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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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kochen? Hast wohl nichts anderes mehr im Sinn als fremde Gentlemen zu belästigen«, meinte er mit müder Stimme. »Deine Mutter ist tot, und du solltest etwas Respekt vor ihrem Andenken zeigen.« Papa wedelte mit dem Arm, wobei er beinahe dem Teetopf den Garaus gemacht hätte. »Du wirst dich nicht mehr im Dock herumtreiben«, beendete er das Thema.
    Das war Papas Wahrheit. Nun kannte ich also beide Versionen. Doch Papa zitterte heftig, wie ich sah. Er hatte Angst. Sein Leben war schon immer geprägt von Furcht, doch diesmal war es kein aus dem Mohnrausch geborenes Schreckgespenst. Papa kannte Mr. Cox, da war ich sicher. Er wußte, was der Mann darstellte, oder was dieser wußte – jedenfalls wußte Papa etwas. Papa hatte Angst – und ich, was wunder, einmal nicht. Aber Sie dürfen mir glauben, lieber Leser, ich haßte ihn an diesem Morgen. Hatte er mir sonst nichts zu bieten außer Furcht?
    »Geh ins Bett, Papa«, sagte ich und erhob mich vom Tisch.
    Seine Augen weiteten sich. »Du bleibst, wo du bist, Sophie Farthing!« kreischte er. »Du solltest jedem Ärger aus dem Weg gehen!«
    »Ich werde dir den Tee nach oben bringen.« Ich ging an ihm vorbei, um den Kessel zu füllen. Er wirkte erschöpft. Er verfügte nur über sehr begrenzte Kräfte, und der Ärger am Ende einer langen Nacht hatte sie schnell aufgebraucht. Trotzdem konnte er noch einen Treffer landen.
    »Du wirst heute nicht aus dem Haus gehen«, sagte er, erhob sich und versperrte beide Türen. Dann begab er sich zu Bett und nahm den Schlüssel mit.
    Ich war wütend – und mehr denn je entschlossen, meinen Willen durchzusetzen.
    Ich bereitete seinen Tee und gab die gesamte Dreitagesration Opium hinein.
    Später schaute ich nach, ob er schliefe. Er lag im Bett wie ein Baby und hatte die Decken bis zum Kinn hochgezogen. Aber in seinen Augen war doch ich das Baby. »Sophie!« jammerte er. »Komm und setz dich her zu mir, hier, auf die Bettkante. Ich habe über den Vogel Greif nachgedacht, den, den Lord Hamilcar auf Miranda erlegt hat. Habe ich dir je davon erzählt? Ich habe gesehen, wie sie ihn ausluden – an Ketten hängend. Er war größer als vier Männer, sein ganzer Körper nur Fell und Federn ... Da war ein Mann, mit einer Kamera ...«
    »Es ist noch Tee übrig, Papa«, mahnte ich ihn. »Trink Ihn – so ist es gut.«
    »Das Biest war völlig durchnäßt von dem Eis, in dem sie es gelagert haben. Aus dem Körper lösten sich schon Fleischfetzen. Wegen des Gestanks war es nicht möglich, nahe heranzugehen ...«
    Endlich verdrehte er die Augen. Die Lider fielen herab. Längere Zeit murmelte er noch im Halbschlaf vor sich hin und begann dann laut und regelmäßig zu schnarchen.
    Ich nahm den Schlüssel, den er unter das Kopfkissen gelegt hatte, zog das Häubchen und meine Holzpantinen an und verließ das Haus. Ich wußte, es gab keine Vögel Greif, nicht mal auf Miranda.
    Die Werft lag in gleißendes Sonnenlicht getaucht. Unterhalb unseres Haven war der Raum so schwarz, daß er fast grün schimmerte. Geblendet kniff ich die Augen zu Schlitzen zusammen – und stolperte dabei fast über Kappi den Ophiq. Er kehrte die Straße.
    »Miss Sophie!« rief er und sah zu mir hoch, wobei er mit rollenden Augen mein Gesicht musterte. Dabei verfärbte er sich rot und purpurn. Er versuchte es zu verbergen wie jemand, der seinen Schluckauf zu unterdrücken versucht, aber ich wußte auch so, daß er nicht zufällig dort war. Irgendwie hatte er unseren Streit vorausgesehen und war auf dem Weg zu uns.
    An dieser Stelle zitiere ich mal wieder das
Strake Register über denkende Außerirdische, mit Anmerkungen zu Charakter, Veranlagung, Sitten etc.
Darin werden die Ophiq als neugierig, diplomatisch und hartnäckig beschrieben. Vom Charakter her sind sie phlegmatisch. Obwohl man all ihre physiologischen und nervlichen Reaktionen deutlich an der wechselnden Färbung ihrer Haut erkennen kann, sind sie bescheidene Kreaturen, die aus Anstandsgründen in menschlicher Gesellschaft bekleidet auftreten. Sie haben ein ausgeprägtes Moralempfinden und sind gute Gesellschafter für Kinder, mit denen sie sich sehr schnell anfreunden.
    ... Aber Kappi war nicht gekommen, um mir zu helfen.
    »Das Haus zu verlassen ist gefährlich, Sophie, wenn der Vater ist krank«, tönte Kappi.
    Ich zeigte zu den Docks hinüber. »Kappi, da ist ein
    Mann, der Mama gekannt hat. Sie war nicht auf dem Schiff. Das hat er jedenfalls gesagt.«
    »Sophie, es ist höchst weise, manchmal zu vergessen die

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