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Sozialisation: Weiblich - männlich?

Titel: Sozialisation: Weiblich - männlich? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Hagemann-White
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Überlegenheit männlicher Individuen vor diesem Alter gibt es keine Belege. Bei Erwachsenen hingegen finden die meisten Untersuchungen im Durchschnitt bessere Leistungen bei Männern. Der Unterschied ist deutlicher ausgeprägt als bei den räumlichen und sprachlichen Fähigkeiten: so sind z.B. beim Wechsler Rechentest 3 % der Varianz auf das Geschlecht zurückzuführen, was allerdings immer noch ein kleiner Unterschied ist
(Sherman
1978, S. 61).
    Wenn nun Personen, die in der Oberschule vier Jahre Mathematikunterricht hatten, bessere Mathematikleistungen als solche Personen aufweisen, die nur zwei Jahre Unterricht hatten, wäre dies wohl niemals als hochinteressantes Forschungsergebnis begrüßt worden, wie Sherman bemerkt. Allenfalls wäre dies ein beruhigendes Ergebnis für die Schulen, die nun behaupten könnten, daß mathematische Fähigkeiten tatsächlich im Mathematikunterricht erworben werden. Obwohl nun bekannt ist, daß mehr Jungen als Mädchen in der Oberschule Mathematikkurse belegen, wurde dies bei den meisten Erhebungen, aus denen die Feststellung von Geschlechtsunterschieden gewonnen wurde, nicht miterfaßt. Die Mindestanforderung an solche Untersuchungen wäre, daß sie Personen mit gleicher Mathematikausbildung vergleicht. Wenn dies geschieht, werden überhaupt keine oder nur sehr kleine Unterschiede festgestellt (vgl. auch
Fox
et al. 1979, S. 303f.).
    Fennema und Sherman haben eine Untersuchung mit ca. 3.000 Schüler/innen der 6. bis 12. Klasse in Wisconsin durchgeführt, bei der sie nicht nur die mathematischen Leistungen, sondern auch möglicherweise relevante andere Faktoren erhoben haben
(Sherman
1978). Da sie von einem Zusammenhang zwischen räumlichen Fähigkeiten und Mathematik ausgehen (s.u.), haben sie sowohl die Mathematikkurse wie auch den naturwissenschaftlichen Unterricht und solche Kurse, die, wie das technische Zeichnen, das räumliche Vorstellungsvermögen schulen könnten, miterfaßt und bei der Datenanalyse berücksichtigt. Außerdem haben sie Einstellungen erfragt, die von Bedeutung sein können. Bis zur 9. Klasse wurden die gesamten Jahrgänge in 4 Schulen erfaßt, danach nur diejenigen Schülerinnen und Schüler, die noch Mathematikkurse belegten, wobei in der 10. Klasse der Anteil der Mädchen, die für Geometrie eingeschrieben waren, dem der Jungen gleich war (53 %).
    Bei dieser Untersuchung traten bis einschließlich der 9. Klasse keine Unterschiede in den räumlichen Fähigkeiten auf. Unterschiede waren in der 10. und 11. Klasse vorhanden, wobei das Geschlecht jeweils 1 % und 3 % der Varianz erklärt, verschwanden jedoch wieder in der 12. Klasse. Eine gewisse Selektion ist nicht auszuschließen, da in der 12. Klasse 9 % mehr Jungen als Mädchen Mathematik belegten. Andererseits verschwanden auch die festgestellten Differenzen, wenn statistisch kontrolliert wurde, welche Kurse räumlichen Inhaltes belegt worden waren. Angesichts der verbreiteten Lehrmeinung, daß männliche Individuen deutlich überlegen in den räumlichen Fähigkeiten seien, prüft Sherman mögliche Besonderheiten ihrer Stichprobe. Sie vermerkt, daß das Schulsystem in Wisconsin ein Pflichtfach Werkunterricht/technisches Zeichnen für alle Schüler und Schülerinnen der 6. bis 8. Klasse vorschreibt; dies könnte, wie sie meint, die Gleichheit in den räumlichen Fähigkeiten erklären
(Sherman
1978, S. 52-53).
    In der Wisconsin-Studie erschienen Unterschiede in mathematischen Teilfähigkeiten etwas früher, zunächst bei spezifischen Wegen der Problemlösung (ab 6. Klasse); bei den mathematischen Leistungstests gab es von der 9. Klasse an einen besseren Durchschnitt für die Jungen als für die Mädchen. Wenn die belegten Mathematikkurse berücksichtigt wurden, wurden die Differenzen geringer. Das interessanteste Ergebnis ist jedoch, daß Unterschiede zwischen den Geschlechtern in nur 2 von 4 Schulen aus der Erhebung überhaupt festgestellt wurden. Es waren dies die beiden Schulen, deren Einzugsbezirk Familien aus der unteren Mittelschicht und der Unterschicht erfaßte. Wo die Schüler überwiegend einen hohen sozioökonomischen Status hatten, waren unterschiedliche Mathematikleistungen nach Geschlecht nicht feststellbar.
    Die Befragung in der Wisconsin-Studie erfaßte eigene Einstellungen zur Mathematik und die wahrgenommenen Einstellungen anderer zum eigenen mathematischen Können. Hinsichtlich der intrinsischen Lust am Problemlösen gab es keinen deutlichen Unterschied, z. T. war das Interesse an der Sache

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