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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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es manchmal nötig. … Ich bin dir so dankbar, dass Du bis jetzt immer für mich da warst. Das ist das Allerschönste, was Du mir geben konntest, was es vielleicht gibt.« Hatte sie im Oktober 1938 an Lisa Remppis geschrieben, sie wolle ihm helfen, weil er ihr so leid tue, hat sich die Sache im Februar 1939 umgedreht: »Zu wissen, dass jemand da ist. Damit hilfst Du mir ja am allermeisten, dass Du mich lieb hast.«
    Sophie Scholl versucht, dem Minderwertigkeitsgefühl von Fritz Hartnagel den Boden zu entziehen. Sie macht ihn groß und sich klein: »Ich bedaure nur, dass ich Dir nichts geben kann, was für Dich wertvoll ist. … ich komme mir immer vor wie die Nehmende. Hab doch bitte Geduld mit mir. Wenn ich an Dir gewirkt habe, wie (es) nicht richtig war, dann vergib mir bitte. Ich habe Dich so sehr nötig. Deine Sofie.« Und weil nun sie es ist, die fürchtet, nicht die richtigen Worte getroffen zu haben und missverstanden zu werden, fügt sie hinzu: »Lass Dich doch durch diesen Brief nicht abhalten, mir wieder zu schreiben. Ich warte immer auf Deine Briefe. Ich denke sehr viel an Dich.« Sophie Scholl und Fritz Hartnagel haben die Gefühle gefunden und ausgesprochen, die sie befreien, aus dem Schweigen, aus den Widersprüchen.

EMPÖRUNG ÜBER DAS UNRECHT – WEITERHIN IM DIENST

Sudetenkrise und Novemberpogrom 1938
    Als Sophie Scholl am 14. September mit ihrer Schwester Liesl von einer Radtour gegen Abend nach Ulm zurückkommt, liegt die Stadt völlig im Dunkeln: »Wir haben schon geglaubt, es sei Krieg, weil soviel Soldatenzüge fuhren u. s. w. Ein Schutzmann in Ulm erlaubte uns, dass wir ohne Licht fuhren, der nächste verbot’s wieder. Dann gingen wir noch spazieren, das ist bei Verdunkelung sehr nett.« Die eher amüsiert erzählte Episode ist bis zum Jahresende 1938 in Sophie Scholls Briefen der einzige Hinweis auf die politische Lage nach ihrer Rückkehr aus den Sommerferien. Man könnte meinen, sie lebe auf einer Insel, unberührt von der Katastrophe, an deren Rand Hitler im September Deutschland und Europa führt; ungerührt von der Tragödie, die im November das jüdische Leben der Zerstörung und dem Untergang ein entscheidendes Stück näher bringt.
    Am 25. September 1938 meldet Fritz Hartnagel nach Ulm, dass die Krankheit endlich überwunden sei. Der Arzt bestehe aber darauf, dass er mindestens drei Wochen Erholungsurlaub nehme: »Im Grunde hätte ich ja nichts dagegen, aber in Anbetracht der politischen Lage wirst Du meine Kümmernisse verstehen, wenn ich zu Hause sitzen muss.« Er konnte davon ausgehen, dass Sophie Scholl wusste, was er meinte. Eine Woche zuvor, am 17. September, hatte Robert Scholl in einem Brief an Inge Scholl die politische Lage analysiert. Wäre Chamberlain, der britische Premierminister, nicht zu Hitler auf den Obersalzberg gefahren, so Robert Scholl, hätte es nicht nur einen europäischen Krieg gegeben, sondern einen »Weltbrand«. Mehr als eine Atempause für den Frieden sieht er allerdings nicht, auch wenn die Welt nicht mehr so blind sei wie 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges: »Doch bei Katastrophen sind die Vernünftigen den Tollheiten der Unvernünftigen meist nicht gewachsen.«
    Ein Blick zurück in das Frühjahr 1938, als – vor der Öffentlichkeit sorgsam verborgen – die Krise des Herbstes ihren Anfang nahm. Kaum hatte Adolf Hitler im März 1938 mit dem Einmarsch in Österreich und dem »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich seinen bisher größten Triumph gefeiert, legte er die Lunte an das nächste politische Pulverfass. Während die Deutschen ihn als Friedensfürsten feierten, richtete er seine Politik zielgerichtet auf Krieg aus. Am 30. Mai 1938 erhielt die Wehrmacht einen schriftlichen Befehl des Führers: »Es ist mein unabänderlicher Entschluss, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.« Spätestens in vier Monaten sollte die Armee die dazu nötigen praktischen Voraussetzungen geschaffen haben. Die Tschechoslowakei war nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1919 aus der gewaltigen Erbmasse der Donaumonarchie Österreich-Ungarn aus mehreren Nationen gebildet worden. Innerhalb der Grenzen des neuen Vielvölker-Staates lebten deutschsprachige Minderheiten in Böhmen und Mähren, die Sudetendeutschen. Sie waren für Hitler der politische Hebel, die gesamte ČSR zu zerstören und dem deutschen Machtbereich zu unterwerfen.
    Den ganzen Sommer über lief die nationalsozialistische Propagandamaschine auf

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