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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Klinik und wolle vielleicht Ökotrophologie studieren. Sie schlug vor, Kathinka von ihm zu grüßen. Als Zinos sie bat, es nicht zu tun, nickte sie, ohne zu lächeln, und zog die Augenbrauen so hoch, dass es aussah, als könnten ihre Augäpfel rausplumpsen.
    Es war Anfang 2003, als Zinos sich zum ersten Mal ein eigenes Restaurant wünschte. Im August würde er dreißig werden, und er hatte nicht mal eine Frau. Nicht mal eine Exfrau. Er hatte Leute aus seiner Klasse getroffen, die hatten schon Kinder. Er würde anfangen wie Udo, mit einfacher, guter Küche, aber dazu mehr Seele. So würde er eine Menge Geld verdienen. Griechisches Essen sollte es geben, und seine Gäste sollten sich zu Hause fühlen; es sollte laute Musik geben, wenn alle gegessen hatten, zumindest am Wochenende; sein Restaurant würde ein Original sein.
    Er traf sich mit Illias, um über seine Idee zu sprechen. Der versprach, sich um Kapital zu kümmern – ohne zu garantieren, dass es sauberes Geld sein würde. Zinos versuchte es bei einer Bank, doch das Gespräch war schnell zu Ende. Seine freie Zeit nutzte er, um kochen zu üben, versuchte sich an Rezepten seiner Mutter. Es gelang ihm nichts besonders gut: Er ernährte sich von angebranntem Nudelauflauf, matschiger Moussaka und bröseligem Bifteki.
    An einem Morgen im Frühling, dem ersten, an dem es so warm war, dass man keine Jacke brauchte, verpasste er den Airportshuttle, weil er zu lange mit seinem Kaffee in der Sonne gesessen hatte. Wenn er pünktlich kommen wollte, musste er ein Taxi nehmen. Als er eingestiegen war, erkannte er ihre tiefe Stimme sofort und sah im Rückspiegel Jennifers grüne Kontaktlinsen.
    Während er noch überlegte, etwas zu sagen, meinte sie:
    »Wie geht’s dir, Zinos?«
    »Und dir?«
    »Besser.«
    »Besser als mir oder besser als damals?«
    Sie antwortete nicht.
    »Fliegst du in den Urlaub ohne Gepäck, oder holst du deine Freundin ab?«
    »Ich arbeite am Flughafen.
    »Sexy! Als Bodenstewardess?«
    »Sandwichstand.«
    »Nicht schlecht, da hat man mit Menschen zu tun.«
    »Ja, so wie du.«
    »Ich bin keine Nutte mehr.«
    »Schon klar, du fährst Taxi.«
    »Nein, nur ab und zu, nur solang ich keinen Job hab, aber ich hab wieder einen. Taxi fahre ich nur noch diesen Monat.
    »Und was dann?«
    »Ich gehe wieder aufs Schiff, auf die Medusa, das ist ein Kreuzfahrtschiff, ein Traumschiff, ein Loveboat ! Nur nicht ganz so romantisch. Ich tanze da abends für die Passagiere, mache Choreografie und Animation. Ich laufe die ganze Zeit in roten Hotpants rum.«
    »Verdienst du da gut?«
    »Es ist okay, und ich seh die Welt! Die nächste Fahrt geht in die Karibik. Essen und Wohnen ist für lau, und man kommt gar nicht dazu, das Geld, das man verdient, auszugeben. Ich hätte gern eine eigene kleine Tanzschule für Kinder, darauf spar ich. Solange mach ich eben den Affen für die Touris.«
    »Kann ich da auch arbeiten?«
    »Warum nicht? Restaurants gibt es genug, da gibt es bestimmt einen Job für dich. Aber warum sollte ich dir einen Job besorgen, du hast mein Herz gebrochen.«
    »Wollte ich aber nicht.«
    »Wir sind quitt, du hast wegen mir deinen Job verloren, ich schulde dir was, gib mir ’ne Handynummer, ich klär das und ruf dich an.«
    Zinos gab ihr seine Nummer, sie stieg aus, um ihn zu umarmen. Das einzig Künstliche waren noch die Kontaktlinsen. Sie trug eine normale Jeans, weißes T-Shirt, Turnschuhe.
    Nach der Arbeit hatte er schon eine Nachricht von ihr auf der Mailbox, er könne in einem der Restaurants anfangen, im Belmondos. Er müsse nur noch die medizinische Untersuchung bestehen. Der Arzt stellte fest, Zinos sei ein gesunder junger Mann. Zinos wunderte sich, wie sehr ihn das beruhigte.
    Er würde so lange auf dem Schiff bleiben, bis er das Geld für sein Restaurant zusammenhätte. Den Namen wusste er auch schon.
    An seinem dreißigsten Geburtstag, in ein paar Monaten, wäre er also – auf See. Zinos fühlte sich plötzlich nicht mehr alt. Seine Mutter hatte sich immer eine Kreuzfahrt gewünscht, aber dem Vater wurde selbst bei den Überfahrten auf der Fähre nach M. jedes Mal schlecht, sogar bei Windstille.
    Zinos musste Illias im Gefängnis besuchen, um sich zu verabschieden. Der hatte Dealern im großen Stil Drogenschulden abgekauft und hochverzinst eingetrieben. Leider waren unter den Verschuldeten die geständigen Söhne eines einflussreichen Anwaltes und die Tochter eines liberalen Journalisten, der selber gern kiffte. Das Einzige, was Illias ernste Sorgen

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