Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
überall in der Karibik und meint, dass es hier genauso aussieht, aber Triti ist Inderin und meint, es erinnert sie eher an Goa.«
Danny? Triti? Ich hatte nicht erwartet, dass meine Schwester sich im Jenseits so amüsieren würde. Die ganze Zeit war ich so einsam, und jetzt finde ich raus, dass sie schon wieder eine neue Clique um sich geschart hat.
»Und wer sind die Philosophen?« Ich durchforste mein Hirn. »Marx und Kant?«
»Ach Quatsch«, schnaubt sie. »Hier ist niemand alt. Das ist bloß unser Spitzname für diese krassen Typen, die sich weigern, mit uns anderen zu reden, weil sie immer noch nicht akzeptieren wollen, dass sie hier sind. Selbstmörder, schätzen wir.«
»Selbstmörder? Sind alle tot, da, wo du bist?«
»Na, was denkst denn du?«
Und da fällt mir auf, dass ich ihr die wichtigste Frage ja noch gar nicht gestellt habe. Die Frage, die mir keine Ruhe lässt, nicht mal in meinen Albträumen.
»Meggie? Wer hat dich umgebracht?«
Der Bildschirm friert ein. Der frühmorgendliche Nebel ist wieder da. Das Rauschen der Wellen verschwindet und alles verfärbt sich zu einem Blutrot in tausend Schattierungen, wie ein Sonnenuntergang nach einem Massaker.
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»Meggie?«, flüstere ich erst, dann schreie ich es. »MEGGIE!«
Aber ich bin wieder auf meiner Startseite, und als ich über den Link in der ersten Mail wieder zurückzukommen versuche, erklärt mir mein Browser nur:
Die Seite wurde nicht gefunden. Die gewünschte Seite wurde möglicherweise entfernt oder umbenannt oder sie ist vorübergehend nicht erreichbar.
»Alles in Ordnung da drin, Alice?«
Das ist meine Mutter, die von ihrer Trauerhilfegruppe zurück ist. Einen Moment lang stelle ich mir vor, ich würde ihr sagen, dass nichts in Ordnung ist und warum. Allein bei dem Gedanken muss ich hysterisch lachen. »Mir geht’s gut, Mum. Alles okay.«
Aber mir geht es alles andere als gut. Ich habe gerade zum zweiten Mal meine Schwester verloren und ich weiß nicht, ob ich das noch einmal ertrage.
12
All die Fragen in meinem Kopf halten mich wach, bis mein überanstrengtes Gehirn schließlich gegen vier oder fünf Uhr morgens einfach abschaltet. Und dann schlafe ich so tief, dass Mum kommen und mich für die Schule wecken muss, was sie nicht mehr gemacht hat, seit ich in der zehnten Klasse war.
»Na komm schon, Miss Wunderland. Das ist ja schwerer, als eine Tote aufzuwecken.«
Ich erstarre auf halbem Weg zwischen Liegen und Aufsetzen.
Meine Mutter erstarrt ebenfalls. Im nächsten Moment aber bricht der Trauerprofi in ihr durch und sie zwingt sich zu einem Lächeln. »Hör mal, das ist nur so eine Redewendung. Die hat nicht die Macht, uns noch mehr Schmerz zuzufügen, als wir bereits spüren.«
Ich kriege kein Wort heraus. Jetzt, da ich wach bin, fluten die Erinnerungen an Soul Beach meinen Kopf und ich wünschte, ich wäre dort, bei Meggie. Doch dann fällt mir wieder ein, dass ich ja aus dem Paradies rausgeworfen worden bin.
Mum setzt sich auf meine Bettkante. Diesen Blick kenne ich. Gleich fängt sie ein ernsthaftes Gespräch an. Wenn ich Glück habe, geht es nur um Sex oder Drogen. Alles, nur nicht …
»Olav hat eine neue Gruppe gegründet, für jüngere Leute, und ich habe mir gedacht, vielleicht magst du ja mal hingehen?«
»Eine Gruppe für andere Jugendliche mit toten Familienmitgliedern?« Was Schrecklicheres kann ich mir gar nicht vorstellen.
»Ja«, antwortet sie. »Nicht so langweilig wie meine Gruppe, weißt du, viel lockerer. Die einzelnen Sitzungen haben auch kein bestimmtes Thema. Da habt ihr einfach nur Gelegenheit zum Quatschen.«
»Wer geht denn bitte zu so was?«
Sie sieht verletzt aus.
»Entschuldige, Mum. Ich meinte nicht dich. Aber zum Reden habe ich Cara und Robbie.«
Sie übergeht die Anspielung darauf, dass sie keine Freunde hat. »Na ja, Olav hat schon ein Dutzend potenzielle Mitglieder zusammen, alle im Teenageralter. Ein paar von ihnen habe ich schon bei unseren Treffen kennengelernt, das sind ganz nette Jungs und Mädels.«
Ich antworte nicht. Die Bilder von Soul Beach in meinem Kopf lenken mich ab und ich höre noch immer das Rauschen der Wellen.
»Alice?«
»Tut mir leid, ich bin noch nicht richtig wach.«
»Nein, schon gut.« Sie rutscht auf dem Bett hin und her. »Dann lasse ich dich mal in Ruhe
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