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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Boden getrommelt oder mit Seehunden jongliert oder geheult oder sich im Fischerboot festgebissen oder vielleicht einfach laut gebetet. Vielleicht hätte er sich auch einfach ein Bündel Möwen gegriffen und gehofft, die Viecher würden ihn zu Sophia rüberfliegen. Er hätte auf einem Schweinswal reiten können oder einem Rudel Seegurken.
    Aber wozu?
    Das Problem blieb. Sie hatte ihren Schwur, er den seinen.
    Und selbst wenn man entdeckte, dass Schwüre albern sind, sie hatte ihre Ehre und er die seine. Wenn man dann entdeckte, dass auch Ehre etwas furchtbar albernes ist, für einen Menschen, der weiß, wo er im Leben steht: Sophia hatte eine Verpflichtung, ein Ziel und einen Weg. Und Jonathan hatte seinen Weg. Das waren zwei unterschiedliche Wege. Und kein Ausweg in Sicht.
    Wenn er sie nur nicht so fürchterlich, so wahnsinnig, so unglaublich und unaussprechlich, so hirn- und herzzermalmend gigantomanisch vermissen würde.
    Jonathan hatte nicht die geringste Lust, sich vor Catharine und dem Wachposten lächerlich zu machen und loszuflennen. »Danke, Catharine«, murmelte er, »leb wohl«. Er gab seinem Pferd die Sporen.
    Der Weg nach Osten war weit.

    100 Bericht
    101 Rötlich-weißes Pferd

29 Fünf bis sechs Tage rechnete Jonathan für den strammen Ritt nach Marienburg, dem mächtigen Zentrum der Ordensritter.
    Sein Pferd, ein äußerst kräftiger und gutmütiger Flamländer mit rotbraun-weißem Fell, benötigte nur wenig Ruhe. Flamme, so taufte Jonathan den groß gewachsenen Fuchsschimmel kurzerhand, bewältigte die geforderten Etappen ohne Probleme.
    »Weißt du, Flamme«, plauderte Jonathan vor sich hin, als er am Abend des ersten Tages in einer Senke unter einem großen Baum sein Nachtquartier aufgeschlagen hatte und nun im Moos auf einer Decke lag, »sei bloß froh, dass du kein Mensch bist. Wie gerne wäre ich ein Pferd, das fröhlich über die Weiden trabt, ohne große Erinnerungen, ohne großen Schmerz«. Flamme schnaubte, als ob er ausdrücken wollte, wie sehr sich Jonathan da täuschte.
    »Du musst dir keine Gedanken darüber machen, was richtig ist oder falsch«, murmelte Jonathan, dem Schlaf ganz nah, »wann Gott dir zuhört und wann nicht, wie man die Welt... besser… macht…«. Jonathan atmete lauter. Flamme sah aus, als wäre er verdammt froh, das sinnlose Gequassel nicht länger mit anhören zu müssen. Stattdessen nahm er sich noch etwas Nachtisch von den Butterblumen, die um ihn herum wuchsen.
    In dieser Nacht träumte Jonathan er wäre ein Pferd.
    Er hopste über die Wiesen und Felder, fraß Blumen in jeder nur vorstellbaren Farbe und versuchte sich den Geschmack der unterschiedlichen Gräser zu merken. Sie schmeckten alle verschieden, ja, selbst die, die gleich aussahen, schmeckten mit jedem Halm ein kleines bisschen anders. Flamme stupste mit seiner großen Nase gegen Jonathans Bauch und brachte ihn zum Wiehern.
    »Also einen Wettlauf willst du?«, schnaubte Jonathan und Flamme nickte so heftig, dass seine Mähne durcheinander wirbelte. Die beiden preschten über die Weide, schlugen Haken, galoppierten weiter. Immer wieder kniff Flamme Jonathan in die Seite und der junge Giles wieherte sich vor Lachen die Lunge aus dem Hals.
    An einem kleinen Tümpel blieben sie endlich stehen. Jonathan sah sein lang gezogenes Gesicht mit den riesigen Nüstern in der Spiegelung des Wassers und er wackelte mit seinen Ohren. Toll! Er konnte die Ohren nach vorne und hinten drehen und zwar unabhängig voneinander. Flamme sah ihn mit großen, strahlenden Augen an und grinste breit. Hmmm, wie gut Flamme roch! Und wie schön es sich anfühlte, wenn Flamme den warmen, haarigen Bauch an seinem eigenen rieb. Und wie lustig es kitzelte, als Flamme an Jonathans langem Schweif schnupperte.
    Flamme, Moment mal. Du bist doch ein Hengst! Flamme, was machst du da? Nein, runter von meinen Rücken, nicht auf meinen Rücken…
    »Flamme!«, brüllte Jonathan aus Leibeskräften, erwachte aus seinem Traum und sprang in die Luft. Sein Pferd zuckte zusammen. Jonathan rappelte sich auf, hob mahnend den Zeigefinger Richtung Flamme, fand dann aber keine geeigneten Worte.
    »Guten Morgen«, murmelte er schließlich leise und ließ den Arm wieder sinken.
    Es war kurz vor Sonnenaufgang und der Weg, der vor Jonathan lag, war bis zum Horizont sichtbar. Die Küste erstreckte sich von Westen nach Osten und er musste nichts weiter tun, als diesem natürlichen Wegweiser zu folgen.
    Jonathan war einen weiteren Tag unterwegs, auf einer Strecke,

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