»Sorry, wir haben uns verfahren«
später. Vielleicht hatte der Slogan der Bahn einst einen gewissen Wahrheitsgehalt, doch 2010 ging bei Schnee, Eis und hohen Temperaturen einiges schief. Das legendäre Hitze- beziehungsweise Winterchaos auf deutschen Schienen bescherte den Passagieren ein klimatisches Wechselbad und jede Menge Verspätungen, dem Unternehmen einen Einbruch bei Gewinn und Image.
Erst drehten die Klimaanlagen durch: Bei sommerlichen 39 Grad machte die empfindliche Technik in einigen der modernen ICE schlapp und heizte den Zuginsassen mit bis zu 60 Grad Celsius Abteiltemperatur ordentlich ein â viele klagten über Atemnot, andere erlitten einen Panikanfall oder Kreislaufkollaps. Dabei mussten die Passagiere Durchsagen wie »Wir haben auÃerplanmäÃig zum Abkühlen der KlimaÂanlage gehalten« oder »Ist ein Arzt an Bord?« anhören, ihre Züge hatten wegen »Ãberhitzung der Lok« Verspätung. Die Schaffner â selbst längst durchgeschwitzt und der Beschwerden müde â lieÃen sich kaum mehr sehen, ihre Kunden fühlten sich einmal mehr alleingelassen. Und dann versagten Âwenige Monate später bei winterlichen Tiefs wie »Petra« Weichenheizungen, Oberleitungen und andere technische Anlagen, über die die Bahn irgendwann wohl selber keine Ãbersicht mehr hatte. Sogar Türen lieÃen sich wegen Eis nicht mehr schlieÃen. Auch hier kam es zu KreislaufÂbeschwerden bei Passagieren, diesmal wegen der Wartezeit auf übervollen kalten Bahnsteigen ohne Züge. Oder wegen stundenlanger Aufenthalte in liegen gebliebenen Regionalbahnen. Einen Ârekordverdächtigen Tiefstand an Pünktlichkeit erreichte die Bahn dann im Weihnachtsverkehr: Wegen Eis und Schnee Âkamen am 26. Dezember 2010 lediglich 20,5 Prozent der ICE und IC pünktlich â was wohl so manche Feier platzen lieÃ. Seitdem geht es wieder aufwärts mit der Bahn: Alarmiert von dem Chaos mitten in der bundesrepublikanischen Ordentlichkeit und der Wut der Kunden machte der Bahnchef 70 Millionen Euro zusätzlich locker und den Gleis-, Zug- und Weichenpflegern ordentlich Dampf. Schon ein Jahr später konnte die Bahn mit enormen Pünktlichkeitszuwächsen glänzen. Kein Wunder bei dem Vergleichsmaterial. Doch die Bahn und das Wetter, diese beiden werden niemals Freunde werden, wie die folgenden Erlebnisse zeigen.
In einem ICE von Stuttgart nach Berlin, mitten im Winter, drauÃen starker Schneefall. Bei der Ansage hat der Zugführer hörbar Pressatmung, er wirkt aufgeregt: »Meine Damen und Herren, ich habe leider schlechte Nachrichten für Sie. Dieser Zug wird ungeplant in Frankfurt am Main Hauptbahnhof verenden!« Danach hatte man das Gefühl, die letzten Zuckungen des auf den Schnee offensichtlich nicht vorbereiteten ICE förmlich mitzuerleben.
Gernot Pflüger, Offenbach
In einem verspäteten Regionalexpress schallte irgendwo zwischen Berlin und Magdeburg folgende Durchsage des Lokführers durch den Zug: »Zugbegleiter! Bitte mal meinen Hammer nach vorne bringen. Ick muss hier die vereisten Scheiben Âfreikloppen.« Und später, als sich im nächsten Bahnhof die Weiterfahrt wegen einer Türstörung verzögerte: »Soll ick den Hammer bringen?«
Sebastian Dolp, Berlin
Im Winter hörten wir einmal im Regionalexpress von Bremen nach Oldenburg folgende Durchsage: »Dieser Zug kann wegen Personalmangels nicht losfahren!« Es war klar, dass das Personal lediglich nicht rechtzeitig da sein konnte. Trotzdem klang das komisch.
Birgit Thomas, Bremen
Im ICE von Berlin in Richtung Köln, nach dreistündiger Verspätung aufgrund von Schnee und einer Umleitung wegen Âeines Personenunfalls: »Reisende, für die sich der Sinn der ÂReise erledigt hat, fahren bis Münster. Dort erhalten Sie Anschluss an einen Zug zurück nach Berlin.«
Jörg Potthast, Berlin
Aufgrund einer Oberleitungsstörung fielen in Düsseldorf im Winter einmal alle Züge aus. Nach einigen Stunden voller ÂUnsicherheit und Ratlosigkeit fuhr tatsächlich ein Zug ein â angetrieben durch eine Dampflok. Diese antiquierte Form des Bahnreisens erwies sich als zuverlässig, und wir konnten die Reise fortsetzen.
Sabine Lauderbach
Folgende norddeutsch-brummige Durchsage im Regionalexpress zwischen Hamburg und Flensburg war bis vor einigen Jahren in der kalten Jahreszeit immer für einen Lacher gut: »Sehr geehrte Damen und
Weitere Kostenlose Bücher