SOULMATE (German Edition)
immer gearteten Romanze mit Finn brodelte trotz aller Aussichtslosigkeit in mir, dass ich glaubte, körperlich zu ihm zu fließen. Und er? Er blies Rauchringe in die Luft, als wäre er Mr Cool persönlich und vollkommen relaxed oder gleichgültig oder … keine Ahnung.
Ein Gurkenscheibchen rutschte unzerkaut in meine Speiseröhre und verursachte kurzzeitig panische Erstickungsangst. Ich hustete krampfhaft und versuchte mit hochrotem Kopf noch zu lächeln, als wäre mein Missgeschick nur halb so schlimm, wie es aussah. Schließlich schaffte ich es, das unheilvolle Gemüsestück mit aller Gewalt herunterzuschlucken, ohne zum Notfall zu werden. Ich wischte schnell meine Tränen weg und griff nach der Kaffeetasse, um nachzuspülen.
Patrick warf mir einen besorgten Blick zu.
Alles in Ordnung, deutete ich ihm mit einem kurzen Nicken. Wer‘s glaubt!, antworteten seine wachsamen Augen hinter den Brillengläsern. In Patricks Gesicht konnte ich fast jedes Gefühl, das er hatte, lesen. In diesem absurd schönen Blaugrün von Finns tiefen Augen hingegen war ich verloren wie in einer geheimnisvollen, fremdartigen Welt, war orientierungslos und blickte im wahrsten Sinne des Wortes einfach nicht durch …
»Ich kenn den Gitarristen von ‚Rawhead Ruby«, behauptete Patrick. Lenny hatte einen schönen langen Joint gebaut und zündete ihn gerade an. »Ach, echt?«
»Hm, hab ihn mal auf einer Record Release Party letztes Jahr getroffen. Lieber Kerl, pflegt seine Oma zuhause, stellt euch mal vor.«
Der Joint ging rum, sogar Patrick zog dran. Ich lehnte dankend ab, trank meinen Kaffee aus und entschied mich zu gehen, weil ich die Situation mit Finn nicht mehr ertragen konnte.
Ich fühlte mich, als hätte man mich geknebelt und in ein Eisloch geworfen.
Ich würde mich mental auf den Abend im‚High End‘ vorbereiten müssen, vielleicht irgendwas mit meinem Aussehen machen, wieder ein wenig Hoffnung mobilisieren, einen Plan aushecken … Einen Plan! ...
Ich brauchte einen Plan!
Bei dem Gedanken, dass ich Finn gegenüber wahrscheinlich offensiver sein musste, wurde mir beinah übel. Aber ich musste etwas unternehmen, das war mir jetzt absolut klar, denn noch wollte ich meine Illusionen nicht aufgeben.
»Du willst schon gehen?« Patrick sah mich mit Dackelblick verständnislos an. Ich stand auf, gab ihm einen Kuss auf die Wange und drückte ihn kurz. »Wir sehen uns doch heute Abend«, sagte ich laut und deutlich, damit es auch alle der anwesenden Herrschaften hören konnten.
»Ach, Valerie bleib doch noch«, rief Lenny von seinem Platz aus, und Finn schaute wieder so ernst drein, als ginge ihm irgendetwas ganz Abwegiges durch den Kopf. Zu gern wäre ich in ihn hineingekrochen, um herauszufinden, was es diesmal war.
Ich verabschiedete mich ohne viele Worte, machte mich auf den Weg nach Hause, war völlig durch den Wind, begann in meinem Kopf den Refrain von Aerosmiths schöner Schnulze zu singen ...
» I go crazy, crazy ... baby, I go crazy.
You turn it on ... then you‘re gone ...
Yeah, you drive me ...
crazy, crazy, crazy for you baby ...«
Unterwegs musste ich mir endlich eingestehen, dass ich wirklich und wahrhaftig in Finn verknallt war, wirklich und wahrhaftig, und dass offensichtlich irgendein ominöser X-Faktor zugeschlagen hatte. Denn es erschien mir doch ziemlich unverständlich, wie ich mich in so kurzer Zeit in einen Typen verlieben konnte, den ich kaum kannte und der sich mir gegenüber äußerst seltsam benahm …
Die geplante Offensive
Die Lage war absolut ernst: In meinen Fantasien hatte ich nicht nur heiße Liebeszenen mit ihm, ich stellte mir auch vor, wie wir zusammen Spaghetti kochten, ins Kino gingen, Hand in Hand durch die Stadt schlenderten, engumschlungen zu schnulzigen Liebesliedern tanzten, lustige Homevideos drehten oder im Schneesturm ineinander geweht auf ein Taxi warteten, das uns nach Hause fuhr, denn wir würden natürlich zusammen wohnen.
Ich wollte mehr über ihn erfahren, seine Geschichte hören, diese ganzen Storys und Songtexte, von denen Patrick gesprochen hatte, mal lesen. Und ich wollte ihm alles über mich erzählen, na ja, fast alles ...
Kaum dass ich zuhause angekommen war, streifte ich meine Kleidung ab und begann mit einer überdrehten Styling-Aktion, wie ich sie schon ewig nicht mehr gebracht hatte.
Ich duschte, cremte, sprühte, sang dabei »Tell it like it is«, föhnte, frisierte, schminkte, verpfuschte, schminkte ab, schminkte nochmal,
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