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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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um, ob sie nicht auch dort studieren wollte.
    Am 16. Juli schreibt Erika Reiff an Sophie Scholl, sie werde nicht nach München gehen. Längst Verdrängtes war dort ans Licht gekommen. Sie hatte auch Hans Scholl getroffen und gemerkt, dass er ihr nicht gut tat: »Du weißt, dass mir Hans sehr viel bedeutet hat, die ganze Zeit, seit wir uns kennen.« Fast nimmt sie Sophie Scholl mit in Haftung: »Und Du darfst jetzt bitte nicht stolz sein auf Deinen Bruder. Denn ich weiß, dass ihm die Mädchen nachlaufen, ich weiß, dass er die Menschen überhaupt so zu nehmen weiß, dass sie ihm anhängen. Aber ich bin ihm nicht nachgelaufen und ich füge mich auch nicht.« Da spricht ein innerlich verletzter Mensch, und Sophie Scholl antwortet einfühlsam und ehrlich.
    »Ich hätte mich gefreut, mit Dir in München zusammenzukommen«, beginnt sie. Erika Reiff wäre ihr ein »ruhiger Pol« gewesen, ihre »Selbstlosigkeit« sei selten. Dann kommt Sophie zum Thema: »Ich bin kein Schwärmer. Ich bin mir bewusst, in welche Welt ich durch Hans eintrete.« Sie werde in München ihr »Herz manchmal fest an seinen Platz« stellen müssen, um seinen Stimmungen nicht zu folgen: »Hans ist ein Chamäleon.« Er »taumelt ruhelos von einem zum andern«, man müsse ihn stetig begleiten. Sie mache sich kein Idealbild, müsse sich vielmehr hüten, ihn nicht ungerecht zu beurteilen: »Man muss ihn sehr behutsam und gerecht behandeln.« Aber sie habe in den letzten Jahren »mehr Urteilskraft« gewonnen und schließt: »Ich freue mich, wenn wir reden können. Wann?« Bei allem schwesterlichen Verständnis und allem Abwägen, das waren eindeutig kritische Worte über den Bruder.
    Der war schon am 13. April in einem Brief an Lisa Remppis ein Thema gewesen: »Von Hans habe ich einen sehr netten Brief erhalten. Ich glaube, es wäre ganz fein, wenn wir zusammen studieren könnten, denn ich werde mich vor Hans nicht gehen lassen. (Übrigens möchte ich das vor niemandem mehr.) Und er will es vor mir auch nicht. Das ist doch das beste Erziehungsmittel. Ich würde übrigens lieber über ihn reden als über ihn schreiben. Denn er ist kein so einfaches Kapitel. Ich habe sogar regelrecht das Bedürfnis, gerade Dir gegenüber. Na ja.« Es war dies die Fortsetzung einer Bemerkung über den Bruder in einem Brief vom März, als Sophie erfahren hatte, dass es zwischen Lisa und Hans endgültig aus war. Damals hatte sie Hans Scholl als den »unausgerichtetsten« von allen Geschwistern bezeichnet.
    Kein einfaches Kapitel. Nicht nur, dass die Mädchen ihm nachliefen. Seine Beziehung zur sechzehnjährigen Lisa Remppis war noch nicht beendet, da begann Hans Scholl einen intensiven Briefwechsel mit Rose Nägele aus Stuttgart, die samt vier Geschwistern und Eltern seit vielen Jahren zum Freundeskreis der Scholl-Familie gehörte. Ostern 1941 lieh er sich bei Inge Scholl 20 Reichsmark, um mit Rose Ski-Fahren zu können. Im April macht Hans Scholl im Münchner Odeon-Theater die Bekanntschaft mit Traute Lafrenz, einer Medizinstudentin, die soeben von Berlin an die Isar gewechselt ist. Die beiden verlieben sich und werden sehr schnell ein Paar in diesem Münchner Frühling.
    Kritik an den Geschwistern zu üben, ist für Sophie Scholl unproblematisch, weil die Solidarität und der Zusammenhalt innerhalb der Familie unverbrüchlich sind. Kein besserer Beweis für die festen Familienbande als ihre Korrespondenz während der Lagerzeit in Krauchenwies. Aber darüber vernachlässigt Sophie Scholl ihre Beziehung auf die Ferne zu Fritz Hartnagel nicht. Vom 20. April hat sich ein Briefentwurf an ihn erhalten, den sie wohl nicht abgeschickt hat: »Mein lieber Fritz! Erlaube mir diesmal diese Anrede.« Sie erzählt von ihrem Spaziergang im Park um Schloss Krauchenwies und dem schönen abendlichen Frühlingshimmel – »da wäre ich so gerne noch ein Stück mit Dir gegangen, so sehr gerne«. Dann lässt Sophie Scholl gemeinsame Momente aus der Erinnerung auftauchen – das Alpenglühen im Gebirge, ihre Fahrt an die Nordsee, aber auch einen Spaziergang an der Donau, wo sie »hässlich und gemein« zu ihm war. Besonders froh ist sie über ihren gemeinsamen Urlaub im Februar – »wenn auch manches lieber ungeschehen wäre, so hat es doch zu der Verständigung geführt, die ich schon lange herbeisehnte. Mein lieber Fritz, nun freue ich mich, wenn ich an Dich denke und bin oft voller Hoffnung«.

VERÄNDERTE BEZIEHUNGEN UND EIN ENDE MIT SCHRECKEN
    Anfang Juni 1941, heil zurückgekommen aus dem

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