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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Bild zerstört. Außerdem ist ihr Sauberkeit schon immer wichtig gewesen. Da wollte ich nicht mit der Tradition brechen. Habt ihr sie euch richtig angesehen? Ihr könnt überall suchen, aber die Antwort versteckt sich immer in den Augen. Wenn man lange genug schaut, sieht man alles. Dummerweise schaut man nie richtig hin. Wenn man aber einmal richtig hinschaut, wundert man sich, wie man die Wahrheit übersehen konnte.
    Kris hat keine Ahnung, wovon der Typ spricht.
    – Was haben wir damit zu tun? fragt er.
    Meybach sagt ihm, was sie damit zu tun haben. Er sagt es einmal und wiederholt es ein zweites Mal, als wäre Kris schwachsinnig. Kris muß das Handy fester umfassen, damit es ihm nicht aus der verschwitzten Hand rutscht. Zum Schluß hört er ein Klicken, Meybach hat die Verbindung unterbrochen. Kris muß sich zwingen, das Handy noch länger an sein Ohr zu halten. Er weiß, wenn er esjetzt runternimmt, wird er es auf den Boden schmeißen. Wolf hat das Richtige getan, als er gegen die Wand schlug. Eine volle Minute lang sieht Kris weiter aus dem Fenster, als wäre Meybach noch am anderen Ende der Leitung. Er will sich nicht umdrehen.
    Wie soll ich es ihnen erzählen?
    Kris schluckt trocken, schaltet das Handy aus und dreht sich um. Sie fragen nicht, sie sehen ihn nur an.
    – Er sagt, wir sollen unseren Job machen.
    Wolf wischt sich über den Mund und wendet sich ab. Tamara runzelt die Stirn, als würde sie nicht verstehen, was hier passiert. Frauke reagiert als einzige.
    – Vergiß es, ohne mich, sagt sie und rennt aus der Küche. Ihre Schritte sind im Flur zu hören, dann knallt die Wohnungstür hinter ihr zu.
    Niemand hat damit gerechnet.
    – Was genau hat er gesagt? will Tamara wissen. Kris, verdammt, was genau hat er gesagt?
    – Wir sollen uns für ihn entschuldigen, antwortet Kris und zeigt mit dem Daumen über seine Schulter, bei ihr.
    Sie sehen ihn an, als wäre er eben erst in den Raum getreten. Er wünscht sich, Frauke wäre noch da. Tamara weicht zurück, bis sie eine Wand im Rücken hat, während Wolf einfach nur dasteht und seine verletzte Hand öffnet und schließt, als hätte er einen Krampf.
    – Sag das noch einmal, bittet er Kris.
    – Wir sollen uns bei ihr entschuldigen. Für ihn. Er will, daß wir die Entschuldigung aufnehmen. Er will die Aufnahme als Datei haben. Deswegen der MD-Player. Er sagt, dafür hat er uns angestellt, damit wir ...
    Kris verstummt.
    – Damit wir was? hakt Wolf nach.
    – Die Schuld von ihm nehmen.
    – Aber ... Aber so funktioniert das nicht, meldet sich Tamara.
    – Wem sagst du das, sagt Kris.
    Wolf drückt sich die Handballen auf die Augen. Der Schal an seiner Hand sieht lächerlich aus. Er erinnert Kris an Fußballfans, die an Wochenenden grölend durch die Straßen laufen.
    – Es ist mein Auftrag, sagt Wolf und nimmt die Hände wieder herunter, also werde ich da reingehen. Aber ich tue es nicht für dieses Schwein, kapiert?
    – Kapiert, sagt Kris.
    – Was soll ich sagen?
    Kris erzählt von dem Zettel, der in der Hosentasche der Frau stecken soll. Er nimmt den MD-Player aus der Papiertüte und reicht ihn Wolf.
    – Danach reden wir, sagt Wolf und betritt das Wohnzimmer.
    Tamara und Kris rühren sich nicht. Sie hören Wolfs Schritte, das Knirschen von Dreck unter seinen Schuhen. Das Rascheln von Papier. Ein Räuspern. Stille. Und dann:
    – Ich brauche Vergebung, ich bitte um Vergebung für das, was ich tun mußte, sagt Wolf schließlich. Der Schmerz und die Wut sind jetzt bezahlt. Es ...
    Stille. Tamara sieht Kris an, Kris hebt ratlos die Schultern, Wolf liest weiter:
    – Es ist vorbei. Vergangenheit und Gegenwart sind gereinigt. Ihr ...
    Wolf verstummt. Tamara will zu ihm gehen. Kris versucht sie zurückzuhalten, sie weicht ihm aus. Ihre Schritte hämmern durch den Flur.
    – B LEIBT DRAUSSEN ! kommt es aus dem Wohnzimmer. Tamara bleibt im Flur stehen. Wolf spricht weiter:
    – Vergangenheit und Gegenwart sind gereinigt. Ihr habt mich zu dem gemacht, was ich bin. Und so nehme ich euch, was ihr mir genommen habt. Lars Meybach. PS: Natürlich gehe ich - - -
    Eine lange Stille folgt, dann kommt Wolf aus dem Zimmer. Er hält Tamara und Kris den Brief wie ein Manifest entgegen. Am Ende der Seite ist ein PS hinzugefügt:
     
    Natürlich gehe ich davon aus,
    daß ihr euch um die Leiche kümmert.
     
    Tamara lacht plötzlich los, hysterisch schrill, dann beißt sie sich auf die Unterlippe und verstummt. Wolf und Kris sehen sich an, Tamara sagt leise: – Wir tun das

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