Sophia oder Krieg auf See
Vorfreude den Mast hinunter auf das Deck, als Claas auch schon seine Befehle herumbrüllte, den Raben für den Angriff vorzubereiten.
Keine halbe Stunde später hatte der Rote Rabe den Gegner mittschiffs gerammt. Die Enterhaken flogen und nur wenige Augenblicke später lagen beide Schiffe längsseits.
»Angriff!«, grölte Claas und das musste sich Corin wahrlich nicht zweimal sagen lassen. Er stürzte sich mit seiner Cinquedea in den Kampf und der erste Gegner, der sich ihm in den Weg stellte, war bereits mit der dritten Attacke ausgeschaltet, wie Corin es zu nennen pflegte.
Corin stürmte weiter auf die andere Seite des Schiffes, wo sich ein älterer Seefahrer aufhielt. Corins Präsenz schien den Mann schwer zu beeindrucken, denn er fuchtelte nervös mit seinem Säbel und machte einen Schritt zurück. »Du!«, schrie Corin den Alten durch das Getöse auf Deck an, »wenn du die Geldgeier verteidigen willst, dann kämpfe! Sonst gib auf!«.
Das musste der Seefahrer sich nicht zweimal sagen lassen, denn offensichtlich hatte er nicht die geringste Lust für seinen Schiffsherrn zu sterben. Der Mann ließ den Säbel fallen und hob die Hände. »Leg dich auf den Boden, die Arme ausgestreckt«, befahl Corin und der Mann gehorchte. Corin grinste. Er nahm den feindlichen Säbel und warf ihn über Bord.
Nach einer weiteren halben Stunde war alles vorbei. Die gegnerische Besatzung hatte sich entweder ergeben, war über Bord gesprungen oder lag tot an Deck.
Nur der Schiffsherr war noch übrig. Zitternd stand der in Seide gekleidete, stämmige Mann mit den buschigen, roten Augenbrauen an der Reling und wartete auf die Erfüllung seines Schicksals.
Wie sehr Corin dieses arrogante und gierige Pack hasste. Dicke Goldringe an den Fingern waren Beweis genug. Dieser Mann bereicherte sich auf Kosten der Ärmsten, das war ganz offensichtlich. »Los, du miese, fette, feige Goldratte. Spring!«, forderte Corin den Kaufmann auf und seine Cinquedea zeigte nun direkt auf den Hals des Schiffsherrn.
Der Mann grunzte ängstlich und sprang über die Reling. Als es laut platschte, jubelten die Piraten los. Lachend warf Corin dem Mann noch ein herumliegendes Brett hinterher.
Der Kampf war gewonnen.
22 Noch ein Wort, dachte Margarete.
Noch ein einziges Wort und sie würde die Schriftrolle nehmen und diese höchstpersönlich Herzog Jonsson in den Schlund stecken. Danach würde sie ihm den Kopf runterreißen. Nein, besser noch, sie würde ihm erst den Kopf runterreißen und ihm dann die Schriftrolle in sein Maul stopfen. Nun, wie die Prozedur nun auch genau aussehen würde, war eigentlich unerheblich, Hauptsache, die unterhaltsamen Elemente Kopf abreißen und Schriftrolle reinstopfen waren irgendwie darin untergebracht.
»Eure Hoheit, wir Vertreter des schwedischen Reichsrates«, fuhr Herzog Jonsson in seinem arroganten Singsang fort, »haben Euch die Regentschaft nicht übertragen, um zuzusehen, wie eine Bande Piraten Teile des Landes besetzt hält«. Margarete tat das, was sie tun musste. Sie lächelte verständnisvoll und nickte zustimmend. Genau so würde sie es auch tun, wenn sie es sich irgendwann leisten konnte, Jonsson mit Schriftrollen in sämtlichen Körperöffnungen die Rübe absägen zu lassen.
Die Sitzung des schwedischen Reichsrates war wie so häufig eine Katastrophe. Die siebzehn werten Herren der Aristokratie waren aufsässig und nörgelten an allem herum, was Margarete auf den Tisch brachte. Die Königin hätte verzweifeln können. Norwegen, Dänemark, die fernen Inseln sowieso, alles unter Kontrolle. Aber ihre Schweden! Sie seufzte kurz, doch Jonssons Redefluss brachte das nicht ins Stocken.
Viele Menschen mochten glauben, ein König oder eine Königin würde mit unumschränkter Macht über das Volk regieren. Aber dem war häufig eben nicht so. Verwehrte ein Stand dem Herrscher geschlossen den Dienst, war König oder Königin schnell ein Fall für ein ziemlich scharfes Beil und einen ziemlich unappetitlich bekleckerten Richtblock. Margarete war vorsichtig, sehr vorsichtig.
Jonsson redete weiter und die Königin gab den interessierten Zuhörer. Niemand ging ihr so sehr auf die Nerven, wie diese Schweden. Na ja, gut, die Kaufmannsliga, die Hanse, die ging ihr auch mächtig auf die Nerven, mit all ihren Forderungen und Erpressungsversuchen und Sonderwünschen. Und auch von denen war sie abhängig, denn niemand sonst besaß eine Infrastruktur im Handelswesen wie eben diese Liga. Sie seufzte stumm. Die Schweden und die
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