Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SOS - die Erde erkaltet

SOS - die Erde erkaltet

Titel: SOS - die Erde erkaltet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmond Hamilton
Vom Netzwerk:
für sich allein waren, aber wenigstens nicht belästigt wurden. Er sagte: »Ich weiß, es ist höllisch schwer, aber es ist nur für eine kleine Weile – ich meine das Wohnen miteinander. Platz ist hier genug für alle, und du kannst dir eine Wohnung aussuchen, die dir gefällt und wo du ganz für dich bist. Ich kann dir alles, was du willst, aus deinem Haus holen, deine Bücher und auch andere Sachen, sogar Möbel …«
    Sie unterbrach ihn. »Nein! Ich möchte nicht, daß daheim irgend etwas angerührt wird. Das Bewußtsein, es bleibt alles so, wie ich es verlassen habe, will ich bewahren, so kann ich wenigstens daran denken und vielleicht …« Sie schüttelte ihren Kopf.
    Er verließ sie niedergeschlagen und besorgt. Carol schien verändert, und er glaubte nicht, daß es bloß Müdigkeit war. Vielleicht war sie zu tief verwurzelt; nicht nur in Middletown, sondern in der alten Lebensweise und der Geisteshaltung. Kenniston war, in wirre Gedanken versunken, über zwei lange Plätze gegangen, ehe er sich klar wurde, daß sich auf den Straßen eine Wandlung vollzogen hatte. Er versuchte zu ergründen, woran es lag. In den Gebäuden befänden sich jetzt mehr Menschen und in den Wagen weniger, aber das war noch nicht alles. Irgend etwas war anders … Die Straßen waren plötzlich lebendig geworden. Das hatten die Kinder bewirkt. Kennistons Schritt wurde beschwingtet-, und ganz plötzlich hatte er das Gefühl: Es wird schließlich doch noch alles gut. Das Menschengeschlecht ist zäh.
    Weitere Beweise dafür erhielt er in den nächsten zwei Tagen. Die Wogen der großen Wanderung ergossen sich über die staubige Höhe und strömten durch das Portal in die Stadt hinein, Tausende lärmender Räder und Motoren, die unzähligen Gesichter und neugierigen Augen. Und für jene, die am zweiten und dritten Tag eintrafen, war es nicht mehr so schlimm wie für die Menschen, die als erste gekommen waren. Diese siebentausend Pioniere hatten den Weg gebahnt und den Fluch der Leere und des Schweigens aufgehoben. Gemeinschaftsküchen, die auf Öl- und Benzinkochern arbeiteten, erfüllten die Luft mit dem vertrauten, belebenden Duft von Kaffee. Man schaffte die Gefangenen aus dem Gefängnis heran und sperrte sie in ein anderes Gebäude. Ein großes Bauwerk auf dem Platz im Zentrum wurde zum Rathaus bestimmt, und bis zur dritten Nacht war nicht eine Seele mehr in Middletown zurückgeblieben. Alle weilten hier unter dem großen Dom der fremden Stadt. »Wir werden diesen Ort Neu-Middletown nennen«, verkündete Bürgermeister Garris. »Dieser Name läßt ihn mehr als Heimat erscheinen.«
    Kenniston ging in dieser Nacht in einer der dunklen Hauptstraßen der Stadt unter dem Dom spazieren. Aus den Türen und Fenstern schien Licht.
    Carol fröstelte ein wenig und knöpfte ihren Mantel zu. »Es wird kälter.« Kenniston nickte. »Aber nicht so bitter kalt – nur wie in einer Oktobernacht in unserer alten Zeit. Das können wir schon aushalten.« Sie blickte zu ihm auf, und ihre Augen standen dunkel in dem verschwommenen hellen Heck, dem ihr Gesicht glich. »Aber wie werden wir wirklich hier leben, Ken? Ich meine, wenn das Essen aus den Warenhäusern ausgegangen ist?«
    Hubble und er hatten gewußt, daß diese Frage auftauchen würde und hielten die Antwort dafür bereit. Keine vollkommene Erklärung, aber die einzig mögliche. »Weiter drüben in der Stadt stehen große Treibhäuser, Carol. Die Menschen hier hatten in ihnen Pflanzen für ihre Ernährung gezogen. Wir können das auch tun. Es gibt noch Saatgut in Middletown.«
    »Aber Wasser?«
    »Davon gibt’s eine Menge«, antwortete er sogleich. »Große, unterirdische Behälter, die eine tiefe, wasserführende Schicht anzapfen müssen. Hubble hat es prüfen lassen und es ist völlig einwandfrei.«
    Sie wanderten weiter, zum Rande der Stadt. Der Mond ging gerade auf, der kupferfarbene, unwirklich große Mond, der so viel näher an der Erde stand als in den alten Zeiten. Sein kupfriges Licht strömte durch den Dom auf die Stadt. Die weißen Türme träumten. Es wurde kälter. Die ganze gewaltige Vergangenheit der toten Erde schien über Kenniston hereinzubrechen. Millionen Jahre, Billionen Leben voll Schmerz, Hoffnung und Kampf, und wofür alles? Für diese Gegenwart?
    Carol fühlte das auch, denn sie schmiegte sich enger an ihn. »Sind sie alle tot, Ken? Das ganze Menschengeschlecht außer uns selbst?« Er und Hubble hatten auch auf das eine Antwort, die Antwort, die sie jedem geben mußten.

Weitere Kostenlose Bücher