Sophies Kurs
Signor.«
Wieder hatte er große Mühe, höflich zu bleiben. Mit leiser Stimme sagte er: »Verzeihen Sie, aber ich kann nicht anders.«
Das wiederum war für mich nicht einsehbar. »Dann erlauben Sie, daß ich mich empfehle und Sie jetzt allein lasse.«
Er sank langsam auf ein Knie, stützte sich auf beide Hände und streckte das andere Bein seitwärts. Er brachte sein Gesicht ganz nah an meines, hob die Hand und machte aus Daumen und Zeigefinger einen Kreis. »Ich bin nahe daran, dem zuzustimmen, weil Sie es so wollen. Sie sind eine Hexe!« flüsterte er. »Sie haben mich verhext.«
»Ich habe überhaupt nichts gemacht.«
Er preßte die Lippen aufeinander. »Wieso erlaube ich Ihnen dann, mit mir wie mit einer Puppe zu spielen?«
Das war nun wirklich gut, was er da über die Lippen brachte. »Hören Sie auf, mich so anzuschauen, Sir!« Ich wandte mich von ihm ab und betrachtete die Aussicht. »Ich bin nicht geboren worden, um mich so anstarren zu lassen.«
Ich hatte noch nie rosig ausgesehen, und das Leben in London hatte meine Wangen bleich wie Schmalz gemacht. Aber inzwischen hatte die ungewohnte Atmosphäre von Mars meine Haut dunkler werden lassen, und meine Augen waren ständig vom Staub und Wind gerötet.
Doch der Maler ließ sich nicht beirren. »Der Mann, der Ihnen das gesagt hat, war ein Lügner!« rief er brüsk und streckte mir seine Hand entgegen. Ich übersah sie. »Kommen Sie mit mir, Miss Clare! Kommen Sie mit nach Io. An dieser einen Reise hängt Ihr ganzes zukünftiges Glück.«
Er schloß den Mund, als habe er schon zuviel verraten.
Ich blieb sitzen.
Sein Blick wurde glühend. »Ich bitte Sie eindringlich,
signorina.
Seien Sie nicht so verstockt.« Seine Stimme wurde dunkel, doch der Tonfall war mir aus der Zeit mit Papa noch in guter Erinnerung. »Treiben Sie es bitte nicht so weit, daß ich meine Geduld verliere.«
Ich dachte nicht daran aufzustehen, sondern stützte meine Hände fest auf den Fels. »Ihre Geduld? Und was ist mit meiner? Was wollen Sie von mir, Sir?« Ich merkte, daß meine Stimme schrill wurde. »Warum lassen mich die Leute nicht in Ruhe?«
Der junge Genius schloß die Augen. »Was ich möchte, steht hier nicht zur Diskussion«, sagte er fest und öffnete die Augen wieder. »Was ich möchte«, fuhr er in seiner geschwollenen Art fort, »darf niemals sein.« Er trat näher und zeigte mit dem Finger auf mich. »Ihretwegen habe ich meine Pflicht versäumt!«
Er sagte das in so anklagendem Ton, als sei dies meine Schuld. »Das ist noch nie zuvor geschehen. Für Sie habe ich Schande über mich und meine Familie gebracht. Und alles nur für Sie!«
»Für mich sollten Sie nun wirklich nichts tun, Sir. Das wäre mir viel lieber«, erwiderte ich ohne Umschweife.
Er packte meine Hand und zerrte mich auf die Füße. Dabei kam ich ihm näher als erwartet und trat ihm auf die Zehen.
»Sie sollten sich schämen!« schrie ich und hörte befriedigt, wie meine Stimme von den Felsen ringsum widerhallte.
Ich wehrte mich nicht gegen seinen Griff, machte keine einzige Bewegung, um seine Hand abzuschütteln. Ich stand nur da und sah ihm direkt in die Augen. Sehr ruhig sagte ich: »Wenn ich mit Ihnen zumindest bis zur Stadt zurückgehen soll, Signor, werde ich das nur auf meinen eigenen beiden Füßen tun.«
Mißtrauisch ließ er meine Hand los.
»Aber ich werde nicht mit Ihnen gehen.«
Sofort griff er wieder nach mir, doch ich wich ihm aus. »Da ist nichts auf Io«, sagte ich. »Dort lebt niemand.«
Er fluchte in einer fremden Sprache und griff sich ins Haar, als wünschte er, es sei meins. »Sie ignorantes Mädchen!«
»Ich könnte Ihnen auch einen Schimpfnamen geben!«
Mrs. Rodney pflegte dies immer zu sagen, wenn Gertie unverschämt wurde. »Sie sind kein Maler, nicht wahr?« »Doch, ich male!« behauptete er.
»Wie kann ich Ihnen vertrauen, wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen wollen?« fragte ich mit erhobener Stimme.
Er schlug sich gegen die Brust. »Ich zeige Ihnen die Wahrheit – auf Io! Sie werden sehen.« Er verlor die Geduld. Offenbar war er Widerspruch nicht gewohnt. Und ganz eindeutig wollte er nicht klein beigeben.
Ich drehte mich um und entfernte mich von ihm, so weit dies eben auf dem Felsgrat möglich war. Ich wollte schon den Abstieg beginnen, doch ich zögerte noch. Statt dessen brach ich ein Stück Stein aus der Felswand und warf es in den Abgrund.
»Das alles hat mit meinem Vater zu tun, nicht wahr?«
»Das kann ich Ihnen nicht beantworten«, knurrte
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