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»Sorry, wir haben uns verfahren«

»Sorry, wir haben uns verfahren«

Titel: »Sorry, wir haben uns verfahren« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Antje; Orth Blinda
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später. Vielleicht hatte der Slogan der Bahn einst einen gewissen Wahrheitsgehalt, doch 2010 ging bei Schnee, Eis und hohen Temperaturen einiges schief. Das legendäre Hitze- beziehungsweise Winterchaos auf deutschen Schienen bescherte den Passagieren ein klimatisches Wechselbad und jede Menge Verspätungen, dem Unternehmen einen Einbruch bei Gewinn und Image.
    Erst drehten die Klimaanlagen durch: Bei sommerlichen 39 Grad machte die empfindliche Technik in einigen der modernen ICE schlapp und heizte den Zuginsassen mit bis zu 60 Grad Celsius Abteiltemperatur ordentlich ein – viele klagten über Atemnot, andere erlitten einen Panikanfall oder Kreislaufkollaps. Dabei mussten die Passagiere Durchsagen wie »Wir haben außerplanmäßig zum Abkühlen der Klima­anlage gehalten« oder »Ist ein Arzt an Bord?« anhören, ihre Züge hatten wegen Ȇberhitzung der Lok« Verspätung. Die Schaffner – selbst längst durchgeschwitzt und der Beschwerden müde – ließen sich kaum mehr sehen, ihre Kunden fühlten sich einmal mehr alleingelassen. Und dann versagten ­wenige Monate später bei winterlichen Tiefs wie »Petra« Weichenheizungen, Oberleitungen und andere technische Anlagen, über die die Bahn irgendwann wohl selber keine Übersicht mehr hatte. Sogar Türen ließen sich wegen Eis nicht mehr schließen. Auch hier kam es zu Kreislauf­beschwerden bei Passagieren, diesmal wegen der Wartezeit auf übervollen kalten Bahnsteigen ohne Züge. Oder wegen stundenlanger Aufenthalte in liegen gebliebenen Regionalbahnen. Einen ­rekordverdächtigen Tiefstand an Pünktlichkeit erreichte die Bahn dann im Weihnachtsverkehr: Wegen Eis und Schnee ­kamen am 26. Dezember 2010 lediglich 20,5 Prozent der ICE und IC pünktlich – was wohl so manche Feier platzen ließ. Seitdem geht es wieder aufwärts mit der Bahn: Alarmiert von dem Chaos mitten in der bundesrepublikanischen Ordentlichkeit und der Wut der Kunden machte der Bahnchef 70 Millionen Euro zusätzlich locker und den Gleis-, Zug- und Weichenpflegern ordentlich Dampf. Schon ein Jahr später konnte die Bahn mit enormen Pünktlichkeitszuwächsen glänzen. Kein Wunder bei dem Vergleichsmaterial. Doch die Bahn und das Wetter, diese beiden werden niemals Freunde werden, wie die folgenden Erlebnisse zeigen.

    In einem ICE von Stuttgart nach Berlin, mitten im Winter, draußen starker Schneefall. Bei der Ansage hat der Zugführer hörbar Pressatmung, er wirkt aufgeregt: »Meine Damen und Herren, ich habe leider schlechte Nachrichten für Sie. Dieser Zug wird ungeplant in Frankfurt am Main Hauptbahnhof verenden!« Danach hatte man das Gefühl, die letzten Zuckungen des auf den Schnee offensichtlich nicht vorbereiteten ICE förmlich mitzuerleben.
    Gernot Pflüger, Offenbach
    In einem verspäteten Regionalexpress schallte irgendwo zwischen Berlin und Magdeburg folgende Durchsage des Lokführers durch den Zug: »Zugbegleiter! Bitte mal meinen Hammer nach vorne bringen. Ick muss hier die vereisten Scheiben ­freikloppen.« Und später, als sich im nächsten Bahnhof die Weiterfahrt wegen einer Türstörung verzögerte: »Soll ick den Hammer bringen?«
    Sebastian Dolp, Berlin
    Im Winter hörten wir einmal im Regionalexpress von Bremen nach Oldenburg folgende Durchsage: »Dieser Zug kann wegen Personalmangels nicht losfahren!« Es war klar, dass das Personal lediglich nicht rechtzeitig da sein konnte. Trotzdem klang das komisch.
    Birgit Thomas, Bremen
    Im ICE von Berlin in Richtung Köln, nach dreistündiger Verspätung aufgrund von Schnee und einer Umleitung wegen ­eines Personenunfalls: »Reisende, für die sich der Sinn der ­Reise erledigt hat, fahren bis Münster. Dort erhalten Sie Anschluss an einen Zug zurück nach Berlin.«
    Jörg Potthast, Berlin

    Aufgrund einer Oberleitungsstörung fielen in Düsseldorf im Winter einmal alle Züge aus. Nach einigen Stunden voller ­Unsicherheit und Ratlosigkeit fuhr tatsächlich ein Zug ein – angetrieben durch eine Dampflok. Diese antiquierte Form des Bahnreisens erwies sich als zuverlässig, und wir konnten die Reise fortsetzen.
    Sabine Lauderbach
    Folgende norddeutsch-brummige Durchsage im Regionalexpress zwischen Hamburg und Flensburg war bis vor einigen Jahren in der kalten Jahreszeit immer für einen Lacher gut: »Sehr geehrte Damen und

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