Robbie über meine Unipläne. Ich kann mich auf nichts davon konzentrieren. Soul Beach ist vielleicht kein Computervirus, aber meine Gedanken hat er auf jeden Fall infiziert. Wo ist Meggie da gelandet? Ist sie glücklich? Und werde ich jemals wieder ihre Stimme hören?
Als ich sie zum ersten Mal verlor, hat es höllisch wehgetan, aber ich schwöre, das hier ist noch schlimmer.
»Was hast du eigentlich für ein Problem?«, verlangt Cara schließlich auf dem Nachhauseweg zu wissen. Es ist viel zu heiß für den letzten Septembertag und meine Schulbluse klebt mir am Rücken.
»Na, was meinst du denn wohl?«
Sie hebt die Augenbrauen. Wir gehen weiter. Nach einer Weile sagt sie: »Ich kapier nur nicht, warum es plötzlich wieder bergab mit dir geht. Ich dachte, du fühlst dich langsam besser.«
Wieder überlege ich, ihr von meinem Besuch auf der Homepage zu erzählen. Aber sie würde es nicht verstehen. »Ach, das tut mir jetzt aber furchtbar leid. Ich habe nicht dran gedacht, dass es dir mit so einer trübseligen besten Freundin auf Dauer langweilig werden würde. Dann suchst du dir wohl am besten schnell eine neue, die besser drauf ist, was, Cara?«
»Ach komm, Alice, ich meinte doch nicht …«
Aber ich will es gar nicht hören. Da ist wieder das Rauschen meines Bluts oder des Meeres oder wovon auch immer in meinen Ohren. Ich renne los und bleibe nicht stehen, bis ich zu Hause bin. Alles, woran ich denken kann, ist, dass es heute Abend um Viertel vor zwölf exakt sieben Tage her ist, dass ich von der Seite verbannt worden bin. Also muss ich bis dahin doch wohl eine Antwort bekommen. Oder?
Ich gehe duschen. Ich esse drei Scheiben Toast mit viel zu viel Marmite, aber ich schmecke rein gar nichts. Heimlich trinke ich Wodka aus dem Gefrierschrank, spucke ihn aber beim ersten Schluck aus. Ich versuche, meine Hausaufgaben am Laptop zu machen, und checke alle paar Zeilen meine E-Mails.
Vielleicht bin ich echt zu doof für diese Welt, wenn ich immer noch glaube, dass das hier gut ausgehen könnte, dass die Leute von der Seite sich fair verhalten. Ich hab’s hier nicht mit Apple oder Microsoft oder der BBC zu tun oder –
Ich aktualisiere noch einmal und kann einen Moment lang nicht glauben, was ich sehe.
Da ist eine Mail.
An:
[email protected] Von:
[email protected] Datum:
30. September 2012
Betreff:
DEIN VERSTOSS GEGEN DIE BESTIMMUNGEN VON SOUL BEACH
Alice,
in Bezug auf deinen schwerwiegenden Verstoß gegen die Bestimmungen von Soul Beach ist die Geschäftsleitung zu folgendem Entschluss gelangt:
1. Als neue Besucherin der Seite hattest du eventuell nicht ausreichend Gelegenheit, dich mit unseren Regeln und Vorschriften zu befassen, insbesondere Nr. 4f VVII:
Besuchern ist es verboten, den Gästen von Soul Beach Informationen hinsichtlich ihres Offlinestatus oder ihrer Vorgeschichte abzunötigen oder dies auch nur zu versuchen; es sei denn, der Gast selbst initiiert das Gespräch.
2. Obwohl dieser Verstoß als überaus schwerwiegend gilt, hat die Geschäftsleitung beschlossen, dich auf die Seite zurückkehren zu lassen. Dir sollte jedoch bewusst sein, dass jeglicher weiterer Verstoß einen sofortigen und unwiderruflichen Ausschluss von der Seite zur Folge hat.
3. Weitere Korrespondenz ist nicht erforderlich.
Dein Zugang zu unserer Seite ist hiermit wiederhergestellt.
Die Geschäftsleitung
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Die Seite lädt nicht sofort. Während ich warte, scheint sich das Rauschen der Wellen in meinen Lautsprechern immer weiter zu entfernen …
Ich bin in einer Strandhütte. Nein, in der Strandbar. Sie ist leer, aber es läuft Loungemusik, auf den ungefähr ein Dutzend Metalltischchen stehen grüne Bierflaschen mit roten exotischen Blumen darin und in der Luft liegt der Geruch von Mandarinen und Limetten. Mein Atem wird sofort ruhiger, als die verführerischen Düfte meine Lungen erfüllen.
Düfte?
»Alice, stimmt’s?«
Ich fahre herum und sehe ein Mädchen hinter der Theke stehen.
Ein Mensch! Oder zumindest eine Halluzination in Menschengestalt.
Als ich sie genauer betrachte, stelle ich fest, dass sie älter ist, als ich zuerst dachte, Ende zwanzig vielleicht, mit dunklen Dreadlocks, verschmitztem Blick und einem geradezu schmerzhaft detaillierten keltischen Tattoo, das sich über ihren dünnen linken Arm bis unter den Spaghettiträger ihres grünen Tops zieht. Sie sieht aus wie eine Art Grunge-Fee.
»Wer bist du denn?«
»Ich heiße Sam.« Sie winkt mir zu: Das halbe