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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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ein verirrter Pfeil auf mich zugeschossen, glitt unter dem Arm der Statue hindurch und zupfte an meinem Ärmel. Mit einem Aufschrei stach ich auf die künstlichen Finger ein und stellte befriedigt fest, daß die Hand sofort zurückgezogen wurde.
    Fortescue nahm den Kerzenständer in diese Hand und warf ihn nach mir. Ich huschte gerade noch rechtzeitig auf der anderen Seite hinter der Statue hervor, wurde aber doch von ein paar heißen Wachsspritzern im Nacken getroffen. »Hier, Miss Farthing«, krächzte Fortescue, und seine Stimme überschlug sich dabei, »vielleicht wären Sie so freundlich, den Leuchter zu halten, während ich mir dieses freche Hündchen vom Hals schaffe!«
    Ich hatte die Hand hochgerissen, um mich vor dem Kerzenwachs zu schützen, hielt aber jetzt tatsächlich den Leuchter in der Hand.
    Bruno setzte nach und rief dabei: »Dieses Hündchen braucht kein Licht, um Sie ins Bein zu beißen, Signor Spinne!« Dabei versuchte er, den Mann von mir wegzuzerren.
    Rasch stellte ich den Leuchter vor der Wand ab. Irgendwie brannten immer noch alle Kerzen. In ihrem schummrigen gelben Licht konnte ich sehen, daß ich mit meiner Vermutung recht gehabt hatte. Wir befanden uns in einem großen Raum voller Gemälde. Eine düstere Ansammlung edler Herren verfolgte mißbilligend das groteske Ballett aus Ellbogen und Stahl, das Bruno unter ihren Augen aufführte.
    »O ja, Miss Farthing, schauen Sie sich nur um!« rief Fortescue, der außer vier Armen und einem Bauch aus Eisen auch Augen in seinem Hinterkopf zu haben schien. »Alle unsere Besucher bewundern die stattlichen Porträts der edlen Vorfahren seiner Lordschaft. Die Lychworthys führen die Piloten-Gilde schon seit den Tagen von König James«, verkündete er und schlug beidseitig nach Brunos Kopf wie ein Gärtner, der eine Rose mit zwei großen Scheren veredelt. Bruno duckte sich, stieß eine Büste um und schleuderte ihren Sockel nach der Kreatur. Er war wendig wie ein Caeruleaner und sehr erfahren in diesem tödlichen Ballett, das er im Marslicht gelernt hatte. Er wirbelte um unseren schwerfälligen, kopflastigen Angreifer herum und trat ihm heftig in die Kniekehlen. Auf italienisch rief er: »Und wie vielen davon haben Sie schon gedient, alter Mann?«
    Als Fortescue taumelte und in die Knie brach, schlug Bruno an dem erhobenen Arm vorbei einen Salto und stieß dem Alten sein Messer in den Nacken. Mit einem häßlichen Geräusch schrammte der Stahl der Klinge über Eisen. Fortescue kam wieder hoch, drehte den Körper mit einem heftigen Ruck und führte mit beiden Schwertern einen Scherenschlag – dicht unter Brunos Kinn entlang. Bruno trat aus, verfehlte sein Ziel, gewann aber dadurch etwas Raum. Er bückte sich, hob die umgestürzte Büste auf und schleuderte sie mit einer Hand auf den Gegner. »Sie sind langsam!« rief er verächtlich.
    Mit der flachen Seite eines seiner Schwerter lenkte Fortescue das Wurfgeschoß zur Seite.
    »Die Jahre machen sich bei Ihnen bemerkbar,
padrone!«
Mit diesen Worten kletterte Bruno geschickt auf den Kaminsims, der breit wie eine Straße war. Sofort begriff ich, was er vorhatte. An langen Ketten hing ein schwerer Kronleuchter von der Decke, ein großes, schweres, mit Metalldornen versehenes Wagenrad. Fortescue ließ eine Hand vorschnellen und schlug mit der anderen zu, doch Bruno hechtete über seinen Kopf hinweg, packte das Rad und schwang damit wie ein Akrobat am Hochtrapez hin und her. Dann trat er kurz und gezielt zu, aber Fortescue duckte sich so rasch, daß – ich schwöre es – sein Kinn mit den Knien kollidierte. Er wirbelte mit allen Armen, um den Sturz zu verhindern. Sofort erkannte ich, daß er für einen Moment hilflos war, stürzte mich von der anderen Seite auf ihn, packte einen seiner mechanischen Ellbogen und versuchte, während ich mit dem Messer auf ihn einstach, den anderen Arm abzuwehren.
    »Nein, Sophie, zurück!« schrie Bruno über mir und sah, daß Fortescue mich jeden Moment mit seinem Schwert aufspießen würde, wie man eine Strandschnecke auf einen Nagel pinnt. Er schwang seinen Körper herum, wodurch sich der Leuchter zu drehen begann, und brachte sich dadurch in die richtige Position für einen weiteren Tritt. Ich fiel mit dem Gesicht auf die nackten Dielen und versuchte wegzukriechen, doch eine dieser seltsamen Hände hatte meine Ferse gepackt. Ich trat mit dem anderen Fuß dagegen und stieß mich weg, wahnsinnig vor Angst wie eine Ziege, die den Klauen eines Engels zu entkommen sucht. Über

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