Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
Vom Netzwerk:
die Einzige, mit der sie solche Vertraulichkeiten austauscht: »Manchmal sehne ich mich danach, oft sogar, allein zu sein. Oder vielmehr ganz über mich verfügbar zu sein.« Und wieder ist das nur die eine Seite ihrer Sehnsucht: »Ich wollte, wir könnten einmal allein ein paar Tage fort.« Mit der Freundin kann sich Sophie Scholl sogar eine Gemeinsamkeit über den Tag hinaus vorstellen: »Wenn Du fertig bist in der Schule, können wir vielleicht eine Zeitlang zusammen studieren. Ich meine, in derselben Stadt. Man kann sich’s herrlich ausmalen. Findest Du nicht?« Und Lisa, dem Einzelkind, erläutert sie, dass ein gelebtes Modell sie geprägt hat: »Ich wollte, ich könnte Dir das, was ich an meinen Geschwistern Dir voraushabe, ein bisschen ersetzen. Dies lässt sich nicht durch Briefe schreiben. Denn das Wesentliche dran ist ja das Zusammenleben. Ich wollte, das könnten wir.« Das geschwisterliche Zusammenleben erfüllt Sophie Scholls Bedürfnis nach Gemeinsamkeit und Nähe und gibt ihr zugleich das Gefühl, sich dennoch nicht total dafür aufzugeben.
    Nur vierzehn Tage zuvor, am zweiten Weihnachtstag 1939, hatte Sophie Scholl ihrer Freundin vom Weihnachtsfest geschwärmt und sie in den Familienkreis einbezogen: »Es war seit 2 Jahren das erstemal, dass wir alle zusammen feierten. Wir haben einen ganz großen und breiten Lichterbaum, und nur mit essbaren Sachen und Äpfeln geschmückt. Als wir Weihnachtslieder sangen, vor der Bescherung, musste ich plötzlich denken, wie nett es wäre, wenn Du dabei stündest. Das ist eigentlich der schönste Augenblick am Heiligen Abend, wenn wir vor der Bescherung alle zusammen stehen und singen. Nachher ist jeder vollauf mit seinen Geschenken beschäftigt, oder auch nicht ganz vollauf. Schön ist es trotzdem.« Sophie Scholls größtes Geschenk war, neben Büchern und Klavierauszügen, eine Skiausrüstung – Hose, Jacke, Stiefel.
    Eigentlich sollte es im Januar 1940 mit vollem Einsatz auf das Abitur losgehen. Stattdessen standen »Kohleferien« auf dem Programm: Um in Kriegszeiten Heizmaterial zu sparen, wurde der Unterricht auf maximal zwei Stunden Unterricht am Tag beschränkt. Sophie Scholl ärgerte sich »mal wieder furchtbar«. Dann schwänzt sie die Schule und fährt mit Liesl für ein Paar Tage zum Skifahren auf die Alb, wo Pulverschnee liegt.
    Apropos Ärger: Im gleichen Brief vom 31. Januar 1940, der von der Schule und dem Schwänzen erzählt, gibt es ein gehöriges Donnerwetter für Fritz Hartnagel. Er hatte sie zuvor dafür gelobt, auf seine Briefe nicht einzugehen (die waren allerdings noch nicht angekommen): »Du hast als Mädchen wieder instinktiv richtig gehandelt.« Sophie Scholl wehrt sich vehement gegen ein solches Klischee: »… damit sprichst Du mir ja, vielleicht ungewollt, jede Selbständigkeit ab. Instinktiv ist ein sehr unbestimmtes Wort. Es wird sowohl bei Tieren wie bei Menschen (besonders bei Frauen) angewandt, wenn man sichs mit dem Verstand nicht mehr recht erklären kann. – Und daran zweifelst du doch nicht, dass ich mein Hirn auch manchmal zum Denken gebrauche, nicht nur in der Schule.« Auf ihr Denkvermögen lässt Sophie Scholl nichts kommen; zumal sie so erzogen wurde, dass Frauen den Männern darin in nichts nachstehen.
    Dann aber geht sie nahtlos über zu Planungen für ein Zusammensein: »Überleg Dir Deinen Urlaub nur immer recht gut. Vielleicht ist’s doch besser, Du kommst gleich. Ich würde mich arg freuen.« Und schließt ihren Brief: »Komm bald. Sofie«. Das Planen ist von beiden Seiten schwierig: Sophies Daten fürs Abitur stehen in den Sternen, Fritz muss jederzeit damit rechnen, dass ihn eine Urlaubssperre trifft, weil der Krieg im Westen losgeht. Postwendend antwortet er am 2. Februar auf Sophie Scholls Brief, dass er gleich abfahren könne. Aber dann hätte sie noch Schule, und er möchte ein paar Tage allein mit ihr und ungebunden verbringen: »Was meinst Du? – Ich habe eine leise Angst, so sehr ich mich darauf freue und danach sehne.« Schließlich geht alles ganz schnell. Als Sophie Scholl endlich erfährt, wann die Abiturarbeiten geschrieben werden – in der letzten Februarwoche –, schlägt sie Fritz Hartnagel vor, mit ihm in der ersten Märzwoche Skiurlaub zu machen – statt sich auf das mündliche Abitur vorzubereiten, das anschließend stattfindet. Und so wird es gemacht.
    Am 6. März ist sie von den Tagen zu zweit wieder zurück, um sich für das mündliche Abitur am Montag, dem 11. und Dienstag, dem 12.

Weitere Kostenlose Bücher