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Sorge dich nicht - lebe

Sorge dich nicht - lebe

Titel: Sorge dich nicht - lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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völlig vergessen. Forscher haben selten einen Nervenzusammenbruch. Sie haben keine Zeit für derartigen Luxus.
    Wie kommt es, dass eine so einfache Sache wie Beschäftigung hilft, unsere Sorgen und Nöte zu vertreiben? Weil das ein Gesetz ist – eines der wichtigsten Gesetze, die die Psychologie je entdeckte. Es handelt sich dabei um Folgendes: Es ist völlig unmöglich, dass irgendein menschlicher Verstand, und sei er noch so brillant, mehr als einen Gedanken auf einmal denken kann. Sie glauben mir nicht ganz? Na schön, dann machen wir einmal einen Versuch.
    Wie wäre es, wenn Sie sich jetzt zurücklehnen, die Augen schließen und gleichzeitig an die Freiheitsstatue und Ihre Arbeit morgen Vormittag denken würden? (Nur zu, probieren Sie’s!)
    Sie haben herausgefunden, dass Sie nur der Reihe nach an diese beiden Dinge denken können, nie gleichzeitig, nicht wahr? Nun, dasselbe gilt auch für die Welt der Gefühle. Sie können nicht im selben Augenblick wegen irgendeiner aufregenden Sache begeistert und in Hochstimmung sein und sich andererseits Sorgen machen, die Sie hinunterziehen. Diese einfache Wahrheit war es auch, die es den Armeepsychiatern ermöglichte, im Zweiten Weltkrieg wahre Wunder zu vollbringen.
    Den Soldaten, die ihre Fronterfahrungen nicht verarbeiten konnten, die psychoneurotisch wurden, verschrieben die Armeeärzte als Kur: ständig beschäftigt halten.
    Jede wache Minute dieser Männer, die einen Nervenschock erlitten hatten, war ausgefüllt – gewöhnlich mit Tätigkeiten im Freien wie Angeln, Jagen, Ball spielen, Golf, Fotografieren, Umgraben oder Tanzen. Man ließ ihnen keine Zeit, über ihren schrecklichen Erfahrungen zu brüten.
    Beschäftigungstherapie nennt man dies heute, wenn Psychiater ihren Patienten Arbeit verschreiben, als sei sie ein Medikament. Das ist gar nicht neu. Die Ärzte der alten Griechen traten schon fünfhundert Jahre vor Christi Geburt dafür ein.
    Von den Quäkern wurde diese Therapie in Philadelphia bereits zur Zeit von Benjamin Franklin angewandt. Ein Mann, der im Jahre 1774 ein Heim der Quäker besuchte, war schockiert darüber, dass geisteskranke Patienten mit Flachsspinnen beschäftigt wurden. Er hielt das für Ausbeutung, bis die Quäker ihm erklärten, dass sich ihre Patienten bei leichter Arbeit wohler fühlten. Sie wirkte nervenberuhigend.
    Jeder Psychiater wird Ihnen bestätigen, dass Arbeit – Beschäftigtsein – eines der wirksamsten bekannten Beruhigungsmittel für kranke Nerven ist. Als Henry W. Longfellow seine junge Frau verlor, fand er dies auf eigene Faust heraus. Seine Frau hatte Siegelwachs an einer brennenden Kerze schmelzen wollen, da fing ihr Kleid Feuer. Longfellow hörte sie schreien und versuchte, sie zu retten. Doch sie starb an ihren Verbrennungen. Eine Zeit lang quälte Longfellow die Erinnerung an jenes schreckliche Erlebnis so, dass er fast verrückt geworden wäre. Doch zum Glück waren noch seine drei kleinen Kinder da, die ihn brauchten. Trotz seines Kummers bemühte er sich, ihnen Vater und Mutter zugleich zu sein. Er ging mit ihnen spazieren, erzählte ihnen Geschichten, spielte mit ihnen und verewigte diese Zeit in seinem Gedicht Die Kinderstunde . Außerdem übersetzte er Dante. Und alle diese Pflichten hielten ihn so in Atem, dass er sich selbst darüber völlig vergaß. Er fand seinen Seelenfrieden wieder. Wie sagte doch noch der englische Dichter Tennyson, als er seinen besten Freund verlor: «Ich muss mich durch Beschäftigung betäuben, oder ich sterbe an Verzweiflung.»
Jeder Psychiater wird Ihnen bestätigen, dass Arbeit – Beschäftigtsein – eines der wirksamsten bekannten Beruhigungsmittel für kranke Nerven ist.
    Die meisten haben wenig Schwierigkeiten, «sich durch Beschäftigung zu betäuben», während sie die Nase in der Tretmühle haben und sich ihr tägliches Brot verdienen. Aber die Zeit nach der Arbeit – die ist gefährlich. Gerade wenn wir freihaben und das Leben genießen und am glücklichsten sein sollten, fallen uns die trübsinnigen Angstteufel an. Das ist dann der Augenblick, wo wir uns fragen, ob wir es im Leben mal zu etwas bringen werden. Ob wir nicht in einer Sackgasse stecken, ob der Chef mit seiner Bemerkung von heute irgendetwas «gemeint» hat, ob wir schon alt und grau werden.
    Wenn wir nicht beschäftigt sind, neigen wir dazu, in uns eine Art geistiger Leere entstehen zu lassen. Aber schon jeder Physikstudent weiß, dass «die Natur eine Abscheu vor dem leeren Raum hat». Das, was für

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