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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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hatten den Dramaturgen und Regisseur im November 1942 in Chemnitz aufgesucht, um mit ihm Widerstandstätigkeiten zu koordinieren. Man trennte sich ohne Ergebnisse und mit der lockeren Zusage eines Treffens in München. Falks Bruder Arvid Harnack war im Sommer 1942 mit über hundert Gesinnungsgenossen seiner Widerstands-Gruppe – von der Gestapo »Rote Kapelle« genannt – in Berlin aufgeflogen. Am 22. Dezember 1942 war er mit seiner Frau hingerichtet worden.
    Alexander Schmorell nahm sofort Kontakt zu Falk Harnack auf, und der kam am 8. und dann noch einmal am 9. oder 11. Februar – das ist strittig – in die Franz-Joseph-Straße, um erneut die Möglichkeit zu gemeinsamen Aktionen auszuloten. Bei der zweiten Besprechung war außer Schmorell, Scholl und Willi Graf auch Professor Kurt Huber dabei. Huber machte während der Diskussion deutlich, dass ihm Harnacks politische Zukunftspläne zu »kommunistisch« waren.
    Nachdem Falk Harnack die Wohnung verlassen hatte, holte Huber den Entwurf zu einem Flugblatt aus der Tasche. Die Tragödie um Stalingrad hatte ihn so aufgewühlt, dass er sich spontan zu einem Aufruf an die »Deutschen Studentinnen und Studenten« entschlossen hatte. Hans Scholl und Alexander Schmorell waren mit dem Text grundsätzlich einverstanden – bis auf eine Stelle. Huber appellierte an die Studenten: »Stellt Euch weiterhin geschlossen in die Reihen unserer herrlichen Wehrmacht.« Einer solchen Verherrlichung widersprachen die beiden Studenten entschieden. Mit diesem Dissens verließ der Professor die Scholl-Wohnung, überzeugt, sein Entwurf sei damit ad acta gelegt.
    Doch Hans Scholl drängte es offenbar zu Aktivitäten. In der Nacht vom 8. auf den 9. Februar war er mit Willi Graf zu weiteren »Schmier-Aktionen« durch das dunkle München gezogen. Mit grüner Farbe schrieb er wiederum »Freiheit« an die Eingänge der Universität und die Schrift »Nieder mit Hitler« an andere Gebäude. Nach dem Gespräch mit Kurt Huber regte Hans Scholl an, dessen Flugblatt-Entwurf sofort in eine Aktion umzusetzen, ohne den Professor noch einmal zu kontaktieren. Die »herrliche Wehrmacht« wurde gestrichen. Am Freitagabend, dem 12. Februar, schrieb Alexander Schmorell den Text an die »Kommilitoninnen, Kommilitonen!« auf Matrize und stellte mit Hans Scholl, kurzzeitig war auch Willi Graf anwesend, auf dem Vervielfältigungapparat in der Franz-Joseph-Straße etwa 3000 Flugblätter her. Das war der Stand, als am Sonntagabend Sophie Scholl zurückkam und Hans Scholl ihr das Flugblatt zu lesen gab. Weil die Zeit drängte, tippten Sophie und Hans Scholl nach einem veralteten Studentenverzeichnis der Münchner Universität bis weit nach Mitternacht noch Adressen auf Kuverts.
    Als Sophie Scholl sich schließlich neben Gisela Schertling auf die Couch zum Schlafen legte, konnte sie den abrupten Übergang von der Ulmer in die Münchner Welt wahrscheinlich erstmals an diesem Abend bewusst wahrnehmen. Dort die Welt der schönen Künste mit Schubert-Liedern und kreativer Arbeit im feuchten Lehm, um Elisabeths Kopf zu modellieren. Tagsüber körperliche Arbeit im Haushalt, aber zehn Tage frei von Verstellungen, riskanten Tätigkeiten und permanenter Anspannung. Zehn Nächte zum Ausschlafen, allein im Bett.
    Jetzt, zu zweit und doch sehr allein in der Dunkelheit, mag ihr Verstand Bilanz gezogen haben. Erstens: Die wohlorganisierte und von Wien bis Frankfurt am Main weit ausgreifende Flugblatt-Aktion zwischen dem 25. und 29. Januar hatte keinerlei Echo ausgelöst; nirgendwo auch nur ein winziges Erfolgserlebnis. Zweitens: Ihre ursprüngliche Idee, mit Aufschriften an den Gebäuden die Studenten aufzurütteln, blieb ebenfalls ohne Wirkung. Drittens: Waren spontane nächtliche Aktionen, wie die letzte von Hans und Willi, wirklich klug und nicht viel zu risikoreich für die gesamte Gruppe? Und war die Herstellung des sechsten Flugblattes, die – nicht zu vergessen – eine Menge Geld kostete, nicht ziemlich unüberlegt und in kein Gesamtkonzept eingebettet? Sollte sie ihre kritischen Fragen, die auf der Hand lagen, unter vier Augen mit Hans besprechen?
    Später vielleicht, wenn das sechste Flugblatt gut auf den Weg gebracht war. An diesem 15. Februar 1943, mit rund 3000 Flugblättern in der Wohnung, die zum Kampf gegen die NSDAP und das Hitler-Regime aufriefen, hatte Sophie Scholl keine Wahl. Ihre schwesterliche Solidarität hatte Vorrang. Sie konnte ihren Bruder in der aktuellen Situation nicht allein lassen. Das alles sind

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