Sophie und der feurige Sizilianer
sein Anliegen und dachte dabei, dass er sicher nicht der einzige Mann auf dem Gelände war, dem auffiel, wie perfekt Sophie Balfour Jeans und T-Shirt ausfüllte.
„Mir gefällt es, wie es ist“, erwiderte sie leichthin. „Außerdem ist es viel praktischer, direkt vor Ort zu sein.“
„Wie Sie wollen“, murmelte er nach einer kaum merklichen Pause. „Morgen bin ich zurück, um mit dem Experten vom Museum zu sprechen. Ich habe den Tag frei“, erklärte er, als er Sophies Gesichtsausdruck sah, der zwischen Erstaunen und Befremdung schwankte. Warum eigentlich Befremdung? fragte er sich im nächsten Moment. Und wie komme ich überhaupt dazu, meine Pläne vor ihr zu rechtfertigen?
Sophie zwang sich zu einem Lächeln. „Das ist doch … großartig.“
Eine Woche später war es bereits nach Mitternacht, als die letzten Haken und Ösen des Vertrags ausgeräumt waren, an dem Marco und sein hocheffizientes Mitarbeiterteam den Großteil des Tages über gefeilt hatten. Jetzt war alles unter Dach und Fach, und seine Befriedigung darüber umso größer, weil es von allen Seiten aus geheißen hatte, ein erfolgreicher Abschluss, wie er ihn sich für diesen Jahrhundertdeal erhoffte und erwartete, sei schlichtweg unmöglich.
Es war kurz vor eins, als Marco den gläsernen Lift betrat.
Seine Angestellten waren längst gegangen und saßen inzwischen sicher schon in der Bar zusammen, wohin sie auch ihn eingeladen hatten, um zu feiern – wohl wissend, dass er auf jeden Fall ablehnen würde.
Dabei teilte er durchaus ihren Adrenalinkick, doch Geselligkeit und Großstadtlichter waren nicht das, was er in einem solchen Zustand suchte. Sein Geschmack und seine Vergnügungen waren simpler: die Privatsphäre des eigenen Apartments, seine Lieblingsjazzplatte, dazu vielleicht ein Glas Brandy … mehr verlangte er nicht.
Seltsam nur, dass er ohne zu zögern an der Abzweigung vorbeifuhr, die ihn zum Penthouse gebracht hätte. Dabei würde es ihn eine weitere Stunde kosten, den Palazzo zu erreichen, und das zu einer Zeit, um die ohnehin niemand mehr wach war. Über seine Beweggründe für dieses unsinnige Verhalten wollte Marco lieber nicht nachdenken, und er war erleichtert, als er endlich durch das bereits renovierte schmiedeeiserne Tor fuhr, hinter dem sein Familienbesitz lag.
Über einen Monat arbeitete Sophie bereits an und in diesem wundervollen Palazzo , und alles lief wie geplant. Nahezu perfekt.
Den Terminplan hatte sie fast bis auf die Minute im Kopf. Anfangs war sie von der Angst besessen gewesen, dieses riesige Projekt würde sie überfordern, doch inzwischen verspürte sie statt Panik eine ruhige Sicherheit und wusste, dass sie ihre wahre Berufung gefunden hatte.
Der Ballsaal, in dem sie gerade stand, stellte arbeitstechnisch die größte Herausforderung dar, bereitete ihr aber auch die größte Freude und Genugtuung. Besonders jetzt, da die Restaurierung des teilweise stark beschädigten Stucks an der hohen Decke so gut wie abgeschlossen war. Es gab nur noch zwei kleine reparaturbedürftige Stellen, dann konnte das hohe Arbeitsgerüst wieder abgebaut werden.
Sophie war bis auf die oberste Etage geklettert, hatte sich auf den Rücken gelegt und richtete jetzt den Strahl ihrer Taschenlampe auf das frisch erneuerte Relief. Ein wahres Meisterstück bewundernswerter Handwerkskunst, wie sie mit Genugtuung feststellte. Aus der Nähe gesehen wirkte es noch viel beeindruckender als von unten. Geradezu atemberaubend.
Der Palazzo lag in absoluter Ruhe und tiefer Dunkelheit.
Was hast du denn erwartet? verspottete Marco sich selbst. Einen roten Teppich, ein Begrüßungskomitee? Oder eine verführerische Engländerin in transparentem Negligé?
Die schwere Eichentür mit den massiven Eisenbändern schwang überraschend leicht und nahezu lautlos auf. Auch das verdankte er wohl dem Einfluss seiner Interieurdesignerin . Marco betrat die weiträumige Eingangshalle und versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Dabei tastete er nach dem Lichtschalter neben der Tür, betätigte ihn und fluchte unterdrückt, als sich nichts tat.
Vorsichtig durchquerte er die Halle bis zum nächsten Schalter, drehte daran und … wieder nichts. Partieller oder totaler Stromausfall? überlegte er grimmig und bewegte sich tastend weiter.
Wie es aussah, erwies sich sein spontaner Entschluss hierherzufahren in mehr als einer Hinsicht als echte Schnapsidee. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, und anstatt sich nach dem verdienten
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