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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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diesen Plan dann nicht in die Tat umgesetzt haben. Es war ein Traum, ein Traum von so vielen Träumen, die man in der Kindheit hat und später vergisst. Ich erinnere mich an das, was wir geredet haben, aber die Gesichter meiner Kameraden sehe ich nur verschwommen. Manchmal betrachte ich die alten Klassenfotos, auf denen wir alle brav nebeneinandersitzen, auf denen die Zukunft in uns quillt, und diese Bilder sind für mich ohne Wert oder Belang. Sie lassen mich kalt, weil sie nichts in mir bewegen. Was ist aus all diesen Kindern geworden? Wo sind sie, jetzt gerade, da ich hier liege und an sie denke? Mit den Mitteln, die einem heutzutage zur Verfügung stehen, wäre es ein Leichtes, Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Und indem ich verbissen die Erinnerung aufleben lassen würde, würde ich ihre Schönheit zerstören. Was machen Célia Bouet und Cécile Bleicher heute? Oder Juliette Svoboda? Was ist aus all diesen Namen eines untergegangenen Mythos geworden? Richard Rose kann ich mir als Sporterzieher und Sylvie Balland als Kostümbildnerin beim Film vorstellen. Ich kann mir vorstellen, dass sie in Dijon oder New York sind. Jetzt kann ich mir alles vorstellen.
     
    Im Hotel war es mucksmäuschenstill. Eigentlich die idealen Schlafbedingungen für jemanden wie mich, einen echten Taliban, was Geräuschempfindlichkeit angeht. Aber ich konnte nicht einschlafen. Was hauptsächlich an meiner inneren Zeitverschiebung lag. Normalerweise arbeitete ich um diese Zeit. Aufgrund meiner überstürzten Abreise hatte ich gar nicht daran gedacht, ein Buch mitzunehmen (das kommt höchst selten vor. Ich habe immer eine Lektüre dabei, auch wenn ich nur zwei Stationen mit der Métro fahre). Abgesehen von den Anweisungen zum Verhalten im Brandfall fand ich im Zimmer nichts zu lesen. Allerdings war ich nicht gewillt, meine Matratze anzuzünden, damit sich der Stoff etwas aufregender gestaltete. Ich nahm schließlich, um einschlafen zu können, systematisch die Zimmereinrichtung unter die Lupe. Das Besondere an ihr war, dass die geschmacklichen Verfehlungen in der spärlichen Ausstattung eine imponierende Einheit bildeten. Einen Raum zu verschandeln, in dem man drei Gegenstände hineinstellt, ist auch eine Kunst. Fehlte nur noch ein Duplikat des Bilds von der Kuh. Wobei, es wäre überflüssig gewesen, denn da hing bereits ein kleinformatiges Gemälde, das einen Hühnerstall zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts darstellte. Ein beeindruckendes Stück, die äußerste Form des Schauderhaften. Ich starrte gut und gern ein Stunde auf dieses Bild und kann noch immer jedes Detail im Geiste rekonstruieren. Ich habe es immer noch vor Augen. Und das macht vielleicht seine Schönheit aus. Ein paar Hühner schenkt man der Nachwelt nicht alle Tage.
    ∗ Ich habe Erkundigungen eingezogen über dieses Krankenhaus, vielleicht spielte ich mit dem Gedanken, es zu besuchen. Es trug den Namen des Chirurgen Jean-Pierre Gama (Militärarzt, 1772–1861). In den 1950er-Jahren diente es als Ausbildungszentrum für Sanitäter. Etwa 15 Jahre später mutierte es zu einem Lagerhaus für das Militär. Seit 1982 steht das Gebäude leer. Es wird wohl bald abgerissen. Der Ort existiert also nicht mehr.

40
Die Erinnerungen der Alice Zaduzki
    Anlässlich ihres dreißigsten Geburtstags reiste Alice nach Paris. Um sich wie eine Pariserin zu geben, las sie in der Métro im Stehen.
     
    Zur gleichen Zeit trat ein junger Mann auf seinem Fahrrad heftig in die Pedale. Er musste zu einer wichtigen geschäftlichen Verabredung, doch auf halber Strecke sprang ihm die Kette heraus. Er hatte furchtbare Angst, zu spät zu kommen, und versuchte in fieberhafter Aufregung, die Kette wieder einzuhängen. Aber er schaffte es nicht, die Kette leistete erbitterten Widerstand. Er hatte die Hände voller Schmiere, alles ging schief. Als er den Eingang zur Métro entdeckte, stürmte er darauf zu. Das war seine letzte Chance, seine Verabredung doch noch einzuhalten. Er eilte die Treppe hinunter und sah, dass der Zug abfahrtbereit am Gleis stand. In wenigen Sätzen nahm er die restlichen Stufen und hechtete gerade noch in die Bahn.
     
    Dabei rempelte er eine junge Frau an, die durch den Stoß ihr Buch fallen ließ. Er entschuldigte sich auf der Stelle und bückte sich, um es aufzuheben. In dem Moment, in dem er es ihr zurückgeben wollte, bemerkte er, dass es dreckig geworden war: «Pardon, dastut mir leid … ich habe schmutzige Hände.» Woraufhin Alice ihm ein breites Lächeln schenkte. So lautete

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