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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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plötzlich so schwer wie nie auf allen: »Ich glaube, jetzt erst können wir uns bewähren – und bewahren.« Sie habe oftmals ein »herrliches Gefühl, wie vor einer sportlichen Leistung, wo Du alle Deine Muskeln mit einem siegesfreudigen Gefühl von Dir beherrscht weißt. Ich spüre Kräfte in mir. – Allerdings nicht immer. Aber es kommt ja auf den Willen an, und allmählich kenne ich meine Stimmungen, um sie richtig einzuschätzen.« Das Training hatte sich gelohnt, und dazu waren alle Widrigkeiten gut: sich unabhängig zu machen von seinen Stimmungen.
    Ähnliches spiegelt sich in Inge Scholls Brief vom 20. August: »Liebe Sofie! Für Deinen Brief danke ich Dir herzlich. Du hast recht, das ist das Wesentliche, dass Du dich als freier Mensch fühlst, gerade dann, wenn man Dich fesseln will. Das ist ein guter Satz und man sollte ihn rot unterstreichen und durchs ganze Leben leuchten lassen.« Frohgemut kommt die Schwester auf das zu sprechen, was im Eigentlichen ihr Leben bestimmt: »Du, wenn ich so den neuen Kierkegaard ›Tagebücher‹ (von Haecker übertragen) aufschlage und darin einen der kurzen Abschnitte lese, kommt mir der frohe Gedanke, dass uns da ein herrliches Goldbergwerk zugänglich gemacht worden ist.« Falls Sophie wirklich noch sechs Monate ins Lager müsse, werde sie ihr Kierkegaard mit »auf den Weg geben, so wie im ersten den Augustinus«. Eine Woche zuvor hatte Otl Aicher an Ernst Reden geschrieben, er habe Kierkegaards Tagebücher gelesen und sei »so entzückt«. Er solle sich dieses Buch unbedingt kaufen.
    So widerwärtig die Vorstellung war, dieses Lagerleben noch einmal sechs Monate ertragen zu müssen, so erfreulich war der Außendienst, zu dem Sophie Scholl im August jeden Morgen das Schloss verließ, um in Krauchenwies gegenüber dem Rathaus das kleine Häuschen der Familie Krall zu betreten. Wilhelm Krall und seine Frau waren schon fort zur Arbeit – er in einer Munitionsfabrik, sie kümmerte sich »um ihr bisschen Landwirtschaft« und nahm dazu ihre zehnjährige Tochter mit. Den Säugling, im März geboren, übernahm Sophie Scholl – baden, füttern, Windeln waschen. Dann machte Sophie Scholl die Wohnung sauber und kochte das Mittagessen. Nach dem Essen gingen Mutter und Tochter wieder an die Arbeit, und Sophie Scholl spülte, stopfte Strümpfe und mürbe Wäsche und kümmerte sich um den Haushalt. Die Kralls waren arm, aber »sehr sehr nett« zu Sophie Scholl. Jeden Tag bekam sie ein bis zwei Liter Milch: »Es ist sehr gemütlich, und ich fühle mich äußerst wohl.« Das abendliche Lesen hat sie deshalb nicht aufgegeben, und es ist nicht nur Augustinus. »Bücher bedeuten mir hier mehr als sie mir überhaupt jemals bedeuteten«, schreibt sie an Liesl und lässt sich aus Ulm einen Band Rilke-Gedichte schicken.
    Ebenfalls eine große Wohltat war eine Entdeckung, die Sophie Scholl Anfang August zusammen mit ihrer Lager-Freundin Gisela Schertling gemacht hatte: »Abends ging ich dann ein bisschen fort, mit meiner Kameradin, ins Dorf, und da kommen wir plötzlich auf den Gedanken, Orgel zu spielen. Als wir die Erlaubnis und den Schlüssel vom Pfarrer hatten, spielten und sangen wir, bis wir ins Bett mussten.« Damit nicht genug, nahmen sie sich am Sonntagmorgen die Freiheit, gegen das »Kirchgangverbot« beim RAD zu verstoßen: »Am nächsten Morgen gingen wir schon um ½ 7 Uhr zur Frühmesse, … nachher gingen wir nochmal ins Bett. Und nachmittags orgelten wir wieder.« Das schrieb Sophie Scholl am 29. August an ihre Schwester Liesl.
    Die Stunden in der Kirche wurden ihr immer wichtiger, »ein wunderbarer Gegensatz zu dem ganzen anderen Treiben«. So oft es ging, holte sie sich mit Gisela Schertling bei Pfarrer Karl Ehinger die Schlüssel zur katholischen Kirche St. Laurentius. Einmal spielten die beiden »4händige Stücke von Händel und Bach«. Aber sie machten sich auch sehr früh am Morgen auf, um zum katholischen Gottesdienst zu gehen. »Ich möchte sehr gerne einmal in die Kirche, nicht in die evangelische … Ob dies aber das rechte ist?«, hatte sie sich Karfreitag im Tagebuch gefragt. Zumindest war es nichts Unrechtes mehr.
    Die ein Jahr jüngere Gisela Schertling hatte es aus Thüringen ins schwäbische Arbeitslager verschlagen. Sophie Scholl schreibt Ende August ihrem Bruder Werner Scholl, sie habe sich dem »Mädel nicht auf Grund einer Zuneigung (obwohl sie mir sofort angenehm auffiel) sondern auf Grund von einigen Gesprächen« angeschlossen: »Unser Verhältnis ist

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