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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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nach draußen, ohne wirklich etwas zu sehen. Als sie das Mietshaus verließen, hätte sie schwören können, daß Frauke rauchend und ungeduldig vor der Tür auf sie wartete. Nichts. Sogar ihr Wagen war vom Parkplatz verschwunden.
    Wo bist du nur?
    Sie haben schon mehrmals versucht, Frauke über das Handy zu erreichen. Nur ihre Mailbox springt an. Nichts ergibt einen Sinn. Tamara fühlt sich betäubt. Die Geräusche erreichen sie gefiltert, das Tageslicht dagegen ist klar und grell. Sie schließt die Augen, driftet davon und schreckt auf, als Kris die Tür auf ihrer Seite öffnet.
    – Wir sind da.
    Im Baumarkt kaufen sie Eimer und Putzzeug, eine Zange, Mülltüten, Spachtel und eine schwarze Plastikplane. Sie legen eine Taschenlampe und drei Spaten in den Einkaufswagen, so daß die Griffe wie Palisaden herausragen. Sie reden kein Wort miteinander und wirken wie drei Fremde, die gemeinsam durch einen Baumarkt wandern. Zum Schluß legt Kris einen Schlafsack in den Einkaufswagen. Keiner fragt, was der Schlafsack soll.
    Zurück in die Wohnung. Vier Stockwerke hoch. Durch die Tür, durch den Flur. Die Frau hängt noch immer an der Wand. Alles ist unverändert.
    Und ich dachte, wenn wir wiederkommen ...
    Tamara beginnt leise zu wimmern.
    – Tammi, reiß dich zusammen, sagt Kris.
    – Ihre Augen sind zu, sagt Wolf.
    Für Sekunden starren sie auf die geschlossenen Augenlider der Toten.
    – Gut so, sagt Kris. Laßt uns anfangen.
     
    Sie fangen mit den Händen an. Wolf hält den Körper der Frau um die Hüfte herum und hebt sie ein wenig an, damit ein Teil des Gewichts von den Händen genommen wird. Kris streckt sich und setzt die Zange an. Die Brüder sind blaß und wirken abwesend, als wären sie weit entfernt.
    Ich will da auch hin , denkt Tamara und zuckt zusammen, als der Nagel mit einem saugenden Geräusch aus den Handflächen gezogen wird. Kris verliert die Balance und flucht, der Nagel fällt klimpernd herunter und rollt im Halbkreis über den Boden. Die Arme der Leiche fallen herunter und bleiben auf Wolfs Rücken liegen.
    – Mach schneller, sagt Wolf und taumelt unter dem Gewicht der Leiche.
    Das Herausziehen des zweiten Nagels klingt, als würde ein Korken aus einer Weinflasche gedreht werden. Der Kopf der Toten sinkt nach vorne, das Kinn fällt auf die Brust.
    – Okay, sagt Kris und tritt einen Schritt zurück.
    Wolf läßt die Leiche runterrutschen, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand dasitzt.
    – Tammi, könntest du bitte mal mit anfassen?
    Sie legen die Frau in den Schlafsack und schließen ihn. Der Reißverschluß hakt zweimal. Tamara überlegt, ob sie ein Luftloch lassen sollte. Kris fragt, was sie da tut.
    – Nichts, sagt Tamara und schließt den Reißverschluß bis oben hin.
    Sie heben den Schlafsack an. Es raschelt, und Tamara wünscht sich, das Radio wäre wieder an. Sie tragen die Leiche in den Flur, legen sie nahe an die Wand, damit sie ihnen nicht im Weg ist. Kris und Wolf kehren in das Wohnzimmer zurück, breiten die Plastikplane aus und beginnen, die Wandtapete mit den Spachteln runterzukratzen. Tamara ist für die Küche zuständig. Sie wischt Wolfs Blut vom Boden, poliert die Türgriffe und alles, was sie angefaßt haben. Ein paarmal hält sie in ihrer Arbeit inne und schaut in den Flur, als hätte sie etwas gehört.
    Tamara weiß nicht, wie viele Stunden vergangen sind. Es ist Nacht. Ihre Beine sind steif, der Nacken ein einziger Krampf. Ihre Hände schmerzen, und die Haut ist vom Wischwasser ganz schrumpelig.
    Die Brüder tragen den Schlafsack nach unten, während Tamara mit Wolfs Wagen auf den Hof des Mietshauses fährt. Sie macht sich keine Gedanken darüber, daß jemand sie sehen könnte. Sie funktioniert einfach nur. Als der Schlafsack im Kofferraum verstaut ist, holen Kris und Wolf den Müll und die Putzsachen aus der Wohnung und verteilen sie auf die Mülltonnen.
    – Verschwinden wir, sagt Kris.
    Wolf fährt vom Hinterhof und fragt etwas. Kris antwortet. Wolf fragt wieder. Kris antwortet. Tamara sitzt erneut auf dem Rücksitz und hat keine Ahnung, worüber sie reden. Sie versteht zwar die Worte, die Worte ergeben aber keinen Sinn. Da ist ein dumpfes Pochen hinter ihren Schläfen, da ist der Wunsch, die Brüder anzuschreien, damit sie den Mund halten. Tamara drückt die Stirn gegen das Fensterglas und schließt die Augen. Ihre Gedanken kehren immer wieder an den einen Punkt zurück. Jenni . Das Foto steckt in ihrer Hosentasche. Tamara will David anrufen. Tamara will keine Panik

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