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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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hinwegschwebte, starrte er mich zumeist an wie ein verrückter Polizist, um mich dann ohne jeden Grund mit einem Tritt zu Boden zu befördern. Ab und zu aber spielten sie auch mit mir, aber nur die, die mir meinen gedrungenen, erdgebundenen Körper verzeihen konnten. Bruder Jude mißbilligte dies und rief mich dann immer wegen dieser oder jener Sache zurück. Dann mußte ich den Garten wässern oder die zähen Blätter der Wüstenkräuter aufkochen und ihren kostbaren Sud herausdestillieren. Es war seine Herzensgüte, die ihn bewog, Medizin für die Kranken und Verwundeten herzustellen, die der Schwarm sonst gnadenlos hätte sterben lassen. Die Sterbenden ließen sich schnell bekehren und starrten dabei mißtrauisch auf das Kruzifix wie eine Verschwörerbande, die jeden Moment mit einer plötzlichen Explosion rechnet. Sie begriffen seine Aufmerksamkeiten nicht im mindesten.
    »Sophie! Où
est-toi,
Sophie? Es ist Zeit, den Trank zu bereiten ...«
    Aber ich gab vor, ihn nicht zu hören und zog Gaston in meine Höhle.
    Er rieb seine Wange an meiner Schulter.
»Cinq fois Sept 'rente-cinq!
Fünf mal sieben ist fünfunddreißig!« murmelte er. Wenn er sprach, verwischten sich die Worte wie die eines Briefes, den man im Regen liegen ließ.
    »Leise, Gaston, er wird uns sonst hören.«
    Gaston zog seinen Kopf aus meiner Umarmung und begab sich in den hinteren Teil der Höhle, um eine Kupfermotte zu ärgern, die er dort entdeckt hatte. Hui-der Jude hatte recht, er war dümmlich und würde mich höchstwahrscheinlich eines Tages beim Fliegen fallenlassen. Therese pflegte sich über ihn lustig zu machen und ihn zu beleidigen.
»Son c'veau ...«,
zischte sie und versetzte ihm einen Stoß. »Sein Verstand ... wwweich.« Aber was machte es schon, daß er ein wenig kindisch war? Sie war auch nicht besser. Waren sie denn nicht alle Kinder, kraftvolle Kinder mit den Körpern von Supermännern, die sich neckten und zankten und sich sofort in die kleinste Neuheit verliebten, dabei aber nicht in der Lage waren, sich fünf Minuten aufeinander zu konzentrieren?
    »Sept francs le leeevre!«
drohte Gaston der Motte.
    Ich ging zu ihm und nahm seine Hand, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. »Gaston, laß uns zum Mond fliegen! Zu welchem sollen wir fliegen – zu dem großen oder dem kleinen?« Ich zeigte zu den Trabanten hinauf, die wie gigantische Murmeln über den Himmel rollten. »Was gäbe das für einen Knall, wenn sie mal zusammenstießen!«
    Doch schon rief wieder Bruder Jude nach mir und störte uns. »Sophie, komm her! Du mußt für mich in die Stadt gehen – Malzzucker für die Studenten holen ...«
    Ich streckte den Kopf aus der Höhle und sah zu ihm hinunter. »Kann Gaston mitkommen?«
    Er runzelte die Stirn. »Heute nicht«, sagte er. »Diese Schürfer könnten noch in der Gegend sein.« Er klatschte in die Hände. »Rasch, Kind, beeil dich! Du kannst Alexis nehmen.«
    Wir hatten einen Karren, der von einer alten Riesenhenne gezogen wurde. Sie hieß Alexis. Ich gab ihr eine Tüte voll Rübenköpfe und ein wenig
kstryf,
während ich sie einspannte und ihre Beine mit Wachs einrieb, um sie gegen den Sand zu schützen. »Gutes Mädchen, meine Alexis«, sagte ich und tätschelte ihr borstiges Gefieder. »Willst du mit mir in die Stadt kommen? Gehen wir wieder zu diesem Wassertrog?«
    Alexis war immer durstig. Wenn man sie auf der Straße nicht an die Kandare nahm, hob sie den Kopf, nahm die Witterung eines Wasserlochs auf, das vielleicht Meilen entfernt in der Wüste lag, und rannte dann in diese Richtung davon. Die französischen Pumpen verwirrten sie, diese lauten Dinger, die so gut rochen.
    Als sie jetzt den Trog vor dem Lebensmittelladen witterte, kreischte sie auf und legte die letzten hundert Yards im Laufschritt zurück. Ich band sie an den Holm und ging nach drinnen.
    Während ich darauf wartete, bedient zu werden, sah ich durch das Schaufenster nach draußen.
    Hinter der Kantine tauchte eine Gruppe Bergleute auf, die gerade von der Schicht kamen. Ihre Stiefel waren voller Staub. Sie hielten Drinks in den Händen. Sie tranken immer, gaben den halben Monatslohn im Laden der Gesellschaft für ihre Drinks aus und verloren den Rest beim
trente-et-un
an Eidechsen-Treiber, die auf dem Weg nach Svaufvaast waren. Sie brauchten nie lange dazu, und danach verschwanden sie wieder unter Tage.
    Die Männer, denen die Mine gehörte, waren reich, doch die, die darin arbeiteten, blieben immer arm. Und obwohl die Marsianer Sklaven

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