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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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sarkastisch. »Ich hätte ihr mit eigenen Händen den dürren Hals umdrehen sollen ...«
    Lychworthy lehnt sich zurück, die Lippen zu einem Strich zusammengepreßt. »Haben Sie sie zum Mars gebracht?«
    »Ja, Sir.«
    »Auf meiner Yacht?«
    »Ja, Sir.«
    »Warum?«
    Das Wort kommt kurz und knapp. Mr. Cox atmet tief durch und überlegt, was er antworten soll. Für den Hochmeister ist die Angelegenheit höchst delikat, und daher darf er ihn nicht mehr verärgern als unbedingt notwendig.
    »Das Balg tauchte zum ersten Mal in High Haven auf, Sir. Dann folgte sie mir zur Erde, wenn Sie erlauben. Das nächste Mal wollte sie, kurz bevor wir absegelten, auf der
Stratagem
anheuern. Ich beschloß, sie mitzunehmen, um ein Auge auf sie haben zu können –um herauszufinden, was sie im Sinn hatte.« Jahre zuvor hatte sein Agentenführer ihm beigebracht: Der beste Weg, jemanden im Auge zu behalten, ist, ihm das Gefühl zu geben, daß er dich ständig im Auge hat.
    Das Gesicht des Earls ist dunkelrot angelaufen. »Sie haben ein Mädchen auf die
Stratagem
gebracht?«
    Mr. Cox zerrt an den Borten seiner Manschetten und glättet sie.
    »Jawohl, Sir«, antwortet er und versucht, sich von den drohenden Worten nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. »Sie hatte sich als Junge verkleidet, Sir.« Und denkt bei sich: Nicht einer der idiotischen Kerle hat sie durchschaut. Nicht mal Mr. Crane, der immer hinter jungen Frauen her war. Das an sich sollte schon etwas heißen; aber sie hatte ihre Karten nie ausgespielt. Von Zeit zu Zeit hatte er sie seine Kabine durchsuchen lassen, aber sie hatte nie etwas entwendet. Schließlich war er zu der Überzeugung gelangt, daß sie nichts in der Hand hatte.
    »Das Kind ist nicht ganz richtig im Kopf, Sir«, fuhr er fort und sah seinen Arbeitgeber an. Sanft fuhr er fort: »Sie hielt mich für ihren Vater.« Vielleicht würde ihn das etwas beruhigen.
    Doch das tut es nicht. »Und ich sollte davon überhaupt nichts erfahren?«
    Mr. Cox läßt sich nicht aus der Ruhe bringen. »Es steht alles in meinem Bericht, Sir«, meint er gleichmütig. »Ich habe ihn wohlweislich schon aufgesetzt.«
    Er zupft an den Beinen seiner Kniebundhose. »Aber in den Händen der guten Schwestern von Sankt Sebastian ist das Mädchen bestens aufgehoben.« Er lächelt höflich, wobei er seine schwarzen Eisenzähne bleckt, und greift nach der Schnupftabakdose in seiner Tasche. »Wollen Sie auch eine Prise, Mylord?«
    »Zum Teufel mit ihrem verdammten Schnupftabak!« schreit Lord Lychworthy mit wütendem Blick. »Ist Ihnen eigentlich nie der Gedanke gekommen, daß es Ihre Pflicht war, das Kind den Aufsichtsbeamten der Gilde zu übergeben und mir sofort eine Nachricht zukommen zu lassen?«
    Mr. Cox steckt die Schnupftabakdose wieder in die Tasche. Die Sturheit des Hochmeisters beginnt ihn zu ärgern. Hier draußen in seiner Einsamkeit vergißt der Mann wohl, daß die Dinge auch ohne seine Anweisungen und seine ständige Kontrolle gut laufen könnten. In beschwichtigendem Ton antwortet er: »Sie ist doch ein Nichts, Sir. Ein kleines Mädchen, das überhaupt keine Ahnung hat, Mylord, weder von Ringen noch von anderen Dingen.«
    »Ist es Ihre Aufgabe, das zu beurteilen?« will Lord Lychworthy wissen. Er ist unversöhnlich.
    ›Das war für jeden deutlich erkennbar‹, würde Mr. Cox am liebsten antworten. Aber er weiß, der Earl würde nur die unterschwellige Zurechtweisung darin hören. Als er ihn bei dem Begräbnis aus der Ferne bei den Grafen und Bischöfen sitzen sah, war er gezwungen gewesen, rasch zu handeln. Durch übereiltes Handeln verdirbt man alles, dachte Mr. Cox mürrisch. Das Schicksal, das er eigentlich für die kleine Miss Farthing vorgesehen hatte, war weniger brutal gewesen: ihre Verschleppung in eine weit entfernte Kolonie, in eine primitive und obskure Einöde; ein neues Leben unter einem neuen Namen. Kein grausames, nur ein hartes Leben, schwer genug, um sie an einen Ort zu binden, wo sie niemandem mehr Ärger machen konnte. Nun – dort war sie jetzt ja auch. Aber den verdammten Priester sollte der Teufel holen. Und zur Hölle mit den unfähigen Idioten, die sie schon in der Wiege hätten aus dem Weg räumen sollen.
    Mr. Cox fühlt sich benommen und verschwitzt in dem überheizten Haus. Seine Perücke juckt ihn, und sein Kinn beginnt zu schmerzen wie immer, wenn er sich unbehaglich fühlt. »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Mylord«, sagt er mit neutraler, freundlicher Stimme. »Ich war der Ansicht, Sie seien

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