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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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ab, da erwidert sie: »Aber Hans. Allein schafft man so etwas nicht.« Hätten Hans und Sophie Scholl zu ihren Lebzeiten ihrer Schwester Inge von dieser Szene berichtet, hätten sie damit Inge Scholl in die Aktion »Weiße Rose« eingeweiht. Inge Scholl jedoch hat zeitlebens erklärt, vom aktiven Widerstand ihrer Geschwister durch Flugblätter erst mit der Verhaftung von Sophie und Hans Scholl und dem Prozess am 22. Februar 1943 erfahren zu haben. Nach der Verhaftung hat Inge Scholl ihre beiden Geschwister nicht mehr gesehen.
    Die Frage bleibt, ob Sophie Scholl im Verhör die Wahrheit sagte, als sie jede Tätigkeit an der Flugblatt-Aktion »Die Weiße Rose« im Sommer 1942 abstritt. Dabei darf eines nie vergessen werden: Logik hilft bei der Deutung von Gestapo-Verhören nicht weiter. Es ging bei den Vernehmungen von Sophie und Hans Scholl nicht nur um ihr eigenes, sondern um das Leben von anderen Menschen, die in die Aktion involviert waren oder zu Unrecht von der Gestapo verdächtigt wurden. Sie waren nach ihrer Festnahme einem Staat ausgeliefert, der kein Rechtsbewusstsein kannte und dem die Menschenwürde nichts bedeutete. Die Geschwister mussten sich – und das bei getrennten Vernehmungen – in die Gedanken der Gestapo hineinversetzen, vor jeder Aussage abwägen, wie sie aufgefasst würde und was sie auslösen konnte. Eine unbedachte oder gut gemeinte Aussage konnte katastrophale Folgen für andere haben. Wenn sie falsche Fährten legten, mussten die immer in sich plausibel sein. Es gibt eine, bisher vernachlässigte Spur, dass Sophie Scholl – entgegen ihrer Aussage – schon im Frühjahr die Möglichkeit in Betracht zog, Flugblätter herzustellen.
    Gleich nach dem Krieg gab Fritz Hartnagel zu Protokoll, Sophie Scholl habe ihm während einer Bahnfahrt im Mai 1942 – es muss sich um den Wochenendurlaub Tübingen–Freiburg–Konstanz gehandelt haben –, einen Bezugsschein für einen Vervielfältigungsapparat gegeben. Damit sie ihn nutzen könne, sollte er ihn mit einem Wehrmachtsstempel versehen. Danach befragt, erzählte ihm Sophie Scholl etwas über die geplante Verwendung. Die hatte Fritz Hartnagel so gründlich verdrängt, dass er sich später nicht mehr daran erinnern konnte. Wohl aber an den folgenden Dialog: »Bist Du Dir im Klaren, dass dies Dich den Kopf kosten kann?« – »Ja, darüber bin ich mir im Klaren.« Zudem bat Sophie ihn um 1000 Reichsmark »für einen guten Zweck«. Die erhielt sie, den Bezugsschein steckte Fritz Hartnagel ein. Gesprochen haben sie an diesen und den wenigen gemeinsamen Tagen in München, die Fritz von der Front in Russland trennten, nicht mehr darüber.
    Fritz Hartnagels Erinnerung wird von einem untrüglichen Beweis bestätigt – einem Brief vom 31. August 1942 aus dem fernen Russland, den er mit der Bemerkung schließt: »Den gewünschten Bezugsschein kann ich nur unter Schwierigkeiten erhalten, ich habe immer noch Bedenken und weiß nicht, ob der Zweck eventuelle Unannehmlichkeiten rechtfertigen würde.« Sophie Scholls Bitte im Mai um den Bezugsschein und Geld hat nur Sinn, wenn sie zuvor mit ihrem Bruder Hans über eine Flugblattaktion gesprochen hat. Dass Hans Scholl die Flugblatt-Idee im Juni mit Alexander Schmorell realisiert, ohne Sophie Scholl einzuweihen, spricht nicht dagegen.
    Als Inge Scholl am 18. Juli zurück nach Ulm fuhr, stand schon fest, dass Hans Scholl und seine Freunde, die in München als angehende Mediziner in einer Studentenkompanie zusammengefasst waren, bald an der russischen Front Dienst tun mussten. Am 19. Juli, einem Sonntag, schreibt Sophie Scholl eine Kunstpostkarte, auf der Vorderseite ein Stillleben mit Blumen und Früchten von Cézanne: »Dies wird für längere Zeit der letzte Gruß aus München sein. In meinem Zimmer sieht es wüst aus, das färbt auch auf mich ein bisschen ab, ich bin froh, wenn ich in Ulm bin. Mein Bruder muss übermorgen nach Russland (mein jüngerer ist ihm bereits vorausgegangen) ebenso die meisten Freunde. Wie wird unser nächstes Zusammentreffen sein? In diesem Jahr wird noch eine Entscheidung fallen. Mit jede Fiber seines Wesens wartet man auf sie. Dir alles Gute! Deine Sophie Sch.« Es gibt weder Adresse noch Anrede, vielleicht war Waldemar Gabriel gemeint. Am nächsten Tag schickt sie ein Telegramm an Hans Scholl, der übers Wochenende nach Bad Tölz gefahren war: »Du kommst Mittwoch nach Krakau – Sophie.«
    Dann ging alles sehr schnell. Am 23. Juli kamen alle, die sich im vergangenen Semester an einem

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