebend überstanden. Von großer Trauer war nichts zu sehen. Gevatter Tod, mutmaßte Corin, war wohl das einzige ständige Besatzungsmitglied.
    Sechs Matrosen des Frachters, die sich frühzeitig ergeben oder anderweitig als Piratensympathisanten zu erkennen gegeben hatten, standen in einer Gruppe mit ein paar Seeräubern. Thore war auch dabei. Die Gruppe lachte und man schien sich prächtig zu amüsieren. Die Neuen waren mit einem kurzen Schwur offensichtlich schon in die Familie aufgenommen worden und viele umherzeigende Piratenextremitäten zeugten davon, dass man die Novizen 72 bereits mit Aufgaben auf dem Schiff vertraut machte.
    Corin schätze die Verluste seitens der Piraten auf fünfzehn Mann. Sechs waren nun flugs wieder hinzugekommen.
    Weiter hinten saß Johann und spielte ein ruhiges Lied auf seiner Fiedel und sang dazu.
    Tristan hieß der Leviathan 73 ,
    der das nördliche Wasser durchschwamm,
    War hungrig, einsam, alleine und traurig,
    und suchte nach seinem Stamm,
    Sah n Schiff in der Ferne, ganz unter Zeug,
    die Fremden musste er seh’n,
    Schwamm zu ihnen hin, den Weg zu erfragen,
    doch die wollten ihn nicht versteh‘n.
    Tristan, oh Tristan, du sollst doch nicht fragen,
    Die Menschen, haha, die woll’n dich nicht haben,
    Drum schluck sie doch runter, rein in den Magen,
    Nur Seeräuber Johan, den sollst du nicht laben 74 .
    Wie lange saß er jetzt schon in diesem Käfig? Wie lange war er damals bewusstlos gewesen? Corin hatte keine Ahnung. Vielleicht war eine Woche vergangen, seit dem Überfall auf die Maria Van Brügge. Vielleicht zwei. Oder noch mehr?
    Die See wurde dunkel, die Nacht brach herein,
    da sah der Tristan ein Boot.
    Doch als der Fischer an Bord ihn erblickte,
    schwang dieser gleich drohend sein Lot 75 .
    Ich bin kein Fisch, beschwerte sich Tristan,
    warum also stellst du mir nach?
    Der Fischer warf und verfehlte das Monster,
    das Boot aber traf er, es brach.
    Tristan, oh Tristan, du sollst doch nicht fragen,
    Die Menschen, heyhey, die woll’n dich nicht haben,
    Drum schluck sie doch runter, hinein in den Magen,
    Nur Seeräuber Claas, den sollst du nicht laben.
    Das Leben würde weitergehen, zumindest bis er starb, resümierte Corin und musste ob seiner genialen Erkenntnis schmunzeln. Er war der letzte Giles auf Erden. Sein Vater und Jonathan waren tot. Er konnte sich nicht einmal darauf freuen, den Mördern seiner Familie jeweils alle drei Beine abzuhacken. Die Mörder seiner Familie waren bereits tot.
    Der Tag war noch jung, Meer und Wind waren lau,
    da kamen Piraten in Sicht.
    Der Käpt’n sah Tristan und schon war ein Grinsen
    auf des Seeräubers Narbengesicht.
    Da ist, wo du hin sollst, sprach’s der Pirat,
    und zeigte aufs Blau über’m Meer.
    Im Himmel, freut’s Tristan, und ging auf die Reise,
    Piraten, ich danke euch sehr.
    Tristan, oh Tristan, du sollst doch nicht fragen,
    Die Menschen, hoho, die woll’n dich nicht haben,
    Drum schluck sie doch runter, schwups in den Magen,
    Nur Seeräuber Thore, den sollst du nicht laben.
    Was trieb einen Menschen wie Thore dazu, Seeräuber zu werden, fragte sich Corin. Was trieb überhaupt jemanden dazu, Seeräuber zu werden?
    Corin

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