SOULMATE (German Edition)
so dass uns nichts und niemand würde je wieder trennen können. Mit einer auffordernden Geste streckte er mir die Hand entgegen, die ich sofort bereitwillig ergriff, und zog mich mit einem kräftigen Ruck auf die Bühne hoch.
Alle Zuschauer, die in der unmittelbaren Nähe herumstanden, klatschten freudig in die Hände, pfiffen und schrien und amüsierten sich offensichtlich bestens über uns beide.
Ich musste ununterbrochen grinsen, weil ich endlich bekam, was ich schmerzlich vermisst hatte, und Finn legte den Arm um meine Schultern, drückte mir einen heißen Kuss auf die Wange und sang den Song zu Ende.
Ich weiß noch, wie ich dachte, Jim Morrison wäre bestimmt stolz auf ihn gewesen, und prompt fielen mir Metin, der Möchtegern Morrison von ‚TurkTrash‘ und Tom, der hochtalentiert war, ein, und wie die beiden einfach nicht miteinander auskamen, obwohl sie doch das Gleiche wollten. Kaum gedacht purzelten diese Gedanken schon wieder aus meinem Kopf, und ich blickte nur noch verträumt in das schöne Gesicht meines neuen Freundes und hoffte, dass jeder, der uns sah, mitkriegte, wie verliebt wir waren.
Alle unsere Getränke in dieser Nacht gingen auf Patricks und Lennys Konto, und wir ließen es uns gut gehen. Die von Patrick zum dritten oder vierten Mal angekündigte Schlussrunde schien nicht enden zu wollen, und sogar Natalie, die sich sonst bei Alkohol eher zurückhielt - »Ist alles Zellgift, Valerie!« - trank mit. Sie hatte, wie sie munter erzählte, einen anstrengenden Tag hinter sich: hatte ein umfangreiches Referat schriftlich ausgearbeitet, ihre Wohnung endlich mal wieder durchgesaugt, Lebensmittel für die nächste Woche eingekauft, ihr gesundes Bio-Menü gekocht, am Abend eine todlangweilige Verabredung mit einem »ultraspießigen Kommilitonen« überstanden, bei der es um eine gemeinschaftliche PowerPoint-Präsentation zum Thema ‚Posttraumatisches Belastungssyndrom‘ gegangen war. Doch jetzt war sie hier und dankbar für die ausgelassene Party, die sie mit uns allen mitfeiern konnte, und freute sich über unser Wiedersehen, wie sie immer wieder beteuerte.
Auch wenn es eine Abschiedsparty war, war es doch ein unbekümmerter Abschied, denn Patrick und Lenny würden nach einer bestimmten Zeit mit Koffern voller neuer, aufregender Erfahrungen und Erinnerungen nach Berlin zurückkehren und dann erstmal eine Wiedersehensparty veranstalten. Ich wusste, ich würde die beiden vermissen, vor allem Patrick, aber jetzt war ich nicht mehr allein, hatte jemanden an meiner Seite, hatte nach einer gefühlten Ewigkeit wieder einen Freund … Alles war also nur halb so schlimm …
Natürlich hatte ich Natalie Finn vorgestellt, und sie hatten ein paar Höflichkeitsfloskeln miteinander ausgetauscht, mehr nicht. Ich hatte also keinen blassen Schimmer, was sie voneinander hielten, oder wie ihr erster Eindruck voneinander war, was mich brennend interessiert hätte. Na ja, mit etwas Geduld würde ich es sicher noch herausbekommen.
Von Alice bekam ich bei der erstbesten Gelegenheit wortreich und nicht gerade jugendfrei zu hören, dass sie Finn ausgesprochen »foxy« fand, ein Ausdruck, den sie im Internet aufgeschnappt hatte und der angeblich »ultraheiß« bedeutete.
Doch Colette ließ mich diesmal, zu meiner Verwunderung, mit einem ganz untypischen, erhobenen Zeigefinger wissen, dass er »zu schööön und zu perrfeekt« sei und mutmaßte, dass diese Kombination nichts als »fürchtbarre Problemme und vieeel Katastroph« bedeuten könne, aber auch »olala, mon dieu« sei, was man frei nach Gusto interpretieren durfte. »Ja«, erklärte ich ihr, »mon dieu« und »olala« seien genau die richtige Beschreibung für Finn und ignorierte den Rest.
Als ich irgendwann von Lenny und Colette, die sich im Laufe des Abends ganz offensichtlich immer besser verstanden - denn Colette saß zwischenzeitlich sogar mal auf Lennys Schoß und hatte dabei so was wie einen pubertären Lachflash - trotz vehementer Proteste meinerseits, mit auf die Bühne gezerrt wurde, bekam ich aus dem Augenwinkel noch mit, wie Patrick und Finn dicht beieinander standen. Mit merkwürdig ernsten Mienen unterhielten sie sich, als wären sie Geschäftsmänner, die einen Deal abschlossen. Finn nickte ständig und klopfte Patrick mehrmals auf die Schulter, als würde er ihn beruhigen oder vielleicht auch etwas beschwichtigen wollen, und Patrick gestikulierte, als müsste er damit seinen Worten mehr Ausdruck oder Glaubwürdigkeit verleihen. Schließlich
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