Sophies Melodie (German Edition)
ein wenig ihre Gedanken. Sie wusste, dass Fabian Afra, Helens Ehemann, der ältere Bruder von Constantin war. Nicht nur als Schlagzeuger der Band hatte er sich einen Namen gemacht, sondern auch als Komponist. Er schrieb äußerst erfolgreich auch für andere Künstler und hatte unterdessen fast so viele Preise eingeheimst wie sein Bruder als Sänger.
„Mein Schwager hat mich gebeten, das Empfangskomitee für Sie zu spielen, und das mache ich natürlich sehr gern. Was halten Sie von einer guten Tasse Tee und einem kleinen Plausch in der Küche? Die Männer sind im Augenblick noch unten im Tonstudio, und es kann noch eine ganze Weile dauern, bis sie wieder hier oben erscheinen werden. Die ganze Band ist zurzeit hier, um dem nächsten Album noch den letzten Schliff zu geben. Wir hätten also noch genügend Zeit für den Tee. Ihr Zimmer kann ich Ihnen ja später auch noch zeigen. Sie sind sicherlich noch ein wenig erschöpft von der Reise, nicht wahr?“
„Besonders erschöpft bin ich eigentlich nicht. Der Flug war sehr angenehm, aber Tee wäre wirklich fantastisch“, antwortete Sophie dankbar.
Helen Afra lächelte warm und machte eine einladende Handbewegung. „Maria, Haushälterin und Köchin in einer Person, wird sich in der Zwischenzeit um Ihr Gepäck kümmern. Sie sorgt hier im Haus für alles, was so anfällt. Wenn Ihnen irgendetwas fehlen sollte, wenden Sie sich ruhig vertrauensvoll an sie. Sie spricht wenig, vollbringt aber wahre Wunder in der Küche. Wir alle sind ihrer Kochkunst restlos verfallen.“
Nickend erwiderte Sophie das höfliche, aber sehr distanzierte Lächeln der hochgewachsenen, südländisch wirkenden Frau mittleren Alters, die inzwischen lautlos von irgendwoher erschienen war. Sie wechselte mit der Haushälterin noch ein paar Begrüßungsfloskeln und registrierte nebenbei, dass die ältere Frau sie eingehend musterte, während sie sich miteinander bekannt machten. Schließlich griff Maria nach dem Gepäck, und Sophie folgte Helen Afra durch einen kurzen Flur in dieKüche. Der Raum war riesig, aber urgemütlich. Begeistert blieb Sophie in der Tür stehen und sah sich um.
„Schön, nicht wahr?“, fragte Helen.
„Oh ja. Sogar sehr, sehr schön!“
In der Mitte des Raumes stand ein übergroßer blank gescheuerter Esstisch aus naturbelassenem Kiefernholz mit passend gepolsterten Lehnstühlen. Die Küchenschränke waren aus der gleichen Holzart gearbeitet, und mit ihrer offensichtlichen Massivität erzeugten sie eine Atmosphäre von Verlässlichkeit und Stärke. Alles fügte sich perfekt ineinander. Der alte Kachelofen in der Ecke, die herrlichen karamellfarbenen Fliesen mit ihrem mattroten Muster und auch der große Tonkrug mit den weißen Margeriten auf dem Tisch. Der Raum wirkte auf den ersten Blick fast wie eine alte Bauernküche, aber Sophie bemerkte auch die modernen Geräte und den beeindruckenden Herd an der Stirnseite. „Wirklich wunderschön“, wiederholte sie.
Helen lächelte. „Sie werden aus dem Staunen nicht herauskommen. Das ganze Haus ist großartig.“
„Nach allem, was ich bisher gesehen habe, glaube ich Ihnen das aufs Wort“, sagte Sophie lachend. „Wenn ich dagegen an meine kleine Zweizimmermansarde denke …“
„Ah, das ist ja ein bezauberndes Klischee – die junge Reporterin in der Zweizimmermansarde. Aber bitte, setzen Sie sich doch.“
Helen Afra war offenbar vorbereitet gewesen. Der Tee war bereits fertig. Nachdem sie zwei Tassen und einen kleinen Teller mit etwas Gebäck auf den Tisch gestellt hatte, schenkte sie ein und setzte sich ebenfalls. „Ja, das Haus ist wirklich prächtig. Conny hat fast alles selbst entworfen, müssen Sie wissen. Das Anwesen war recht verfallen, als er es vor ein paar Jahren kaufte. Heute stehen eigentlich nur noch die Grundmauern. Der gesamte Innenausbau ist hochmodern, also lassen Sie sich von dem alten Gemäuer nicht täuschen.“
„Und Sie und Ihr Mann leben auch ständig hier?“
Helen nippte an ihrer Tasse und schüttelte ihren dunkelblonden Kopf. „Oh nein, ganz und gar nicht. Wir leben eigentlich den größten Teil des Jahres in der Nähe von London, allerdings auch eher ländlich. Wir haben zwei süße Töchter. Charlene ist fünf, und Chrissy ist gerade drei Jahre alt geworden. Meine Eltern leben mittlerweile ganz bei uns und passen auf sie auf, wenn wir nicht zu Hause sein können. Fabian reist zwar sehr gern und oft, aber seit ein paar Jahren besteht er doch immer häufiger darauf, dass ich ihn begleite.
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