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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Postskriptum zu lesen, das, so hoffte Jonathan, nicht doch noch etwas Kompromittierendes 104 enthielt. »So, so« brummte Conrad ein drittes Mal, reichte den Brief einem Schreiber und setzte von seinem Thron aus Jonathans Musterung fort.
    »Ihr seid also schnell mit dem Schwert und demütig in Eurem Glauben?«, erkundigte sich der Hochmeister mit sonorer, weicher Stimme. »Ja, ehrwürdiger Hochmeister«, antwortete Jonathan so gehorsam wie er konnte und er konnte sehr gehorsam, wenn er nur wollte. »Oder eher demütig Eurem Schwert und schnell in Eurem Glauben?«, setzte Conrad die Befragung nicht ohne eine hörbare Spur Sarkasmus fort. »Ganz bestimmt nicht, ehrwürdiger Hochmeister«, antwortete Jonathan unterwürfig und so folgsam, dass er froh war, dass draußen gerade kein Gänseschwarm vorbei flog, weil er sich sonst vermutlich quakend und folgsam mit den Armen flatternd aus dem Fenster gestürzt hätte.
    »Ich bin froh das zu hören«, resümierte der Hochmeister. »Singe mir den dritten Vers des Ave Mater Summi Regis«, forderte er prüfend und Jonathan bemerkte, dass die leisen Gespräche der anderen Ordensmitglieder im Saal abrupt verstummten.
    Zudem bemerkte Jonathan, dass sein Herz in einem lustigen Stakkato abwechselnd stehen blieb und sich überschlug. Aus den Augenwinkeln erhaschte er einen Blick auf die Gesichter der Anwesenden, die einen Mordsspaß erwarteten. Am Kartentisch stand gar ein blutjunger Bursche mit langen Haaren, der die Frechheit besaß, Jonathan schamlos anzugrinsen.
    Der junge Giles räusperte sich in einem verzweifelten Versuch seine Stimmbänder zu reinigen. Sein Mitleid galt all den Vögeln, die in wenigen Augenblicken mit implodierten Hirnen von den Bäumen fallen würden. Aber er würde es tun. Ja, er würde jetzt singen. Jonathan berechnete eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 3, dass dadurch die himmlischen Sphären auf der Stelle aufhören würden, zu existieren.
    »Ave«, platzte es in hoher Fistelstimme aus Jonathans Kehle und stürzte sich auf vier Dutzend unschuldiger Trommelfelle. »Mater«, folgte es völlig willkürlich eine falsche Oktave tiefer und mehrere Trommelfelle schrieben in Panik ihren letzten Willen nieder. »Summi«, schloss sich gnadenlos ein weiteres Wort an und schwang in einer Frequenz, die Conrad Von Jungingen an das Scharnierquietschen von Sargdeckeln erinnerte. Der Hochmeister verdrehte die Augen und gebot Jonathan mit erhobener Hand Einhalt.
    Der Kerl mit den langen Haaren, der etwa Jonathans Alter haben mochte, grunzte unkontrolliert vor Lachen und stand kurz vor einer profunden Ohnmacht. Jonathan bat die himmlischen Sphären inständig, endlich aufzuhören zu existieren. Aber die Sphären hatte keine Lust nicht zu sein.
    »Knappe Thomas«, wandte sich der Hochmeister an den jungen Burschen am Kartentisch, »ihr grinst so erfrischend. Dann lasst Ihr mal hören«. Der Gesichtsausdruck von Knappe Thomas entglitt dessen Kontrolle und war vergleichbar mit dem eines Einarmigen, dem man soeben befohlen hatte sieben glühend heiße Bratpfannen über dem Kopf zu jonglieren. Jonathan hätte die Sphären knuddeln können vor Freude und er konnte sich ein sehr sanftes, sehr kleines und sehr böses Lächeln nicht verkneifen.
    Thomas’ Haltung wurde steif und er intonierte die ersten zwei Silben. »Ave«, kroch es aus seiner Kehle und er deckte in schneller Reihenfolge willkürlich sämtliche Töne sämtlicher Tonleitern ab. »Mater«, folgte erbarmungslos die zweite Vokabel und wieder dachte eine Reihe von Trommelfellen an Freitod.
    »Aus!«, polterte Hochmeister Conrad in beträchtlicher Lautstärke. »Raus ihr beiden. Auf den Übungsplatz. Aber schnell, geht mir aus den Augen«.
    Das musste sich Thomas nicht zweimal sagen lassen. Er verbeugte sich hastig, hastete zu Jonathan hinüber, packte ihn am Arm und zog ihn hinaus aus dem Saal. Jonathan bekam noch so etwas wie eine Verbeugung in Richtung Hochmeister hin, dann folgte er gehorsam dem Knappen.
    Einer der Ritter vom Kartentisch trat langsam an den Hochmeister heran, während beide noch den zwei Burschen hinterher sahen. Der Ritter war von massiger Gestalt und seine grauen Augen passten perfekt zu seinem graumelierten Haar.
    »Bruder Von Cord«, seufzte der Hochmeister und schüttelte den Kopf, »was machen wir mit diesen Jungen?«. Von Cord steckte seine Daumen zwischen Gürtel und Bauch, wie er es häufiger tat, und sein rechter Ellenbogen ruhte auf dem Knauf seines Kurzschwertes. »Wenn wir sie geschickt

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