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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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naß und mit Abfällen durchsetzt.
    Mit schwingenden Mantelschößen machte der Captain eine plötzliche Wendung, um einer großen Pfütze auszuweichen, die unversehens vor unseren Füßen auftauchte. Ich beeilte mich, ihm zu folgen, und rannte prompt gegen ihn, wobei ich mir an seinem Rücken heftig die Nase stieß. Ein Hindernis auf dem Gehweg hatte ihn aufgehalten. Einer der Eidechsen-Menschen stand regungslos inmitten der Menge und aalte sich in den Sonnenstrahlen. »He, du da«, rief ein rotgesichtiger alter Mann mit einem Dreispitz auf dem Kopf und Schnallenschuhen an den Füßen. Dabei schlug er gnadenlos mit seinem Knaufstock auf den Rücken des Alien ein. »Kannst du nicht weitergehen?«
    Der Captain erklärte mir, daß der Außerirdische möglicherweise tatsächlich nicht dazu imstande war, denn die hiesige Sonne macht sie vergeßlich und verlangsamt ihre Bewegungsabläufe. »Sie werden am Ende ziemlich dumm«, sagte er laut, »und verlieren die zivilisierten Teile ihres Verstandes.«
    Das mag schon so sein. Ich kann nicht das Gegenteil behaupten – aber während ich dies hier niederschreibe, muß ich daran denken, was viele Leute über Engel behaupten. Sie sagen, sie seien Tiere ohne Verstand und würden wie Affen das menschliche Verhalten nur mimen. Was entweder pure Unwissenheit oder eine glatte Verleumdung ist. Zwar bin ich nie bei den zivilisierten Engeln im Mars-Orient gewesen, aber im Canyon de Saint Charles konnte ich Rachel und Gaston neben mir über eine Stunde lang beobachten, wie sie Zeile für Zeile einen Zeitungsausschnitt durchgingen, und selbst Thérèse war auf ihre humorvolle Art durchaus in der Lage zu erzählen, was sie an diesem Tag gemacht hatte. – Aber das gehört noch nicht hierher, denn wie ich schon sagte, will ich für Sie alles der Reihe nach erzählen. Oh, ich wünschte, ein Buch wäre wie ein Brief, in dem man alles niederschreibt, wie es einem in den Sinn kommt, und keiner Anstoß daran nimmt.
    Auf der Spaniards Road gab es keine Engel, aber ich bemerkte purpurfarbene und braune Gesichter. Vornehme Damen spazierten mit ihren Sklaven vorbei. Eine große Kreatur in einem Rüschenhemd mit dem Gesicht eines Storchs – außerirdisch? Menschlich? Sie war schon verschwunden, ehe man eine Antwort auf diese Frage fand. Hier eine Gruppe alter Männer mit schwarzen Kappen auf dem Kopf und langen weißen Bärten, dort ein stolzer junger Dandy mit gezwirbeltem Schnauzbart, einer Brille an einer farbigen Schnur und Rosetten auf seinen kirschfarbenen Schuhen, der einen widerspenstigen kleinen Hund an einer Leine hinter sich herzog.
    Mein Kopf drehte sich wie ein Kreisel nach allen Seiten – und plötzlich stampfte eine große vierbeinige Kreatur die Straße hinauf direkt auf mich zu, die mächtigen Schultern höher als mein Kopf. Ich bemerkte ein kompliziertes Kopfgeschirr mit Lederriemen und Messingringen sowie große schwarze Schilde, die an jeder Seite seines länglichen Gesichtes herunterhingen, als wäre dies der Basilisk, der einen mit seinem Blick tötet. Ich drängte mich gegen Captain Allardyce und rief entsetzt: »Was ist das?« Es war ein Kutschpferd, das von einem schlanken Corregianer gelenkt wurde.
    »Paß auf, wohin du trittst, Mädchen«, rief der Captain barsch und schob mich grob vorwärts. Unter der Statue des Triumphierenden Dädalus saß ein Bettler in der abgerissenen Uniform eines Raumlegionärs. Er hatte schmutzige, rot- und schwarzverkrustete Bandagen um die Füße. »Ein Tagedieb«, meinte Captain Allardyce und schob mich rasch an dem Mann vorbei. »Ein Heuchler. Mit der Uniform verlängern sie nur ihre Qualen.« Aber ich starrte immer noch entsetzt auf den Mann und fragte mich, woher der Captain das wissen wollte, denn überall sah man Krüppel und Bettler, die herumkrochen, um die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen, oder deprimiert in den Hauseingängen hockten. Und in diesem Augenblick entdeckte ich auch die erste Ratte, die über ein ausgestrecktes Bein lief. Ich dachte an die wenigen Münzen in meiner Tasche und wußte, daß ich bald auch bei ihnen landen würde.
    Wir gingen weiter, an Frauen mit abgetragenen Schals und Männern mit schäbigen Mützen vorbei, an Soldaten, Wahrsagern und Pastetenverkäufern.
    Genug davon. Mit einem Wort: Gestank und Krach im Herzen des Empires. Das ist nichts Neues.
    Lieber Herr, oder liebe Dame, ich bitte um Vergebung, daß ich diese Seiten mit seinem Lärm und Schmutz fülle. Warum sollte Sie auch das einfache Volk

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