Sophies Melodie (German Edition)
und aufsässig. Während Constantin bei einem Privatlehrer Gesang studierte, brachten seine Freunde allesamt die Schule zu Ende. Bis auf eine Ausnahme blieb die Begleitband von Constantin Afra in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung bis heute bestehen. Nur Leonard Kampmann hatte einige Zeit nach dem Abitur die Band verlassen und sich ganz der klassischen Musik gewidmet.
Es war schon dunkel, als die Maschine aufsetzte. Harriet hatte Sophie während des Fluges erzählt, dass das Anwesen von Constantin Afra, Kellan Manor, ein eigenes kleines Flugfeld besitze. Als Sophie die Gangway hinunterstieg, schlug ihr ein eisiger Wind entgegen. Sie zog ihren leichten Schal etwas fester und schloss den Reißverschluss ihrer Jacke. Unten angekommen,erkannte sie eine beleuchtete Start- und Landebahn und in unmittelbarer Nähe sogar einen kleinen Tower und einen Hangar, vor dem ein Hubschrauber stand.
Als Harriet – nun in eine feste Wetterjacke gekleidet – Sophies fragende Blicke sah, seufzte sie leise. „Das gehört alles ihm. Toll, oder? Wenn wir fliegen, ist unser Tower direkt mit dem Flughafen in Inverness verbunden. Von dort bekommen wir auch unsere Start- und Landegenehmigungen, müssen Sie wissen.“
„Wo ist denn das Haus?“, fragte Sophie und blickte sich um. Sie konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen.
„Das Domizil von Herrn Afra befindet sich hinter dem Hügel dort. Der Fahrer wird gleich hier sein und Sie hinbringen, Frau von Wenningen.“
Kaum hatte Harriet ihren Satz beendet, hörten sie auch schon das Motorengeräusch eines nahenden Autos. Ein großer Geländewagen rollte heran, und ein junger Mann in Jeans und Lederjacke sprang heraus.
„Hallo, ich bin Jesse. Ich bin hier sozusagen das Mädchen für alles.“ Er grinste. „Guten Abend, Frau von Wenningen.“
Sophie hatte sich zuvor geschworen, nicht beeindruckt zu sein, egal, was sie erwartete, aber sie war es trotzdem. Als Jesse den Geländewagen an mindestens drei Meter hohen Hecken vorbeigelenkt hatte und durch ein Eisentor fuhr, das sich automatisch öffnete, erhob sich plötzlich das riesige Haus wie aus dem Nebel vor ihren Augen.
„Willkommen auf Kellan Manor“, sagte Jesse und grinste ihr aufmunternd zu.
Graue Steinquader, typisch für englische Landhäuser, dachte Sophie. Die Fenster waren hoch und schmal, und an beiden Seiten des Gebäudes ragten Türme in den Nachthimmel. Viele der Fenster waren erleuchtet. Das Haus selbst wurde von außen angestrahlt.
Sehr langsam, fast ehrfürchtig, ließ der junge Fahrer denWagen die lange, von alten Kiefern gesäumte Auffahrt hinaufrollen, bis sie direkt vor dem Eingang des mächtigen Gebäudes anhielten. Während Jesse ihr Gepäck aus dem Wagen lud und zur Tür brachte, folgte Sophie ihm wortlos. Irgendwie fühlte sie sich plötzlich unbehaglich und unpassend angezogen in ihrer engen Jeans, der taillenkurzen Jacke, ihrem leicht verschlissenen Baumwollschal und den einfachen Turnschuhen.
Der Fahrer verabschiedete sich mit einem höflichen Lächeln und wünschte ihr einen angenehmen Aufenthalt, bevor er sich wieder hinter das Steuer des Geländewagens schwang und davonfuhr. Der Wagen rollte langsam um ein großes Rundbeet herum und verschwand schließlich in der Dunkelheit.
Sophie starrte eine Sekunde lang die hohe Doppeltür an, durch die wahrscheinlich ein ganzer Güterzug gepasst hätte, und suchte so etwas Ähnliches wie eine Türklingel. Doch schon im nächsten Moment wurde eine Seite der Tür geöffnet.
Beim Anblick der hübschen Frau, die ihr unbefangen entgegenlächelte, fühlte sich Sophie sofort besser. Die Frau war ungefähr in ihrem Alter, hatte strahlende azurblaue Augen, und auch sie trug – zu Sophies großer Erleichterung – Jeans und ein einfaches limettengrünes T-Shirt. Ihre dunkelblonden glatten Haare umrahmten ein zartes Gesicht und fielen ihr locker auf die schmalen Schultern.
„Herzlich willkommen! Sie müssen Frau von Wenningen sein, richtig?“
Sophie nickte lächelnd. „Genau die bin ich.“ Sie streckte der Frau ihre Hand entgegen. „Sophie von Wenningen.“
„Helen Afra. Ich bin mit Fabian verheiratet, Constantins Bruder. Es freut mich wirklich sehr, Sie endlich persönlich kennenzulernen, Frau von Wenningen. Wann immer wir in Deutschland sind, kaufen wir den ‚Diskurs‘. Ich liebe Ihre Rathaus-Kolumne.“
„Oh, vielen Dank.“
„Aber bitte, kommen Sie doch herein.“
Während sie Helen Afra in die prächtige Eingangshalle folgte,sortierte Sophie
Weitere Kostenlose Bücher