Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
ich wohl kaum etwas einwenden.
»Bevor du hergekommen bist …« Er hält inne. »Nein, ich fange besser von vorn an. Als ich gerade hier gelandet war, war ich so wütend, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Auf das Leben, auf mich selbst. Auf alle. Aber ziemlich bald ist mir klar geworden, dass meine Wut nichts half. Die brachte mich auch nicht weiter.«
»Ich wünschte, du könntest das Triti klarmachen.«
»Hab ich ja versucht. Aber nicht bei allem, was ich sage, geht es um Triti.« Er streckt die Hand nach mir aus und schlägt sich kurz darauf damit gegen die Stirn. »Wenn das hier das normale Leben wäre, würde ich jetzt deine Hand nehmen, Alice. Die Tatsache, dass ich das nicht kann, macht es nur noch schwerer.«
»Weil du die Lampen anhast?«
»Was? Was denn für … Ach so, weil ich was getrunken hab. Ja. Aber das sollte es eigentlich leichter machen.« Er schließt die Augen und reißt sie dann wieder weit auf. »Mann, du denkst sicher schon, wann kommt der denn endlich auf den Punkt? Also, jedenfalls hab ich irgendwann beschlossen, der Welt einen ganz neuen Danny zu präsentieren. Damals, im echten Leben, hab ich allen nur gezeigt, was sie sehen sollten: Ich war der lässige, nette Kerl, der für jeden einen Witz und ein Lächeln auf den Lippen hatte.«
Ich weiß, denke ich, ich habe dich in dem Video gesehen. Zwar nur ein paar kostbare Sekunden lang, aber das hat schon gereicht, um dich zu verstehen.
Um mich in dich zu verlieben.
»Hier am Strand wollte ich anders sein. Ich wollte mir meine Energie aufsparen. Mich zurückhalten. Und so bin ich vom Partylöwen zum Mauerblümchen mutiert. Zum Beobachter. Na ja, zumindest fürs Erste. Ich meine, wenn wir wollen, können wir hier tausend verschiedene Versionen unserer Selbst nacheinander ausprobieren, und trotzdem kratzt das noch nicht mal an der Oberfläche der Zeit, die vor uns liegt.«
Ich sehe zum Horizont, wo gerade die Sonne untergeht. Genau das ist der Kern des Ganzen, wenn man hier ist. Die Ewigkeit. Ich erschaudere.
»Ich habe hier ein paar Kumpels gefunden, mich bewusst um Leute bemüht, die anders als die Holzköpfe und Cheerleader sind, mit denen ich auf der Erde immer um die Häuser gezogen bin: Javier, Triti, deine Schwester. Das sind gute Leute. Loyal. Sie kapieren, dass das hier keine endlose Party ist.«
Ich nicke, auch wenn ich meine Schwester eigentlich eher für ein Partygirl gehalten habe. Zumindest war die alte Meggie so. Aber vielleicht hat sie sich hier auch verändern müssen.
Er fährt fort. »Deshalb ist es zwar nicht immer nur ein Riesenspaß, mit ihnen zusammen zu sein, aber es tut gut, den Leuten nicht die ganze Zeit etwas vormachen zu müssen. Manchmal auch seine verletzliche Seite zeigen zu können. Und dann bist du gekommen.«
Oh Gott, ich brauche was zu trinken.
»Du warst anders.«
»Lebendig«, entgegne ich und wünsche mir sofort, ich hätte den Mund gehalten, weil es einfach nur patzig und sarkastisch klingt.
Aber Danny lächelt nur. »Das auch. Aber du warst auch deswegen anders als alle anderen um mich herum, weil du immer noch Hoffnung hattest.«
»Kommt mir aber nicht unbedingt so vor.«
»Glaub mir, wenn man an den Strand gewöhnt ist, dann erscheint einem selbst das winzigste Fünkchen Hoffnung strahlend hell, wie ein Leuchtturm, der vor einem schiffbrüchigen Seemann auftaucht.«
»Du bist wirklich ganz schön betrunken, was?«
»Tu mir einen Gefallen, Alice, und lass mich einfach sagen, was ich sagen will, okay?« Er wartet, bis ich genickt und pantomimisch einen Reißverschluss über meinem Mund zugezogen habe.
»Also, wo war ich? Hoffnung. Die kommt dir ganz selbstverständlich vor, wenn du lebendig bist, aber, oh Mann, wenn man tot ist, vermisst man sie ganz schön. Na ja, da warst du also plötzlich, und natürlich sahst du wunderschön aus, aber das ist hier schon so normal, dass es eigentlich langweilig ist. Du warst mehr als das. Es war, als hätte mir jemand einen Spiegel vorgehalten, und alles, was ich sehen konnte, waren Hoffnungslosigkeit und Sehnsucht.«
Ich nicke. »Schon als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich, du sehnst dich nach irgendetwas, was du nicht haben kannst.«
»Nach irgendetwas? Oder irgend jemandem ?«
Ich werde rot. Das hier wird mir langsam echt zu schräg.
»Mein Gott, wieso krieg ich es denn einfach nicht raus? Da bin ich an einem Strand mit Hunderten von Nymphomaninnen, die die nächsten paar Tausend Jahre nichts Besseres zu tun haben, als
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