Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
noch hatte ich Kopfschmerzen oder Muskelschwäche. Zum Glück war ich auch nicht inkontinent, hatte keine unerklärlichen Blutungen oder Schwellungen. Und mein Urteilsvermögen war auch nicht getrübt.
Okay, man hätte dagegen halten können, dass ich mich in einen Nachtclub geschlichen hatte. Aber meine Entscheidungsfähigkeit war für jemanden in meinem Alter ganz normal, eher gut ausgeprägt im Vergleich zu einer gewissen verzogenen, in anderer Leute Auto kotzenden Cousine, deren Name jetzt nicht genannt werden sollte.
Gerade wollte ich einen Gehirntumor ausschließen, da las ich den Abschnitt über Tumoren im Temporal-Lappen. Laut Internet konnte eine Geschwulst in der Schläfe die Sprachfähigkeit beeinflussen und Anfälle auslösen. Genauso oft blieb der Patient jedoch völlig symptomfrei.
So wie ich.
Das musste es sein! Ich hatte einen Tumor im Schläfenlappen. Aber woher wussten Val und Brendon das? Und wie lange schon?
Mir zitterten so stark die Hände, dass ich ein völlig unsinnigesWort in die Suchleiste eingab. Ich schob den Stuhl zurück und klappte den Laptop zu, ohne ihn runterzufahren. Ich musste mit jemandem reden. Und zwar sofort!
Ich stieß den Stuhl aus dem Weg, bevor ich auf Händen und Knien aufs Bett krabbelte. Das Handy lag noch auf der Tagesdecke. Das Telefon in der Hand, lehnte ich mich an das Kopfteil des Betts und zog die Knie an die Brust. Mir kamen die Tränen, als ich in meinen Kontakten nach Nashs Nummer suchte. Als er abnahm, waren meine Wangen schon nass.
„Hallo?“ Er klang unkonzentriert. Im Hintergrund hörte ich gedämpfte Kampfgeräusche und die Stimmen seiner Kumpels.
„Hi, ich bin’s“, sagte ich und zog lautstark die Nase hoch. „Kaylee?“ Ich hörte etwas rascheln, als er sich aufsetzte – jetzt war ich mir seiner Aufmerksamkeit sicher. „Was ist los?“ Er senkte die Stimme zu einem dringlichen Flüstern. „Ist es schon wieder passiert?“
„Nein … Bist du noch bei Scott?“
„Ja. Warte kurz.“ Ich hörte es wieder rascheln, dann Nashs Stimme. „Hier, Mann, übernimm du mal.“ Es folgten Schritte, und die Hintergrundgeräusche wurden leiser, bis ich sie gar nicht mehr hörte. „Was ist los?“
Ich zögerte und drehte mich auf den Bauch. Nash gab sich sicher nicht mit mir ab, um mit mir ständig Dramen zu erleben. Allerdings hatte er sich trotz meiner Todesahnungen auch noch nicht aus dem Staub gemacht, und ich musste mit jemandem reden. Entweder Nash oder Emmas Mutter. „Das klingt jetzt wahrscheinlich ziemlich blöd, und ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll. Aber ich habe eine Diskussion zwischen meiner Tante und meinem Onkel belauscht, woraufhin Val meinen Dad angerufen hat.“ Angestrengt unterdrückte ich ein Schluchzen und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Nash … Ich glaube, ich werde sterben!“
Am anderen Ende der Leitung herrschte verdutztes Schweigen, nur vom Motorengeräusch eines vorbeifahrenden Autos unterbrochen. Wahrscheinlich war Nash zum Telefonieren vordie Tür gegangen. „Moment mal, das verstehe ich nicht. Wie kommst du darauf, dass du stirbst?“
Ich faltete mein Daunenkissen und legte die Wange darauf. Der Stoff fühlte sich angenehm kühl am verweinten Gesicht an. „Mein Onkel hat gesagt, dass er sich wünscht, ich hätte noch ein bisschen mehr Zeit. Dann hat Tante Val meinen Vater am Telefon gebeten, mir die Wahrheit zu sagen, damit ich nicht länger glaube, ich wäre verrückt. Ich habe bestimmt einen Gehirntumor!“
„Kaylee, das ergibt doch alles keinen Sinn. Du hast bestimmt irgendetwas missverstanden!“ Ich hörte Schritte auf Beton. Es klang, als liefe er auf den Bürgersteig. „Was genau haben sie gesagt?“
Ich setzte mich auf und atmete tief durch, um mich zu beruhigen. Kein Wunder, dass Nash nur Bahnhof verstand – ich redete wirklich wirres Zeug. „Also … Tante Val hat gesagt, dass meine Zeit geliehen ist und dass ich sie nicht damit verbringen sollte zu glauben, ich wäre verrückt. Sie hat meinem Dad klargemacht, dass es an der Zeit ist, mir die Wahrheit zu sagen.“ Ich sprang auf und ging nervös auf dem flauschigen lila Bettvorleger auf und ab. „Das kann doch nur eines bedeuten: dass ich sterbe. Und sie möchte, dass er es mir sagt.“
„Tja, offensichtlich gibt es irgendetwas sehr Wichtiges, das sie dir sagen wollen. Aber ich bezweifele, dass du einen Gehirntumor hast. Dann müsstest du doch irgendwelche Symptome haben, oder nicht?“
Ich ließ mich auf den
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