Sophie und der feurige Sizilianer
„Erschossen. Er starb, noch bevor der Krankenwagen das Hospital erreicht hat.“
„Ist der Mörder je gefasst worden?“
„Nein.“
„Armer Marco.“
„Kurz danach hat er geheiratet“, hatte Natalia abschließend gesagt und Sophie einen Teller gereicht, den sie vorher am Frühstücksbuffet üppig mit den köstlichsten Leckereien beladen hatte. „Sie müssen mehr essen, wenn Sie Ihre hübsche Figur behalten wollen, Signorina “, riet sie ihr noch mit mütterlicher Strenge.
„Meine Mutter?“ Marcos Stimme schwankte zwischen Amüsement und Verachtung. „Wenn sie nichts Besseres vorhat, wird sie zum Ball kommen und ihren ganz speziellen Charme versprühen. Mehr ist von ihr auf keinen Fall zu erwarten.“
„Sie steht dir nicht besonders nahe?“, fragte Sophie vorsichtig.
„So nahe, wie wir uns schon immer waren.“
„Du redest nie über deine Familie.“
„Du ja auch nicht.“ Marco drehte sich zur Seite und knabberte an Sophies Ohrläppchen. „Mmm, du schmeckst so gut, wie du riechst“, versuchte er sie abzulenken.
Sie honorierte das mit einem Lächeln, war mit ihren Gedanken aber noch beim vorigen Thema. „Ich erwähne meine Familie kaum, weil sie so weitläufig und kompliziert miteinander verflochten ist, dass immer gleich Erklärungsbedarf besteht. Aber wenn es dich wirklich interessiert: Mein Vater war drei Mal verheiratet. Meine Mutter ist die einzige seiner Ehefrauen, die noch lebt. Sie war seine zweite Frau und kehrte nach Balfour Manor zurück, nachdem mein Stiefvater ermordet wurde.“
Jetzt schenkte Marco ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit. „Das wusste ich nicht“, murmelte er betroffen und zog sie fest an sich. Sein starker, gleichmäßiger Herzschlag unter ihrer Wange verlieh Sophie ein wohliges Gefühl von Sicherheit.
„Wie?“, erkundigte er sich ruhig.
„Es geschah in Sri Lanka, ein Einbrecher. Ich selbst habe es nicht miterlebt. Mum war mit Annie und mir am Ende der Ferien zurück nach England geflogen, wo wir ein Internat besuchten. Nur Kat blieb zurück … sie war noch so klein.“
„Und du? Warst du denn viel älter als sie?“
„Nein, aber ich habe es nicht mit ansehen müssen.“ Sophie schauderte. „Kat brauchte lange psychologische Betreuung.“
„Und du?“
„Ich war im Internat.“
Irgendetwas in ihrer Stimme irritierte ihn. „Es war keine gute Zeit für dich, oder?“
Sophie zögerte. „Sie hatten dort eine fantastische Bibliothek. Ich liebe Bücher.“ Sie waren ihr Ersatz für Freunde gewesen.
„Und sonst?“
„Ansonsten war die Internatszeit ein einziger Albtraum!“ Ihre Stimme zitterte verdächtig. „Ich war in nichts besonders gut und wurde überall nur gerade so geduldet, weil jeder über mich an meine tollen Schwestern rankommen wollte. Ich vermisste meine Mum ganz schrecklich und …“ Sie brach ab und biss sich auf die Unterlippe. „Dich kann das alles nicht wirklich interessieren, und ich rede normalerweise auch nicht darüber.“
„Du erzählst es mir, weil ich dich gefragt habe und sogar außerordentlich daran interessiert bin, mehr über dich zu erfahren“, klärte Marco sie und damit auch irgendwie sich selbst auf. Bisher war es ihm nicht bewusst gewesen, wie sehr er förmlich danach hungerte, immer mehr über die ungewöhnliche Frau an seiner Seite zu erfahren.
Doch dazu war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Ob er wollte oder nicht, die Arbeit rief.
„Ich werde dir alle Details wegen des Balls per E-Mail zukommen lassen“, informierte er Sophie, schob sie sanft zur Seite und stand auf.
„Ich habe noch nicht Ja zu deinen Plänen gesagt“, erinnerte sie ihn und fühlte sich plötzlich ganz verlassen.
Marco, der sich gerade seine Boxer-Shorts über die schmalen Hüften zog, verharrte und schenkte ihr ein siegessicheres Lächeln. „Das wirst du aber.“
„Warum bist du dir da so sicher?“
„Weil ich ebenso unwiderstehlich bin wie du und ganz lieb Bitte sage.“
Schmollend schürzte Sophie die weichen Lippen und hielt sie ihm entgegen. „Ich würde einen Kuss vorziehen.“
Er stutzte, streifte die Boxer-Shorts wieder ab und kehrte zu Sophie ins Bett zurück. „Da fällt mir gerade etwas noch viel Besseres ein …“
„Probleme?“, fragte Marco, als er Sophie mit gefurchter Stirn über einer bebilderten Broschüre brüten sah.
Wie bereits in den Tagen zuvor war er auf direktem Weg von seinem Büro zum Palazzo rausgefahren, wo ihn sein erster Gang stets zu Sophie führte. Inzwischen verbrachte er hier
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